1 Systematische Einordnung

Bei Unternehmensgewinnen handelt es sich um eine der im OECD-MA aufgeführten Einkunftsarten. Systematisch wird dadurch die Einschränkung eines ggf. innerstaatlich bestehenden Besteuerungsrechts durch ein DBA vorgenommen. Zu den Unternehmensgewinnen rechnen auch die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Ergänzt werden die Regelungen um die Normierung eines Maßstabs für die internationale Einkünfteabgrenzung zwischen international verbundenen Unternehmen ("Verbundene Unternehmen") in Art. 9 OECD-MA ("Verrechnungspreise") und um Sonderregelungen für Unternehmen im Bereich der Schiff- und Luftfahrt in Art. 8 OECD-MA ("Schifffahrt/Luftfahrzeuge/Binnenschiffe").

2 Inhalt

Art. 7 OECD-MA sieht ein zweistufiges Verteilungssystem vor. Zunächst wird angeordnet, dass die Besteuerung ausschließlich im Wohnsitzstaat erfolgen darf.[1] Dadurch ist der Quellenstaat an der Besteuerung gehindert, wenn sich nach seiner nationalen Rechtsordnung gleichwohl ein Besteuerungstatbestand (etwa im Rahmen einer Liefergewinnbesteuerung) ergeben würde. Unterhält das Unternehmen im anderen Vertragsstaat jedoch eine Betriebsstätte i. S. d. Definition des Abkommens[2] ("Betriebsstätte (Begriff)"), so hat der Quellenstaat insoweit ein Besteuerungsrecht, wie die Einkünfte der Betriebsstätte zugerechnet werden können ("Betriebsstätte (Gewinnzuordnung)").[3] Hingegen trifft Art. 7 OECD-MA keine Regelung, wie der Wohnsitzstaat die Doppelbesteuerung zu vermeiden hat. Dies ergibt sich vielmehr aus dem Methodenartikel, also aus Art. 23A (Freistellungsmethode) oder 23B OECD-MA (Anrechnungsmethode). Die deutschen DBA sehen grundsätzlich die Anwendung der Freistellungsmethode ("Freistellungsverfahren") vor.[4] Allerdings wird diese in inzwischen rd. 75 % aller DBA vom Nachweis einer begünstigten Tätigkeit, also dem Erfüllen einer Aktivitätsklausel ("Aktivitätsklausel (DBA)"), abhängig gemacht.[5]

[4] Eine Ausnahme bilden die DBA mit Mauritius, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Zypern.
[5] Zu einer Übersicht OFD Münster v. 9.11.2011, S 1301-18-St 45-32, EStG-Kartei NW DBA Allgemeines Nr. 808.

3 Praxisfragen

Systematisch stellt sich die Frage, wie zu verfahren ist, wenn Einkünfte sowohl unter den Anwendungsbereich des Art. 7 OECD-MA als auch unter den eines anderen Artikels des DBA fallen. Erfüllen Einkünfte die Voraussetzungen einer anderen Einkunftsart des Abkommens, gehören sie zu dieser anderen Einkunftsart und nicht zu den Unternehmensgewinnen i. S. v. Art. 7 OECD-MA.[1] Dies gilt für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen nach Art. 6 OECD-MA, für Dividenden i. S. v. Art. 10 OECD-MA ("Dividenden"), für Zinsen i. S. v. Art. 11 OECD-MA ("Zinsen"), für Lizenzgebühren i. S. v. Art. 12 OECD-MA ("Lizenzgebühren (Steuerabzug)") und für andere Einkünfte i. S. v. Art. 21 OECD-MA. Eine Rückausnahme besteht jedoch aufgrund des Betriebsstättenvorbehalts. Danach liegen Unternehmensgewinne i. S. v. Art. 7 OECD-MA vor, wenn die aus dem Betriebsstättenstaat stammenden Dividenden, Zinsen, Lizenzen oder anderen Einkünfte funktional der Betriebsstätte zuzuordnen sind. In diesen Fällen wird durch Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 4, Art. 12 Abs. 3 und Art. 21 Abs. 2 OECD-MA der Vorrang der Regelung für Unternehmensgewinne vorgeschrieben. Hieraus folgt, dass bei einer funktionalen Zugehörigkeit zur Betriebsstätte ("Betriebsstätte (Gewinnzuordnung)") z. B. Zinsen im Betriebsstättenstaat unbeschränkt besteuert werden können und insoweit die durch das DBA vorgesehene Beschränkung der Quellensteuer nicht anzuwenden ist.

Zu beantworten bleibt die Frage, welche Tätigkeiten zu Unternehmensgewinnen führen. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c OECD-MA fällt darunter die Ausübung einer Geschäftstätigkeit, die auch eine freiberufliche oder sonstige selbstständige Tätigkeit umfasst.[2]

Bei Kapitalgesellschaften beginnt die unternehmerische Tätigkeit mit der Eintragung in das Handelsregister. Hinsichtlich der Vorstadien einer Kapitalgesellschaft, z. B. der Vorgesellschaft und der Vorgründungsgesellschaft, ist festzustellen, dass die unternehmerische Tätigkeit mit dem Stadium der Vorgesellschaft beginnt. Dagegen übt die Vorgründungsgesellschaft keine unternehmerische Tätigkeit aus, da sie mit der Errichtung der Kapitalgesellschaft und weiteren, internen Fragen und Aspekten beschäftigt ist.[3] Wenn es nicht zur Eintragung der Kapitalgesellschaft kommt, bleibt es m. E. bei der Ausübung der Unternehmenstätigkeit der Vorgründungsgesellschaft, doch wird diese steuerlich wie eine Mitunternehmerschaft behandelt und die Einkünfte werden anteilig den Gesellschaftern zugerechnet.

[1] Art. 7 Abs. 7 OECD-MA, der den Vorrang anderer Verteilungsnormen anordnet.
[3] Hemmelrath, in Vogel/Lehner, DBA, 2015, Art. 7 OECD-MA Rz. 26.

4 Beratungshinweise

Sofern die betroffene Person eine gewerbliche Tätigkeit i. S. d. § 15 Abs. 2 EStG ausübt, ist regelmäßig davon auszugehen, dass auch Unternehmensgewinne i. S. d. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA...

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