Leitsatz

Der Vergütungsschuldner kann sich für die Abstandnahme vom Steuerabzug nach § 50a Abs. 5 EStG nur dann gem. § 50d Abs. 2 S. 5 EStG auf eine Freistellungsbescheinigung berufen, wenn diese vorliegt. Das bloße Bestehen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung reicht nicht aus. Die Verpflichtung zur Vornahme des Steuerabzugs besteht auch dann, wenn das Besteuerungsrecht für die entsprechenden Vergütungen nach einem DBA nicht dem Inland obliegt.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH. Sie schloss mit M, dessen Wohnsitz in Belgien liegt, einen Lizenzvertrag, wonach M Spielideen entwickelt und die Urheberrechte gegen Entgelt an die Klägerin übertrug. Einen Steuerabzug nach § 50a EStG nahm die Klägerin nicht vor. Ein Freistellungsbescheid des Bundesamtes für Finanzen existiert nicht. Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass M mit seinen Einkünften in Deutschland beschränkt steuerpflichtig gem. § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG sei. Die Klägerin sei daher nach § 50a Abs. 4 Nr. 4 EStG verpflichtet gewesen, Abzugssteuern abzuführen. Dagegen wurde Einspruch erhoben, da mangels Steuerschuld des belgischen Vergütungsgläubigers kein Haftungsgrund gegeben sei. Nach Art. 12 Abs. 1 DBA Belgien stehe das Besteuerungsrecht dem Wohnsitzstaat des Rechtegebers, also Belgien, zu, so dass in Deutschland keine Steuerpflicht bestehe.

 

Entscheidung

Die Klage gegen den Haftungsbescheid ist unbegründet. Das Finanzamt hat die Klägerin zu Recht wegen der Nichtdurchführung des Steuerabzugs nach § 50 Abs. 4 EStG in Haftung genommen. Der Vergütungsschuldner darf nach § 50d Abs. 2 Satz 5 EStG vom Steuerabzug nur absehen, wenn ihm eine Freistellungsbescheinigung vorliegt. Es reicht demnach nicht aus, dass lediglich die Voraussetzungen für die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung vorliegen. Da die Klägerin zum Zeitpunkt der Lizenzzahlung an M über eine solche Bescheinigung nicht verfügte, durfte sie vom Steuerabzug nicht absehen. Der Verpflichtung zur Vornahme des Steuerabzugs steht auch nicht entgegen, dass gem. Art. 12 DBA Belgien das Besteuerungsrecht für die Lizenzgebühren Belgien zusteht. Auf Einkünfte, die dem Steuerabzug nach § 50a EStG unterliegen, sind gem. § 50d Abs. 1 Satz 1 EStG die Vorschriften über die Abführung der Steuer auch dann anzuwenden, wenn sie nach einem DBA nicht besteuert werden können. Dass es insoweit nicht zu einer endgültigen Benachteiligung ausländischer Steuerpflichtiger kommt, wird durch das nachgelagerte Erstattungsverfahren nach § 50d Abs. 1 EStG sichergestellt.

 

Hinweis

Das Urteil überrascht nicht, da es der Rechtsprechung des BFH entspricht (Urteil v. 27.7.2011, I R 32/10, BFH/NV 2012 S. 118). Auch wenn es übertrieben erscheinen mag, Steuern auf Zahlungen einzubehalten, die der Vergütungsempfänger später wieder in voller Höhe erstattet bekommt, ist in der Praxis zur Haftungsvermeidung zwingend auf die Einhaltung dieser Formalismen zu achten.

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Urteil vom 16.08.2012, 1 K 817/09

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