Leitsatz

1. Die Reinigung der Fahrbahn einer öffentlichen Straße ist – anders als die Reinigung des öffentlichen Gehwegs vor dem Haus – nicht als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 EStG begünstigt.

2. Soweit Arbeiten in der Werkstatt eines Handwerkers erbracht werden, sind die darauf entfallenden Lohnkosten nicht nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigt.

 

Normenkette

§ 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2, Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin beantragt im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr (2009) die Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer nach § 35a EStG betreffend Aufwendungen für die Straßenreinigung als haushaltsnahe Dienstleistungen sowie für Tischlerarbeiten als Handwerkerleistungen.

Die Straßenreinigung wurde von der Kommune als öffentliche Aufgabe für die Anlieger durchgeführt. Die Kosten hierfür hatten die Anlieger anteilig zu tragen. Gegenstand der Tischlerarbeiten war die Reparatur eines Hoftores, welches "vor Ort" ausgebaut, in der Tischlerwerkstatt in Stand gesetzt und anschließend wieder auf dem Grundstück der Klägerin eingebaut worden war.

Das FA berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen nicht. Das FG gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage hingegen statt (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.7.2017, 12 K 12040/17, Haufe-Index 11643352).

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH das angefochtene Urteil auf und wies die Rechtssache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück.

 

Hinweis

1. Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 %, höchstens 4.000 EUR, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG sind. Gemäß § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG muss die Dienstleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden.

a) Der Begriff "haushaltsnahe Dienstleistung" ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Senats müssen die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen bzw. damit im Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen (BFH, Urteil vom 13.7.2011, VI R 61/10, BFH/NV).

b) Dabei kann nach dem räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff des erkennenden Senats auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund geleistet werden, als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG begünstigt sein. Es muss sich hierbei allerdings auch insoweit um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen (BFH, Urteil vom 21.2.2018, VI R 18/16, BFH/NV 2018, 855 betreffend Handwerkerleistungen).

Keine Rechtsprechungsänderung

Hiervon ist insbesondere und weiter auszugehen, wenn der Steuerpflichtige als Eigentümer oder Mieter zur Reinigung und Schneeräumung von öffentlichen Straßen und (Geh-)Wegen verpflichtet ist, weil entsprechende Dienstleistungen einen notwendigen Annex zur Haushaltsführung darstellen und deshalb nicht nur anteilig – soweit sie auf Privatgelände entfallen –, sondern in vollem Umfang nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG begünstigt sind (so bereits BFH, Urteil vom 20.3.2014, VI R 55/12, BFH/NV 2014, 1147).

c) Die Reinigung der Fahrbahn einer Straße ist hingegen keine hauswirtschaftliche Verrichtung, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt wird. Gerade in Städten – so auch im Streitfall – obliegt die Reinigung der Fahrbahn regelmäßig der jeweiligen Gemeinde als öffentliche Aufgabe und wird von dieser gegen Kostenbeteiligung der Anlieger im Rahmen der Daseinsvorsorge erbracht. Auch wenn teilweise die entsprechende Reinigungsverpflichtung von der Gemeinde auf die Anlieger abgewälzt wird, kann nach Auffassung des erkennenden Senats insoweit nicht davon gesprochen werden, dass die Fahrbahnreinigung anders als die Reinigung des Gehwegs "gewöhnlich" durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erfolgt. Auch fehlt es in Bezug auf die öffentliche Fahrbahn an dem erforderlichen räumlich-funktionalen Zusammenhang zum Haushalt. Dieser endet an der "Bordsteinkante", d.h. mit dem öffentlichen Gehweg.

d) Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen allerdings nicht entscheiden, ob bzw. in welcher Höhe der Klägerin die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG zu gewähren ist. Die vorgelegte Rechnung der Stad...

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