Leitsatz

Die Vereinnahmung eines berufsüblichen Honorars für die Bearbeitung eines mehrjährigen Mandats führt bei einem Rechtsanwalt nicht zu außerordentlichen Einkünften i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

 

Normenkette

§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Rechtsanwalt in einer nicht gut gehenden Einzelpraxis. Aufgrund eines 2003 erlangten großen und vielschichtigen Erbrechtsmandates (u.a. auch Vertretung der Mandaten als Geschädigte in einem Strafverfahren) kam es im Dezember 2006 zu Honorarvereinbarungen, die die Zahlung von 40.000 EUR für die Erbrechtsklage und von 14.500 EUR für die Vertretung im Strafverfahren vorsahen. Diese Beträge wurden mit einer Überweisung verrechnet, die einer der Schuldner zuvor an den Kläger überwiesen hatte.

Der Jahresgewinn aus der anwaltlichen Tätigkeit ­belief sich 2003 auf 18.768,51 EUR, 2004 auf ./. 768,60 EUR, 2005 auf 20.392,33 EUR, 2006 auf 61.931,06 EUR, 2007 auf 67.517,67 EUR und 2008 auf 45.984,03 EUR. Ohne die Honorare aus der Erbrechtsangelegenheit hätte der Jahresgewinn des Klägers 2006 lediglich 7.431,06 EUR (61.931,06 EUR ./. 54.500 EUR) betragen.

Das FA weigerte sich, die aufgrund der Honorarvereinbarungen vom Dezember 2006 erzielten Einnahmen gem. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen.

Das FG Hamburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.9.2009, 5 K 201/08, Haufe-Index 2296314).

 

Entscheidung

Der BFH hatte die Revision zunächst zugelassen, sie dann aber doch als unbegründet zurückgewiesen und damit seine langjährige Rechtsprechung bestätigt.

 

Hinweis

1. Die Einkommensteuer auf außerordentliche Einkünfte, zu denen u.a. Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten gehören, wird nach der sog. Fünftelregelung berechnet. Dadurch kann sich eine Tarifglättung ergeben.

2. Nach ständiger Rechtsprechung wird Freiberuflern die Tarifermäßigung für berufsübliche Honorare, die Ertrag einer mehrjährigen Tätigkeit darstellen, nur gewährt, wenn

  • der Steuerpflichtige sich während mehrerer Jahre ausschließlich einer bestimmten Sache gewidmet und die Vergütung dafür in einem einzigen Veranlagungszeitraum erhalten hat
  • eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sondertätigkeit, die von der übrigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ausreichend abgrenzbar ist und nicht zum regelmäßigen Gewinnbetrieb gehört, in einem einzigen Veranlagungszeitraum entlohnt wird
  • eine einmalige Sonderzahlung für langjährige Dienste aufgrund einer arbeitnehmerähnlichen Stellung geleistet wird oder
  • dem Steuerpflichtigen eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung zusammengeballt zufließt (dazu 5.).

3. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass Freiberufler häufig Vergütungen für Tätigkeiten vereinnahmen, die sich auf mehr als ein Jahr erstrecken und daher ohne Einschränkung des Gesetzeswortlauts erhebliche Teile der von Freiberuflern erzielten Einkünfte keine laufenden Gewinne, sondern bei Bezahlung zum Zeitpunkt der Auftragsbeendigung (vgl. z.B. § 15 HOAI, §§ 8, 10 RVG) außerordentliche Einkünfte wären. Dies würde die Veranlagung erschweren und zu einer Privilegierung gegenüber anderen Steuerpflichtigen führen, die ihre berufsüblichen Einkünfte "normal" versteuern müssen.

4. Für die Außerordentlichkeit von Honorareinnahmen ist unerheblich, ob der Auftraggeber finanziell außerstande ist, Vorschüsse zu leisten. Auch mit dem Vortrag, Vorschussforderungen hätten sich aus anderen Gründen nicht durchsetzen lassen, dürfte ein Freiberufler beim BFH kein Gehör finden.

5. Obwohl der Sachverhalt dies nicht erforderte, hat der BFH bemerkt, dass außerordentliche Einkünfte wegen geballten Zuflusses infolge eines Rechtsstreits nicht vorlägen, wenn ein Freiberufler sein berufsübliches Honorar für eine mehrjährige Tätigkeit nicht durch freiwillige Zahlung, sondern erst aufgrund einer Honorarklage erhielte. Das die Fallgruppe begründende Urteil vom 14.12.2006, IV R 57/05 (BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180, BFH/NV 2007, 342, BFH/PR 2007, 98) habe ein atypisches Ereignis betroffen, nämlich einen von der kassenärztlichen Vereinigung ­geführten Grundsatzprozess über die Bewertung psychotherapeutischer Leistungen, der zu einer einmaligen Nachzahlung für die in mehreren zurückliegenden Jahren erbrachten Leistungen führte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.1.2013 – III R 84/11

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