Die Sperrgründe waren bereits vor der Gesetzesänderung zum 3.5.2011 gesetzlich geregelt. Hinzugekommen ist zum 3.5.2011 die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung und eine neue Nummerierung der Sperrgründe. Zum 1.1.2015 ist geplant, die Sperrgründe erneut zu ändern

Die Ermittlungsbehörde trifft die Feststellungslast ("Beweislast") für das Vorliegen eines Sperrgrundes, da das strafprozessuale Prinzip "in dubio pro reo" (im Zweifel für den Angeklagten) nach zutreffender Ansicht auch für die Sperrgründe gilt.[1]

[1] Joecks in Frantzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Auflage, 2009, § 371 AO Rz. 201.

6.1 Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung gem. § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a AO

Eine Selbstanzeige ist ausgeschlossen, wenn eine Prüfungsanordnung (PA) i. S. d. § 196 AO bekanntgegeben worden ist (§ 371 Abs. 2 Nr. 1a AO). Dieser Ausschlussgrund greift nicht ein, wenn der Prüfer – wie oft – seine Prüfung und den Versand der PA zunächst telefonisch ankündigt. In der Zeit bis zur Bekanntgabe der PA ist daher die Selbstanzeige nicht gesperrt.

Es ist umstritten, ob der Steuerpflichtige noch in dem fiktiven Zeitfenster gem. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO die Selbstanzeige abgeben kann. Nach dieser Regelung gilt die Bekanntgabe bei Übersendung mittels einfachem Brief erst mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als erfolgt, selbst wenn die PA schon früher im Briefkasten liegt.

 
Praxis-Tipp

Mandanten informieren

Berater sollten Mandanten generell unverzüglich über eingehende Prüfungsanordnungen oder telefonisch angekündigte Prüfungen informieren, um nicht dem Vorwurf des selbstanzeigewilligen Mandanten ausgesetzt zu sein, eine Selbstanzeige durch verzögerte Information unmöglich gemacht zu haben. Auch wenn die Möglichkeit der Nutzung des 3-Tages-Zeitfensters umstritten ist, so kann sich der Mandant diesen Streitpunkt später zumindest von der Staatsanwaltschaft "abkaufen" lassen, indem die Sanktion (Strafe, Geldauflage) günstiger ausfällt. Behauptet ein Berater vorsätzlich unzutreffend, die Prüfungsanordnung für seinen Mandanten sei seiner Steuerkanzlei nicht zugegangen, damit dieser (unzutreffend) noch die Selbstanzeigemöglichkeit hat, setzt sich der Berater dem Risiko aus, sich wegen Strafvereitelung gem. § 258 StGB strafbar zu machen.

Reichweite der Sperre durch eine Prüfungsanordnung (PA)

Es ist höchstrichterlich nicht geklärt, ob der zum 3.5.2011 eingeführte Sperrgrund der PA bei der Selbstanzeige nur die Veranlagungszeiträume sperrt, die in der PA genannt sind. Die Gesetzesänderung zum 1.1.2015 brachte insoweit eine Erleichterung für die Selbstanzeigen, die ab diesem Zeitpunkt abgegeben worden sind: Gesperrt sind Selbstanzeigen nur gemäß dem sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung (§ 371 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AO). Die Bekanntgabe einer PA soll somit keine umfassende Sperrwirkung für alle (nicht in der PA genannten) Veranlagungszeiträume/Steuerarten umfassen. Der Gesetzgeber geht in seiner Gesetzesbegründung davon aus, dass diese Infektionswirkung aber für Selbstanzeigen nach dem Recht bis 31.12.2014 eintreten soll. Meines Erachtens ist aber fraglich, ob eine Gesetzesbegründung, welche das bisherige Gesetz rückwirkend verbindlich auslegen kann. Der Gesetzgeber hatte sich früher keine erkennbaren Gedanken hierzu gemacht und ist erst jetzt auf die Problematik aufmerksam geworden. In § 371 Abs. 2 Satz 2 AO ist zum 1.1.2015 korrespondierend ein neuer Satz eingefügt worden:

Der Ausschluss der Straffreiheit nach Satz 1 Nummer 1 a und c hindert nicht die Abgabe einer Berichtigung nach Absatz 1 für die nicht unter Satz 1 Nummer 1 a und c fallenden Steuerstraftaten einer Steuerart.

Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber für die nicht in der PA genannten Besteuerungszeiträume künftig eine Teilselbstanzeige zulässt.

Klar ist damit, dass sich die Sperrwirkung einer Außenprüfung nach § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO stets nur auf die von der angekündigten Außenprüfung umfassten Jahre beziehen soll. Nicht geklärt ist bisher die Frage, ob eine Nacherklärung im Hinblick auf das Vollständigkeitsgebot auch die durch die Prüfungsanordnung gesperrten Zeiträume enthalten muss. Die Auffassung, dass diese gesperrten Zeiträume miterklärt werden müssen, wäre aber nicht überzeugend, da es sich bei der Vorschrift des § 371 Abs. 2 Satz 2 AO systematisch um eine Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot handelt.[1] Solange diese Frage jedoch durch die Rechtsprechung nicht geklärt ist, besteht die sichere Lösung darin, bei einer Selbstanzeige auch die Zeiträume zu erklären, die von der Ankündigung der Betriebsprüfung umfasst sind.

 
Praxis-Beispiel

Prüfungsanordnung

Wenn die PA die ESt 2012 bis 2014 betrifft, so ist die PA für Selbstanzeigen ab 1.1.2015 kein Sperrgrund für eine Selbstanzeige für ESt 2011 oder ESt 2015. Es können aber andere Sperrgründe bestehen, die vorab im Einzelfall geprüft werden müssen (z. B. Tatentdeckung, § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO). Unklar ist, ob diese Erleichterung auch für Selbstanzeigen gilt, die vor dem 1.1.2015 abgegeben worden sind, aber in ihrer Wirksamkeit nach dem 31.12.2014 beurteilt werden.

Doch z...

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