Zusammenfassung

 
Überblick

Angesichts einer arbeitsgerichtlichen Streitigkeit um die Wirksamkeit einer Kündigung erscheint oftmals eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien nicht mehr möglich. Für diesen Fall hat der Gesetzgeber dem Richter die Möglichkeit eingeräumt, auf Antrag einer der beiden Arbeitsvertragsparteien durch Urteil das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden (Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch richterliches Gestaltungsurteil).

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Regelungen über die Auflösung von Arbeitsverhältnissen durch Urteil des Arbeitsgerichts gegen Zahlung einer Abfindung finden sich in den §§ 9 und 13 KSchG. Die Ermittlung der Höhe der in diesen Fällen festzusetzenden Abfindungszahlung ist in § 10 KSchG beschrieben.

Die einem Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz zuerkannte Abfindung stellt einen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes dar. Die zuerkannte Abfindung, die die Auflösung des Arbeitsverhältnisses begrifflich voraussetzt, schließt einen Schadensersatzanspruch auf Zahlung der Gehaltsbeträge für eine Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus. Andere Schadensersatzansprüche werden durch die dem Arbeitnehmer zuerkannte Abfindung jedoch nicht berührt.[1]

[1] BAG, Urteil v. 22.4.1971, 2 AZR 205/70.

1 Voraussetzungen des Abfindungsanspruchs

Unter den Voraussetzungen der §§ 9, 10 und 13 KSchG kann dem Arbeitnehmer kraft Gesetzes ein Abfindungsanspruch zustehen. Bedingung ist die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch richterliches Gestaltungsurteil.

2 Antrag des Arbeitnehmers

Dieses kommt auf Antrag des Arbeitnehmers in Betracht, wenn der Arbeitgeber eine sozialwidrige Kündigung ausgesprochen hat, dem Arbeitnehmer aber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aus mit der Kündigung zusammenhängenden Gründen nicht mehr zuzumuten ist.

Sozialwidrig ist die Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG dann, wenn diese ohne personen-[1], betriebs-[2] oder verhaltensbedingten[3] Grund ausgesprochen wurde.

Ist die Kündigung nicht nur sozialwidrig, sondern auch aus anderen Gründen unwirksam (z. B. wegen versäumter oder fehlerhafter Betriebsratsanhörung), so kann vom Arbeitnehmer die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch dann beantragt werden, wenn die Behauptung der Unwirksamkeit der Kündigung sich nicht ausschließlich auf die Sozialwidrigkeit stützt.

Beantragt der Arbeitnehmer die Auflösung, so hat er darzulegen, aus welchen Gründen die Fortsetzung unzumutbar wäre. An diese Gründe werden nicht so strenge Maßstäbe angelegt wie an den wichtigen Grund bei einer außerordentlichen Kündigung. Ausreichend ist es, wenn das Gericht es als nachgewiesen betrachtet, dass der Arbeitnehmer bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit spürbaren Benachteiligungen zu rechnen hat. Grundsätzlich geht das Gericht bei einer sozialwidrigen Kündigung aber von der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aus. Für die Unzumutbarkeit bedarf es deshalb weiterer Umstände, die im Zusammenhang mit der Kündigung oder dem Kündigungsschutzprozess stehen müssen und "messbar" über die bloße Rechtsunwirksamkeit der Kündigung nach § 1 KSchG hinausgehen.[4]

Z. B. können bewusst wahrheitswidrige Erklärungen des Arbeitnehmers in einem Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG rechtfertigen.[5]

Stellen diese Umstände sogar einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar, steht dem Arbeitnehmer alternativ der Weg offen, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen und Schadensersatz nach § 628 Abs. 2 BGB zu verlangen.

3 Antrag des Arbeitgebers

Stellt dagegen der Arbeitgeber einen Antrag auf Auflösung, so muss er konkrete Tatsachen beweisen, aus denen hervorgeht, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer nicht mehr möglich sein wird. Diese können im prozessualen wie im außerprozessualen Verhalten des Arbeitnehmers liegen. An diese Gründe werden im Interesse eines wirksamen Bestandsschutzes erhöhte Anforderungen gestellt. Denkbar ist z. B. die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses durch Beleidigungen, tätliche Angriffe usw. Lediglich bei Arbeitsverhältnissen mit Geschäftsführern, Betriebsleitern und vergleichbaren leitenden Angestellten[1] bedarf der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung.

Der Arbeitgeber ist mit Gründen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit i. S. v. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht erwarten lassen und die bereits zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vorlagen, nicht deshalb ausgeschlossen, weil er die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erst in der Berufungsinstanz beantragt. Dem berechtigten Interesse des Arbeitnehmers, nicht weit zurückliegende Vorfälle ohne Aussagekraft für die zukünftig zu erwartende Zusammenarb...

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