Ein Insolvenzverfahren kann nach § 11 Abs. 1 InsO über das Vermögen jeder natürlichen oder juristischen Person[1] eröffnet werden. Insolvenzfähig sind nach § 11 Abs. 2 InsO auch die OHG, die KG und die BGB-Gesellschaft. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wird das gesamte Vermögen – auch Privatvermögen – des Unternehmers an die Gläubiger verteilt. Natürliche Schuldner, die noch selbstständig sind, fallen generell unter das Regelinsolvenzverfahren. Das Verbraucherinsolvenzverfahren findet Anwendung für natürliche Personen, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, aber auch für ehemalige Selbstständige[2], deren Vermögensverhältnisse überschaubar sind und gegen die keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.[3] Als überschaubar gelten Vermögensverhältnisse, wenn der ehemalige Selbstständige zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags weniger als 20 Gläubiger hat (§ 304 Abs. 2 InsO).[4]

Sind die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar und ist die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering, wird das Verfahren schriftlich durchgeführt. Das Insolvenzgericht kann anordnen, dass das Verfahren oder einzelne seiner Teile mündlich durchgeführt werden, wenn dies zur Förderung des Verfahrensablaufs angezeigt ist.[5]

Die Durchführung des schriftlichen Verfahrens (§ 5 Abs. 2 InsO) im Rahmen eines Regelinsolvenzverfahrens kommt nur in Betracht, wenn die Vermögensverhältnisse überschaubar sind. Dies bedeutet regelmäßig, dass die Höhe der Verbindlichkeiten unter 25.000 EUR liegt, weniger als 20 Gläubiger vorhanden sind, und dass keine komplexeren Insolvenzanfechtungs- bzw. Haftungsansprüche gegen Geschäftsführer, Gesellschafter oder Berater in Rede stehen.[6]

 
Praxis-Tipp

Durchführung des schriftlichen Verfahrens während der COVID-19-Pandemie auch bei nicht überschaubaren Vermögensverhältnissen

Während der COVID-19-Pandemie ist eine erweiterte Auslegung des § 5 Abs. 2 InsO möglich. Der Schutz von Verfahrensbeteiligten vor einer gravierenden Schädigung ihrer Gesundheit durch eine gesetzlich vorgeschriebene mündliche Gläubigerversammlung ist zwar nicht in der Insolvenzordnung geregelt. Indes finden sich in den § 278 Abs. 4, § 319 Abs. 3 FamFG Regelungen, die es dem Gericht ermöglichen, von einer an sich vorgeschriebenen Anhörung ausnahmsweise abzusehen, wenn es um den Schutz der Gesundheit der Beteiligten des Verfahrens geht.[7]

Die zugunsten des Insolvenzverwalters in einem Verbraucherinsolvenzverfahren festgesetzte Tätigkeitsvergütung führt beim Insolvenzschuldner, der zuvor betriebliche Einkünfte erzielte, nicht zu einer Betriebsausgabe i. S. d. § 4 Abs. 4 EStG, weil das Verbraucherinsolvenzverfahren die wirtschaftliche Stellung des Schuldners als Person und damit den privaten Vermögensbereich betrifft. Die Insolvenzverwaltervergütung ist auch nicht als außergewöhnliche Belastung i. S. d. § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, weil dem Insolvenzschuldner insoweit keine Aufwendungen entstanden sind bzw. kein Abfluss aus seinem Vermögen erfolgte.[8]

[1] BFH, Beschluss v. 19.3.2014, V B 14/14: Organschaft in der Insolvenz.
[2] AG Hamburg, Beschluss v. 27.2.2015, 67b IN 5/15.
[4] BGH, Beschluss v. 25.4.2013, IX ZB 179/10: Überleitung der auf Antrag des Schuldners eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahrens in ein Regelinsolvenzverfahren.
[6] AG Hamburg, Beschluss v. 17.5.2018, 67a IN 102/18, rkr.
[7] AG Hamburg, Beschluss v. 27.4.2020, 67g IN 52/20.
[8] FG Münster, Urteil v. 4.9.2018, 11 K 1108/17 E, EFG 2018 S. 2044, Rev. eingelegt, Az. beim BFH: VI R 41/18.

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