Leitsatz

1. Das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG findet auch dann Anwendung, wenn Ausgaben, die nach dem 31.12.2008 getätigt wurden, mit Kapitalerträgen zusammenhängen, die bereits vor dem 1.1.2009 zugeflossen sind.

2. Auch bei der sog. "Günstigerprüfung" nach § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG findet § 20 Abs. 9 EStG Anwendung.

 

Normenkette

§ 20 Abs. 9, § 32d Abs. 6 EStG 2009

 

Sachverhalt

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2010) erklärten der Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. insgesamt 10.554 EUR und seine Ehefrau i.H.v. 805 EUR. Sie beantragten beide die Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG. Der Kläger beantragte außerdem die Berücksichtigung von Rechtsanwalts- und Steuerberatungskosten i.H.v. insgesamt 13.857 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die Kosten waren dem Kläger im Zusammenhang mit einer strafbefreienden Selbstanzeige für die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2008 entstanden, bei der Einnahmen aus Kapitalvermögen nacherklärt worden waren.

Das FA berücksichtigte lediglich den Sparer-Pauschbetrag und lehnte den Abzug höherer Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ab.

Das FG gab der Klage statt (FG Köln vom 17.4.2013, 7 K 244/12, Haufe-Index 3820434, EFG 2013, 1328): Die Abzugsbeschränkung gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG komme nicht zur Anwendung, da die hier zu berücksichtigenden Rechtsanwalts- und Steuerberatungskosten mit vor dem 1.1.2009 zugeflossenen Kapitalerträgen in Zusammenhang ständen. Das folge aus § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG.

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab. Die Auffassung des FG, die vom Kläger geltend gemachten Rechtsanwalts- und Steuerberatungskosten könnten im Streitjahr als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen Berücksichtigung finden, halte der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Wegen der Einzelheiten kann auf die Praxis-Hinweise verwiesen werden.

 

Hinweis

1. Das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG gilt auch im Rahmen der Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG, bei der die nach § 20 EStG ermittelten Kapitaleinkünfte – und damit ist auch § 20 Abs. 9 EStG umfasst – nicht dem Abgeltungsteuersatz, sondern der tariflichen Einkommensteuer unterworfen werden, sofern das zu einer niedrigeren Einkommensteuer führt.

2. Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung kann auf die Praxis-Hinweise zum vorstehend abgedruckten Urteil vom 28.1.2015, VIII R 13/13 verwiesen werden.

3. Die – missverständlich formulierte – Anwendungsregelung des § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG steht dem Ausschluss des Abzugs der tatsächlich entstandenen Werbungskosten gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG nicht entgegen, wenn es um vor 2009 entstandene Werbungskosten geht, die 2009 oder später abgeflossen sind und denen im Abflussjahr keine Erträge gegenüberstanden.

a) Nach § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG ist § 20 Abs. 9 EStGerstmals auf nach dem 31.12.2008 zuflie­ßende Kapitalerträge anwendbar. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass Aufwendungen unabhängig von der Regelung des § 20 Abs. 9 EStG stets dem vollen Werbungskostenabzug unterliegen, sofern aus der Kapitalanlage – ebenfalls nach 2009 – keine Erträge fließen.

b) Zu Fallkonstellationen, in denen nach dem 31.12.2008 keine Kapitalerträge zufließen, trifft die Regelung indes keine Aussage. Für diese Konstellationen gilt folglich die gesetzliche Grundregelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG. Danach wird für Kapitaleinkünfte der Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten mit § 2 Abs. 2 Satz 2 EStG indes ausgeschlossen, wenn es dort heißt: "Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Abs. 9 vorbehaltlich der Regelung in § 32d Abs. 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a". Diese Regelung, welche gemäß § 52a Abs. 2 EStG erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden ist, schließt damit ab 2009 den Werbungskostenabzug aus.

c) Im Übrigen bezieht sich § 20 Abs. 9 EStG sich nicht auf "zufließende Kapitalerträge", sondern auf "abfließende Werbungskosten", sodass sich aus dem Wortlaut des § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG keine den § 20 Abs. 9 EStG ausschließende gegenläufige Rechtsfolge herleiten lässt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 2.12.2014 – VIII R 34/13

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