Entscheidungsstichwort (Thema)

Inländische Tochter-GmbH einer Schweizer Holding AG als wirtschaftliche Arbeitgeberin des im Rahmen seines Anstellungsvertrags mit der AG mit der Geschäftsführung für die GmbH beauftragten CEO der AG bei wirtschaftlicher Tragung des Arbeitslohns durch pauschale monatliche Zahlungen der GmbH an die AG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Übernimmt der in der Schweiz ansässige Mehrheitsgesellschafter einer Schweizer Holding AG, der bei dieser gleichzeitig CEO der Unternehmensgruppe und Verwaltungsrat der AG ist, als zusätzliche Arbeitsleistung im Rahmen seines Anstellungsvertrags bei der AG die Geschäftsführung bei einer deutschen Tochter-GmbH und hat nach einer zwischen der Mutter- und der Tochtergesellschaft geschlossenen Dienstleistungsvereinbarung bezüglich der Zurverfügungstellung der Gerschäftsführungsleistungen die GmbH der AG dafür einen pauschalen monatlichen Betrag (Management Fee) zu zahlen, kann insoweit die GmbH infolge der wirtschaftlichen Tragung des Arbeitslohns „management fee”) nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG in Verbindung mit Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz auch dann wirtschaftliche Arbeitgeberin ihres Geschäftsführers und nach § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 EStG zum Lohnsteuereinbehalt verpflichtet sein, wenn der Geschäftsführer nur an wenigen Tagen im Jahr in Deutschland sowie im Übrigen von der Schweiz aus tätig ist und mit der GmbH keinen Anstellungsvertrag geschlossen hat. Insoweit sind aufgrund der vom Gesetzgeber mit Einführung des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG vollzogenen Annäherungen des lohnsteuerrechtlichen Arbeitgeberbegriffes an die abkommensrechtliche Rechtslage für die Prüfung, ob die GmbH als wirtschaftliche Arbeitgeberin ihres Geschäftsführers anzusehen ist, die Wertungen zu Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz heranzuziehen (vgl. FG München, Urteil vom 22.4.2016, 8 K 3290/14; Ausführungen zum Anwendungsbereich von Art.15 Abs. 4 DBA-Schweiz sowie zum Begriff des „wirtschaftlichen Arbeitgebers”).

2. Es spricht für die Eigenschaft der GmbH als wirtschaftliche Arbeitgeberin, wenn die Tätigkeit des Geschäftsführers in ihrem Interesse lag, sie ausdrücklich auch die gesamte Handlungsverantwortung und das Risiko hinsichtlich der Tätigkeit des Geschäftsführers übernommen hat und wenn sie den Arbeitslohn wirtschaftlich getragen hat.

3. Gegen eine Eingliederung des Geschäftsführers in die Organisation der GmbH spricht für sich genommen der Umstand, dass er auf gesellschaftsrechtlicher Ebene nicht den Weisungen der GmbH unterworfen, sondern im Gegenteil als CEO der Holding-Gruppe der GmbH gegenüber weisungsbefugt war. Das Erfordernis der Weisungsgebundenheit gilt jedoch nur für andere Arbeitnehmer als den Geschäftsführer. Denn dieser ist – wenn auch nicht weisungsunterworfen – stets in die Hierarchie der GmbH eingebunden, weil er an der Spitze der Hierarchie steht.

 

Normenkette

EStG § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, Abs. 3, § 42d Abs. 1 Nr. 1; DBA CHE Art. 15 Abs. 4, Art. 4 Abs. 1, 2 Buchst. a; AO § 191 Abs. 1; LStDV § 1 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.11.2021; Aktenzeichen VI R 22/19)

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides über Lohnsteuer. Streitig ist insbesondere, ob eine Vergütung für die Tätigkeit des Geschäftsführers der Klägerin, der gleichzeitig CEO der Unternehmensgruppe und Verwaltungsrat der Schweizer Muttergesellschaft der Klägerin ist, überhaupt dem deutschen Lohnsteuerabzug unterlag, insbesondere ob die Klägerin nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG wirtschaftliche Arbeitgeberin des Geschäftsführers war.

Die in der Schweiz ansässige A Holding AG, B ist alleinige Anteilseignerin der Klägerin, der A GmbH, C. Laut Eintragung im Handelsregister (HRB …) des Amtsgerichts C ist Herr D mit Wohnsitz in der Schweiz als Geschäftsführer der Klägerin eingetragen. Der Geschäftsführertätigkeit des Herrn D liegt eine Dienstleistungsvereinbarung vom 30.01.2009 zwischen der Anteilseignerin und der Klägerin zugrunde, wonach der bei der Anteilseignerin angestellte Herr D der Klägerin von der Anteilseignerin als Geschäftsführer zur Verfügung gestellt wird. Der zur Verfügung gestellte Geschäftsführer handelt gemäß § 2 der Dienstleistungsvereinbarung im Namen, im Auftrag und auf Risiko der Klägerin. Die Anteilseignerin erhält als Vergütung für die Entsendung des Geschäftsführers von der Klägerin einen pauschalen Betrag von 12.200 EUR monatlich. Die Bemessung der Vergütung entspricht der Vergütung des vormaligen Geschäftsführers, welcher bei der Klägerin angestellt war.

Nach den Feststellungen einer durch das Finanzamt E bei der Klägerin für den Zeitraum 01.07.2012 bis 31.10.2015 durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung sei die Vergütung für die Tätigkeit des Geschäftsführers der Klägerin, der gleichzeitig CEO der Unternehmensgruppe und Verwaltungsrat der Muttergesellschaft der Klägerin ist, dem deutschen Lohnsteuerabzug zu unterwerfen, da die Klägerin nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG wirtschaftliche Arbeitgeberin des Geschäftsführers sei. Dem Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 0...

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