1 Systematische Einordnung

Bei Switch-over-Klauseln handelt es sich um Regelungen des Abkommens- oder innerstaatlichen Rechts, die das Entstehen von unversteuerten Einkünften verhindern sollen. Diese Klauseln werden deshalb auch als Rückfallklauseln bezeichnet. Anders als bei einer Subject-to-tax-Klausel ("Subject-to-tax-Klausel") kommt es jedoch nicht zum Rückfall des Besteuerungsrechts, sondern zum Wechsel der Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung: Statt der abkommensrechtlich vorgesehenen Freistellungsmethode wird die Anrechnungsmethode angewendet.[1]

2 Inhalt

2.1 Abkommensrechtliche Regelungen

Auch wenn diese Regelungen sehr unterschiedlich ausgestaltet sind, lässt sich folgende Grundformulierung erkennen[1]:

„Die Bundesrepublik Deutschland vermeidet die Doppelbesteuerung durch Steueranrechnung nach Art. 23B OECD-MA, und nicht durch Steuerbefreiung nach Art. 23A OECD-MA,

a) wenn in den Vertragsstaaten Einkünfte oder Vermögen unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zugeordnet oder verschiedenen Personen zugerechnet werden (außer nach Art. 9 OECD-MA [verbundene Unternehmen]) und dieser Konflikt sich nicht durch ein Verfahren nach Art. 25 OECD-MA regeln lässt und

aa) wenn aufgrund dieser unterschiedlichen Zuordnung oder Zurechnung die betreffenden Einkünfte oder Vermögenswerte doppelt besteuert würden oder
bb) wenn aufgrund dieser unterschiedlichen Zuordnung oder Zurechnung die betreffenden Einkünfte in dem anderen Staat unbesteuert blieben oder zu niedrig besteuert würden und in der Bundesrepublik Deutschland (abgesehen von der Anwendung dieses Absatzes) von der Steuer befreit blieben …”.

Einige dieser Klauseln gelten nicht nur für Deutschland, sondern auch für den anderen Vertragsstaat. Zum Teil sind diese Regelungen nicht unmittelbar im DBA selbst, sondern in Protokollen und Notenwechseln enthalten, die in gleicher Weise zu beachten sind. Einige Klauseln beschränken sich auf Qualifikationskonflikte bei den Einkünften und lassen das Vermögen unerwähnt. Teilweise berücksichtigen diese Regelungen die Doppelbesteuerung, die aus einer unterschiedlichen Zuordnung oder Zurechnung der betroffenen Einkünfte oder Vermögenswerte resultiert, nicht. In diesen Fällen wird nur die Nicht- oder Minderbesteuerung behandelt. Nach dem DBA Norwegen etwa kann ein Methodenwechsel nur bei einer Doppel- oder Nichtbesteuerung erfolgen, nicht aber bei einer niedrigen Besteuerung. In den Regelungen wird auch die "niedrige Besteuerung" unterschiedlich beschrieben. So werden z. B. Formulierungen wie "zu niedrig", "unangemessen niedrig" oder "nur ermäßigt" verwendet. Diese Begriffe sind unbestimmt und lassen einen Maßstab vermissen, der zur Abgrenzung gegenüber einer "angemessenen" Besteuerung dient. Hierfür kann grundsätzlich auf die ausl. oder auf die deutsche Steuerbelastung abgestellt werden, die entstünde, wenn es den Qualifikationskonflikt nicht gäbe. M. E. ist auf die sonst in Deutschland entstehende Steuerbelastung abzustellen, weil dies der Zielsetzung der Regelung am besten gerecht wird.

Die deutsche Verhandlungsgrundlage für DBA[2] sieht vor, dass das Besteuerungsrecht an Deutschland zurückfallen soll, wenn im Ausland keine Besteuerung erfolgt. Eine Nichtbesteuerung i. S. d. Regelung liegt vor, wenn Einkünfte nicht steuerpflichtig oder von der Besteuerung ausgenommen sind.[3]

[1] Petereit, IStR 2003, 577.
[2] BMF v. 22.8.2013, IV B 2 – S 1301/13/10009, abrufbar auf der Homepage des BMF.
[3] Prot. Nr. 5 zur VG-DBA, abrufbar auf der Homepage des BMF.

2.2 Innerstaatliche Regelungen

2.2.1 Überblick

Der Gesetzgeber hat im Wege eines Treaty Override Regelungen im innerstaatlichen Recht geschaffen, die in bestimmten Fällen die abkommensrechtlich gebotene Freistellung durch die Anwendung der Anrechnungsmethode ersetzen und die Abweichung vom DBA anordnen. Das BVerfG hat die grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit eine Treaty Override bestätigt.[1]

[1] Hierzu BVerfG v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, Haufe-Index 9065283 nach Vorlagebeschluss des BFH v. 10.1.2012, I R 66/09, BFH/NV 2012, 1056 zu § 50d Abs. 8 EStG; vgl. auch die noch anhängigen Vorlagebeschlüsse des BFH v. 11.12.2013, I R 4/13, BFH/NV 2014, 614, zu § 50d Abs. 10 S. 1 EStG, anhängig beim BVerfG unter 2 BvL 15/14 sowie BFH v. 20.8.2014, I R 86/13, BFH/NV 2014, 1985, zu § 50d Abs. 9 EStG, anhängig unter 2 BvL 21/14; aus diesem Verfahren ergeben sich m. E. Rückwirkungen für § 20 Abs. 2 AStG und § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG.

2.2.2 § 20 Abs. 2 AStG

§ 20 Abs. 2 AStG setzt – neben der im Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebsstätte stets gegebenen Beherrschung durch inl. Stpfl.[1] – eine niedrige Besteuerung i. S. v. § 8 Abs. 5 AStG und das Nichtvorliegen der in § 8 Abs. 1 AStG genannten "aktiven" Einkünfte voraus. Durch Gesetz v. 20.12.2007[2] wurde die Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7ff. AStG in Fällen von Kapitalgesellschaften als Reaktion auf die Rspr. des EuGH[3] im Verhältnis zu den EU- und EWR-Staaten unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 AStG suspendiert. Dies galt infolge einer neuen Ausnahmeregelung jedoch nicht in den Fällen des § 20 Abs. 2 ...

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