1 Systematische Einordnung

Bei Subject-to-tax-Klauseln handelt es sich um Regelungen des Abkommens- oder innerstaatlichen Rechts, die das Entstehen von unversteuerten Einkünften verhindern sollen. Diese Klauseln werden deshalb auch als Rückfallklauseln bezeichnet.[1]

2 Regelungshintergrund

Die DBA verteilen die Besteuerungsrechte. Weisen die Verteilungsnormen der Art. 622 OECD-MA oder die Vermeidungsregelungen in Art. 23A OECD-MA das Besteuerungsrecht ausschließlich dem Quellenstaat zu, kann es zu einer Keinmalbesteuerung (auch sog. doppelte Nichtbesteuerung) kommen. Nutzt dieser Staat sein Besteuerungsrecht nicht aus, so wird der andere Staat aufgrund des DBA ("Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)") an der Besteuerung gehindert. Unversteuerte Einkünfte können auch aufgrund von Qualifikationskonflikten ("Qualifikationskonflikt") entstehen, wenn sich beide Staaten aufgrund ihrer innerstaatlichen Regelungen an der Besteuerung gehindert sehen. Dieses Ergebnis wird als unbillig angesehen, weil die DBA zwar darauf abzielen, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, jedoch nicht zu Steuervorteilen führen sollen. Folglich wird die Freistellung nach dem DBA infolge von Subject-to-tax-Klauseln nur dann gewährt, wenn die Besteuerung im Ausland tatsächlich erfolgt. Ist dies nicht der Fall, kann der Wohnsitzstaat die Besteuerung vornehmen. Im Ergebnis wird dadurch verhindert, dass Einkunftsteile in beiden Staaten unversteuert bleiben.

3 Regelungen in DBA

In einigen DBA oder in den diese ergänzenden Protokollen wird vereinbart, dass die Freistellung nur dann zu erfolgen hat, wenn der andere Staat tatsächlich eine Besteuerung vornimmt. In Art. 23A Abs. 4 OECD-MA ist eine entsprechende Rückfallklausel verankert. Danach darf der Wohnsitzstaat trotz genereller Freistellung eine Besteuerung vornehmen, wenn der Quellenstaat infolge einer abweichenden Abkommensauslegung oder Sachverhaltsinterpretation nicht besteuert. Diese Regelung führt jedoch nicht zu einem Rückfall des Besteuerungsrechts, wenn der Tätigkeitsstaat bewusst auf eine Besteuerung verzichtet, z. B. als Anreiz zur Steigerung seiner Attraktivität für ausl. Arbeitnehmer und/oder Investoren. Bei einer Nichtbesteuerung aufgrund eines Qualifikations- oder Zurechnungskonflikts muss dieser Konflikt seine Ursache in der Abkommensanwendung haben. Andere Gründe für die Nichtbesteuerung erfüllen die Anforderung der Subject-to-Tax-Klausel nicht.

Darüber hinaus enthalten einige deutsche DBA Besonderheiten, indem die Quellensteuerreduktion entsprechend Art. 10 Abs. 2 OECD-MA davon abhängig gemacht wird, dass die Dividenden im anderen Staat tatsächlich besteuert werden.[1]

[1] Z. B. Art. VI Abs. 1 S. 2 DBA-UK 1964/1970 (entfallen im DBA-UK 2010); DBA-Marokko 1972, Schlussprotokoll Nr. 1; Art. 7 Abs. 2 Buchst. b) DBA-Südafrika 1973; Übersicht hierzu bei Tischbirek, in Vogel/Lehner, DBA, 2008, Art. 10 Rz. 67, 98 unter Verweis auf Vogel, in Vogel/Lehner, DBA, 2008, Vor Art. 6 bis 22 Rz. 30ff.; zu Besonderheiten der UK-remittance-basis-Besteuerung (Art. 24 DBA-UK 2010) Häuselmann, Ubg 2010, 347, 349f.

4 Innerstaatliche Regelungen

4.1 Überblick

Der deutsche Gesetzgeber hat nationale Regelungen getroffen, die das Entstehen unversteuerter Einkünfte verhindern soll. Hierbei handelt es sich um ein sog. Treaty Override.[1]

[1] Vgl. zur Frage der Zulässigkeit eines solchen "treaty override" BVerfG v. 15.12.2015, 2 BvL 1/12, Haufe-Index 9065283 sowie die weiteren Vorlagebeschlüsse BFH v. 11.12.2013, I R 4/13, BFH/NV 2014, 614, BStBl II 2014, 791, AZ beim BVerfG 2 BvL 15/14; BFH v. 20.8.2014, I R 86/13, BFH/NV 2014, 1985, AZ beim BVerfG 2 BvL 21/14.

4.2 § 50d Abs. 8 EStG

Nach Art. 15 OECD-MA steht das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit dem Tätigkeitsstaat zu, wenn die Arbeit in seiner Steuerhoheit ausgeübt wurde und die 183-Tage-Regelung des Art. 15 Abs. 2 OECD-MA nicht erfüllt ist. Ist dies der Fall, sehen die deutschen DBA vor, dass diese Einkünfte von der inl. Besteuerung freizustellen sind. Diese Vorgabe wird durch § 50d Abs. 8 EStG dahin gehend eingeschränkt, dass die Freistellung nur dann gewährt wird, wenn der Stpfl. nachweist, dass der Tätigkeitsstaat entweder auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in dem Tätigkeitsstaat auf die betreffenden Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Werden diese Nachweise vom Stpfl. nicht erbracht, sind die ausl. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit – trotz der im DBA eigentlich angeordneten Freistellung – der deutschen Besteuerung zu unterwerfen. Allerdings ist der ESt-Bescheid nach § 50d Abs. 8 S. 2 EStG zu ändern und die Freistellung der Einkünfte vorzunehmen, wenn der Stpfl. die verlangten Nachweise erbringt. Aus Vereinfachungsgründen kann eine Freistellung von der deutschen Besteuerung unter Progressionsvorbehalt erfolgen, wenn der nach deutschem Steuerrecht ermittelte Arbeitslohn im jeweiligen Vz nicht mehr als 10.000 EUR beträgt.[1] Das BVerfG hat auf Vorlage des BFH[2] entschieden, dass ein solches Treaty-Override verfassungsrechtlich zulässig ist.

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