Leitsatz

1. Fest zugesagte prozentuale Renten- oder Anwartschaftserhöhungen sind zwar keine ungewissen Erhöhungen i.S. des § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG. Hieraus folgt jedoch nicht, dass jedwede Renten- oder Anwartschaftsdynamisierungen bei der Prüfung einer sog. Überversorgung unbeachtlich sind.

2. Eine über 3 % liegende jährliche Steigerungsrate kann bei der Prüfung der Überversorgung beachtlich sein.

 

Normenkette

§ 4d Abs. 1, § 6a Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erzielte als Ärztin Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Sie richtete für zwei Arbeitnehmer eine Altersversorgung bei einer Unterstützungskasse ein. Diese erhöhte sich um eine Anwartschaftsdynamik von 5 % pro künftiges Dienstjahr. Die Beiträge sowie die Verwaltungskosten machte die Klägerin als Betriebsausgaben geltend. Das FA versagte den Betriebsausgabenabzug für die Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge mangels Schriftform der der Arbeitnehmerin erteilten Zusage. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das FG (FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26.11.2014, 2 K 1441/11, Haufe-Index 7674450) war der Auffassung, dass die Beiträge der Klägerin zur Altersversorgung zumindest z.T. als Betriebsausgaben anzuerkennen seien. Eine Berücksichtigung scheide nicht bereits wegen eines Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis aus. Mit seiner Revision rügt das FA, dass eine weitere Kürzung des Betriebsausgabenabzugs geboten sei, da die Dynamisierung der Anwartschaften in Höhe von 5 % pro künftiges Dienstjahr in die Prüfung der Überversorgung einzubeziehen sei.

 

Entscheidung

Der BFH hat der Revision des FA stattgegeben. Er hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage in dem vom FA begehrten Umfang abgewiesen. Das FG hat zwar den Betriebsausgabenabzug zutreffend unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur sog. Überversorgung gekürzt. Dabei hat es jedoch in unzutreffender Weise die Anwartschaftsdynamisierung von 5 % außer Acht gelassen, obgleich deren Einbeziehung in die Prüfung einer Überversorgung geboten gewesen wäre.

 

Hinweis

1. Zuwendungen des Arbeitgebers an eine Unterstützungskasse, die lebenslänglich laufende Leistungen an die Arbeitnehmer gewährt, dürfen nach § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb EStG nur begrenzt als Betriebsausgaben abgezogen werden. Mögliche oder wahrscheinliche Änderungen der Bemessungsgrundlage der Anwartschaft sind wegen des Stichtagsprinzips steuerlich nicht zu berücksichtigten. Die zu § 6a EStG entwickelten Maßstäbe einschließlich der sog. Überversorgungsgrundsätze gelten entsprechend. Eine Überversorgung liegt vor, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 % der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt.

2. Im vorliegenden Fall handelte es sich bei den von der Klägerin fest zugesagten Anwartschaftserhöhungen um 5 % jährlich zwar nicht um eine ungewisse Erhöhung i.S.d. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG. Hieraus folgt jedoch nicht, dass sie bei ­der Prüfung einer Überversorgung unberücksichtigt bleiben. Andernfalls könnten die Zuwendungen des Arbeitgebers an die Unterstützungskasse ohne Beachtung der Grenzen für eine Überversorgung als Betriebsausgaben abgezogen werden.

3. Liegt die zugesagte Versorgung bereits ohne Berücksichtigung der Dynamisierung deutlich über 75 % des letzten Aktivgehalts am Bilanzstichtag, wird eine jährliche Erhöhung um einen festen Prozentsatz nur in einem moderaten Umfang steuerlich anerkannt. Die Dynamisierung darf die Überversorgung rechnerisch nur unwesentlich beeinflussen und nicht mehr als 3 % jährlich betragen. Aber auch dann, wenn die zugesagte Versorgung ohne Berücksichtigung der Dynamisierung lediglich im Grenzbereich von 75 % liegt, ist die Dynamisierung insgesamt bei der Überprüfung der Überversorgung mit einzubeziehen, wenn sie deutlich über 3 % liegt.

Konsequenz aus der Nichtbeachtung des Schriftformerfordernisses blieb unberücksichtigt

Die Frage, ob im vorliegenden Fall auch ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG vorlag, weil die Arbeitnehmer die Versorgungszusage nicht unterschrieben haben, hat der BFH ausdrücklich offengelassen. Eine weitergehende Kürzung des Betriebsausgabenabzugs zum Nachteil der Klägerin war unter Berücksichtigung des Revisionsantrags des FA nicht möglich. Dieses beantragte lediglich eine Kürzung des vom FG gewährten Betriebsausgabenabzugs um die Überversorgung und nicht die gesamte Versagung des Betriebsausgabenabzugs wegen der Verletzung des Schriftformerfordernisses.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 31.7.2018 – VIII R 6/15

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