Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufteilung der Einkommensteuer als Jahressteuer zwischen insolvenzfreiem Vermögen und Insolvenzmasse. Abzug des Grundfreibetrags von den insolvenzfreien Einkünften

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Sind in einem Veranlagungszeitraum mehrere insolvenzrechtliche Forderungskategorien betroffen, so ist die einheitlich ermittelte Einkommensteuerschuld im Verhältnis der Einkünfte aufzuteilen.

2. Der Grundfreibetrag gemäß § 32a EStG mindert im Rahmen der Aufteilung allein die auf das insolvenzfreie Vermögen entfallenden Einkünfte.

 

Normenkette

EStG §§ 32a, 2 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.01.2023; Aktenzeichen III R 44/20)

 

Tenor

1. Der Bescheid über Einkommensteuer für 2016 vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … und der Bescheid über Einkommensteuer für 2017 vom …, dieser zuletzt geändert am …, wird insoweit abgeändert, als der Beklagte für den Kläger für 2016 eine höhere Einkommensteuer als 1.323,59 Euro und für 2017 eine höhere Einkommensteuer als 3.256,42 Euro festgesetzt hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und der Beklagte je die Hälfte.

3. Das Urteil ist für den Kläger hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, wie die Einkommensteuer als Jahressteuer zwischen dem insolvenzfreien Vermögen des Klägers und der Insolvenzmasse aufgeteilt werden soll.

Der Kläger war gewerblich tätig. Er ermittelte den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Das Amtsgericht Dresden eröffnete 2013 über sein Vermögen das Insolvenzverfahren und bestellte den Beigeladenen zum Insolvenzverwalter. Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2016 und 2017 insolvenzfreie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abzüglich Werbungskosten in Höhe von 17.600 Euro (2016) und 17.840 Euro (2017).

Der Insolvenzverwalter reichte die Gewinnermittlungen ein und erklärte für 2016 und 2017 Einnahmen aus Insolvenzanfechtungen i.S.d. §§ 128 InsO in Höhe von 8.000 Euro (2016) und 547.461,79 Euro (2017). Für 2016 und 2017 ermittelte der Beklagte daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2016 in Höhe von 1.592 Euro und für 2017 in Höhe von 119.807 Euro.

Mit Bescheid vom … setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2016 in Höhe von 1.559 Euro fest. Aufgrund der Aufteilung der Einkommensteuer im Verhältnis der Masseforderung (1.592 Euro) zum insolvenzfreien Vermögen (Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, Euro 17.600) ermittelte er die vom Kläger zu tragende Einkommensteuer mit 1.429,68 Euro. Nach Anrechnung der einbehaltenen Lohnsteuer (1.169 Euro) lag die Zahlungsverpflichtung des Klägers bei 260,68 Euro. Der Beklagte fügte dem Bescheid ein Berechnungsblatt bei, wonach er die Steuer im Verhältnis der Teileinkünfte aufteilte und abrechnete:

InsV

Gesamtbetrag in Euro

Masseforderungen in Euro

Insolvenzfreies Vermögen in Euro

– Einkünfte aus Gewerbebetrieb

1.592,00

1.592,00

– Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit

17.600,00

17.600,00

– Teileinkünfte

19.192,00

1.592,00

17.600,00

Prozentualer Anteil

100,00 %

8,30 %

91,70 %

Einkommensteuer

1.559,00

129,32

1.429,68

Ebenfalls am … setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2017 in Höhe von 48.019,00 Euro fest. Nach Aufteilung der Einkommensteuer im Verhältnis der Masseforderung (119.807 Euro) zum insolvenzfreien Vermögen (Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, 17.840 Euro) und Abzug der bereits einbehaltenen Lohnsteuer in Höhe von 1.166,00 Euro belief sich der vom Kläger noch zu zahlende Betrag auf 5.057,59 Euro.

Der Beklagte wies die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide für 2016 und 2017 mit Einspruchsentscheidung vom …. zurück.

Am … erließ der Beklagte einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2017, in dem der Verlustrücktrag aus 2018 neu in Höhe von 20.916 Euro berücksichtigt wurde. Die Einkommensteuer für 2017 setzte er nunmehr in Höhe von 39.234,00 Euro fest, wobei gegen die Masse 33.237,87 Euro und gegen den Kläger 5.996,13 Euro festgesetzt wurden, so dass sich nach Abzug der bereits einbehaltenen Lohnsteuer in Höhe von 1.166,00 Euro der Zahlbetrag bezüglich der Einkommensteuer für den Kläger auf 4.830,13 Euro beläuft.

Der Beklagte fügte dem Bescheid ein Berechnungsblatt bei, wonach er die Steuer im Verhältnis der Teileinkünfte aufteilte und abrechnete:

InsV

Gesamtbetrag in Euro

Masseforderungen in Euro

Insolvenzfreies Vermögen in Euro

– Einkünfte aus Gewerbebetrieb

98.891,00

98.891,00

– Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit

17.840,00

17.840,00

– Teileinkünfte

116.731,00

98.891,00

17.840,00

Prozentualer Anteil

100,00 %

84,72 %

15,28 %

Einkommensteuer

39.234,00

33.237,87

5.996,13

Der Verlustrücktrag aus 2018 wurde vom Beklagten als im Bereich der Masse entstanden und daher vorrangig bei der Ermittlung der Masseeinkünfte berücksichtigt.

Der Kläger b...

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