Der Gewinn aus der Veräußerung einer Praxis oder eines Anteils an einer Praxis ist auch dann bereits im Zeitpunkt der Veräußerung zu versteuern, wenn der Veräußerungserlös in Form wiederkehrender Bezüge bezahlt wird. Rechtsprechung und Verwaltung räumen dem Steuerpflichtigen in diesen Fällen aber ein Wahlrecht ein, entweder den Kapitalwert der Rente zum Zeitpunkt der Betriebsveräußerung als Erlös anzusetzen oder die einzelnen Rentenzahlungen bei Zufluss als nachträgliche Betriebseinnahmen zu versteuern.Dies gilt jedoch nur, wenn es sich um Bezüge handelt, die lebenslang zu zahlen sind oder eine feste Laufzeit von mehr als 10 Jahren haben und primär der Versorgung oder bei besonders langer Laufzeit mindestens auch der Versorgung des bisherigen Betriebsinhabers oder Mitunternehmers dienen.[1]

Beim Verkauf einer Praxis oder eines Anteils an einer Praxis auf Leibrentenbasis kann der Veräußerer somit wählen, ob er den Veräußerungsgewinn sofort im Zeitpunkt des Verkaufs begünstigt nach §§ 16, 34 EStG oder nachträglich sukzessiv mit dem regulären Steuersatz bei Zufluss der Rente versteuert. Die Sofortbesteuerung ist der gesetzliche Normalfall und die Zuflussbesteuerung eine auf Billigkeitserwägungen beruhende Ausnahmeregelung.

 
Wichtig

Zuflussbesteuerung nur bei ausdrücklicher Wahl

Zu einer laufenden zeitlich gestreckten Besteuerung der betrieblichen Veräußerungsrente als nachträgliche Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit (sog. Zuflussbesteuerung) kommt es nur, wenn diese Art der Besteuerung ausdrücklich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung gewählt wird.[2]

 
Praxis-Tipp

Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts

Das Wahlrecht zugunsten der sukzessiven Besteuerung muss spätestens bis zur Bestandskraft der Einkommensteuerveranlagung des Jahres, in dem der Veräußerungsgewinn erzielt wurde, ausgeübt werden.[3]

Der BFH[4] hat entschieden, dass ein Antrag auf nachgelagerte Besteuerung auch noch im Einspruchsverfahren gegen einen geänderten Steuerbescheid gestellt werden kann, wenn dieser Antrag bei der ursprünglichen Veranlagung nicht gestellt worden ist. Das Wahlrecht kann auch noch im Einspruchsverfahren gegen einen gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten steuererhöhenden Bescheid ausgeübt werden. Wird ein solcher Änderungsbescheid angefochten, so folgt jedoch aus § 351 Abs. 1 AO, dass die Änderung der Antrags- bzw. Wahlrechtsausübung nur dann möglich ist, wenn die dadurch zu erzielende Steueränderung den durch die partielle Durchbrechung der Bestandskraft gesetzten Rahmen nicht verlässt.

1.1.1 Sofortbesteuerung

Wählt der Verkäufer die Sofortbesteuerung, wird die Differenz zwischen dem kapitalisierten Barwert der Rente (nach Abzug der vom Veräußerer getragenen Veräußerungskosten) und dem Buchwert des steuerlichen Kapitalkontos im Zeitpunkt der Veräußerung als tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn nach §§ 16, 34 EStG versteuert. Die später zufließenden Rentenzahlungen sind bei der Sofortbesteuerung beim Verkäufer nur noch mit ihrem Ertragsanteil gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG als sonstige Einkünfte steuerbar.

Erhöht sich die Rente später aufgrund einer Wertsicherungsklausel, ändert dies nichts an der Höhe des Veräußerungsgewinns. Eine steuerliche Auswirkung ergibt sich nur insoweit, als der Ertragsanteil der Rente unter Einbeziehung des Erhöhungsbetrags berechnet wird, wobei der bisherige Prozentsatz unverändert bleibt.

 
Praxis-Beispiel

Verkauf einer Einzelpraxis gegen Leibrente

Steuerberater V hat am 1.1.2019 seine Steuerberatungspraxis an K gegen Zahlung einer monatlichen Leibrente von 2.500 EUR veräußert. V war bei Beginn der Rente 60 Jahre alt. Sein steuerliches Kapitalkonto betrug im Zeitpunkt der Veräußerung 184.300 EUR.

Bei Wahl der Sofortbesteuerung entsteht V ein Veräußerungsgewinn in Höhe der Differenz zwischen dem Rentenbarwert von 384.300 EUR und seinem steuerlichen Kapitalkonto von 184.300 EUR, also i. H. v. 200.000 EUR:

 
Jahresbetrag der Rente: 12 x 2.500 EUR = 30.000 EUR EUR
Vervielfältiger nach dem Lebensalter von V[1]= 12,810  
Barwert somit: 30.000 EUR x 12,810 = 384.300
Buchwert des steuerlichen Kapitalkontos ./.184.300
begünstigter Veräußerungsgewinn 200.000
 
Hinweis

Sofortbesteuerung

Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn von 200.000 EUR ist entweder nach der Fünftel-Regelung oder auf Antrag mit 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes, mindestens jedoch mit 14 % zu versteuern. .[2] Die ab 1.1.2019 zufließenden Rentenzahlungen unterliegen ...

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