Krise und Insolvenz sind oft Anlass für den Verkauf eines Unternehmens und können eine günstige Gelegenheit für einen Käufer darstellen, sind aber besonders kritisch zu sehen.

Neben den Gefahren wie Haftung für Altverbindlichkeiten, kommen für Unternehmenskäufer vor einem eigentlich vernünftigerweise vom Verkäufer zu stellenden Insolvenzantrag weitere, dem Steuerberater bekannte Risiken hinzu, über die er zwecks Abwehr von Schaden seinen Mandanten allgemein aufklären und ihn im Übrigen wegen weiterer Einzelheiten an einen Rechtsanwalt verweisen muss:

Dem Mandanten muss vorrangig bewusst gemacht werden, dass er bei Übernahme eines insolventen Unternehmens bzw. Teilen daraus, sich als Mittäter von Insolvenzstraftaten (§§ 283 ff. StGB) strafbar machen kann. Da auch jeder Gläubiger des übernommenen Unternehmens Insolvenzantrag stellen kann, wird ein anschließend eingesetzter Insolvenzverwalter u. U. vor nicht beidseitig vollständiger Vertragserfüllung die Erfüllung des Unternehmenskaufvertrags ablehnen, sodass der Käufer nach § 103 Abs. 2 InsO nur eine Schadensersatzforderung behält als allgemeine Insolvenzforderung (Quote).

Unternehmenskäufe aus der eröffneten Insolvenz weisen gegenüber normalen Unternehmenskäufen Besonderheiten auf. Es gelten rechtliche Sonderregelungen, über die der Steuerberater den Mandanten nicht im Einzelnen beraten darf. Der Steuerberater muss seinem Mandanten zu dessen Schutz darauf hinweisen, dass eine Kaufentscheidung im Zusammenhang mit einer Insolvenz niemals ohne Hinzuziehung eines spezialisierten Rechtsanwalts (Fachanwalt für Insolvenzrecht) erfolgen sollte:

Der Käufer, der das Unternehmen vor Verfahrenseröffnung mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters erwirbt, muss wissen, dass sein Anspruch auf Übertragung der Vermögensgegenstände im Fall der späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nur eine – nicht bevorrechtigte – Insolvenzforderung ist. Zudem kann der Kaufvertrag nach den §§ 129 ff. InsO angefochten werden: Erhaltene Wirtschaftsgüter muss der Käufer dann an die Insolvenzmasse herausgeben. Im Gegenzug muss zwar der Insolvenzverwalter den gezahlten Kaufpreis aus der Insolvenzmasse herausgeben. Ist der gezahlte Kaufpreis jedoch nicht mehr von der Masse unterscheidbar vorhanden, kann der Käufer seine Kaufpreisrückzahlungsforderung nur noch als nicht bevorrechtigte Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle (meist nur mit einer geringen Quote nach Verteilung der Masse zu rechnen) anmelden.

Wichtig zu wissen ist auch, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Käufer im Fall eines Erwerbs vor Verfahrenseröffnung vollumfänglich nach § 613a BGB für die Ansprüche der Arbeitnehmer und Sozialversicherungsträger, die im späteren Verfahren nur einfache Insolvenzforderungen wären, unmittelbar haftet.

Der Kauf eines insolventen Unternehmens nach Verfahrenseröffnung ist für den Käufer gegenüber einem normalen Unternehmenskauf vorteilhafter, da bei einem Unternehmenskauf aus der Insolvenz § 25 HGB nicht anwendbar ist. Gleiches gilt für § 75 AO. Auch eine Haftung für arbeitsrechtliche Verbindlichkeiten im Rahmen des § 613a BGB wird verneint, soweit diese in dem Zeitraum bis zur Verfahrenseröffnung entstanden sind.[1]

§ 25 Abs. 1 Satz 1 HGB ist auf den Erwerb eines Handelsgeschäfts aus der Insolvenz auch dann nicht anwendbar, wenn die Veräußerung nicht durch den Insolvenzverwalter, sondern durch den Schuldner in der Eigenverwaltung erfolgt.[2]

§ 128 InsO[3] erlaubt dem Insolvenzverwalter, eigene Konzepte zur Verbesserung der Verkaufsmöglichkeiten zu erstellen. Er darf daher auch erforderliche Kündigungen von Arbeitsverhältnissen vornehmen, ohne dass der betroffene Arbeitnehmer hiergegen den Einwand der unwirksamen Kündigung wegen Betriebsübergangs entgegenhalten kann. Dies eröffnet dem Kaufinteressenten die Möglichkeit, seine Kaufentscheidung auch vom reduzierten Bestand des Personals abhängig zu machen.[4] Der Insolvenzverwalter hat gegenüber den Arbeitnehmern des insolventen Arbeitgebers ein Sonderkündigungsrecht mit verkürzter Kündigungsfrist (§ 113 InsO).[5] Aber auch für den Insolvenzverwalter gilt, dass er § 1 KSchG beachten muss.[6]

§ 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO enthält die (widerlegbare) Vermutung, dass die Kündigung der betroffenen Arbeitsverhältnisse durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb oder einer Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen entgegenstehen, bedingt ist.[7] Im Fall eines Betriebsübergangs erstreckt sich die Vermutung nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO auch darauf, dass die Kündigung der Arbeitsverhältnisse nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgt (§ 128 Abs. 2 InsO), sodass § 613a Abs. 4 BGB nicht greift.

Die durch § 125 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 InsO im Insolvenzverfahren eröffnete Möglichkeit der Schaffung einer ausgewogenen Altersstruktur durch Bildung von Altersgruppen verletzt das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung nicht. Sie ist durc...

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