rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Neue Tatsachen im Sinne des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO bei der Eigenheimzulage

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO.
  2. Waren dem Finanzamt bei Erteilung des Bescheides über die Eigenheimzulage bereits alle Umstände bekannt, die es später zum Anlass genommen hat, den Bescheid nach § 173 Abs. 1 AO zu ändern, so scheidet eine Änderung aufgrund des nachträglichen Bekanntwerdens neuer Tatsachen aus.
  3. Sog. Hilfstatsachen sind allenfalls dann geeignet, eine neue Tatsache i.S.d. § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu begründen, wenn sie einen sicheren Schluss auf die Haupttatsache ermöglichen.
 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1995, 1996, 1997, 1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.06.2005; Aktenzeichen IX R 75/03)

BFH (Urteil vom 09.06.2005; Aktenzeichen IX R 75/03)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist nicht verheiratet und wird zur Einkommensteuer einzeln veranlagt. Sie hat zwei Kinder, ihren leiblichen Sohn B, geb. am 16.07.1992, und als Pflegesohn den am 25.12.1994 geborenen S-K. Von dem Vater ihres Sohnes B, A-J, erwarb sie mit Kaufvertrag vom 22.12.1995 eine von zwei Eigentumswohnungen in seinem Haus in S zum Preis von DM 106.250,00. Die Klägerin zog noch im Dezember 1995 in die Wohnung ein. Die im unteren Haus belegene Wohnung bewohnte der Kindesvater. Beide Wohnungen waren jeweils durch zunächst provisorisch eingebaute Türen abgeschlossen. Mit Datum vom 08.02.1996 erteilte der Landkreis…eine Abgeschlossenheitsbescheinigung für die Wohnung der Klägerin. In 1998 ließ sie in ihre Wohnung als Wohnungsabschluss eine Falttüranlage einbauen. Hintergrund war, die Kinder in beiden Wohnungen gemeinsam betreuen zu können. Daneben wollte die Klägerin die Möglichkeit behalten, ihre Wohnung bei Bedarf abschließen zu können.

Mit Bescheid vom 14.05.1996 gewährte der Beklagte der Klägerin eine Eigenheimzulage in Höhe der Grundförderung und der Kinderzulage für das Pflegekind S. Für das leibliche Kind B wurde die Kinderzulage nicht gewährt, da dieser nach den Angaben in den Steuererklärungen zum Haushalt seines Vaters gehörte. Mit Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 17. März 1998 (Az. I 24/1997) wurde der Klägerin die Eigenheimzulage auch unter Berücksichtigung der Kinderzulage für den Sohn B zugesprochen.

Im Laufe des dem Urteil vorangegangenen Rechtsmittelverfahrens waren beim Beklagten Zweifel aufgekommen, ob es sich bei der Wohnung der Klägerin tatsächlich um eine abgeschlossene Wohnung i.S.d. Eigenheimzulagengesetzes gehandelt habe und die Voraussetzungen für die Gewährung der Eigenheimzulage vorgelegen haben. Eine von dem Beklagten in Aussicht gestellte Besichtigung der Wohnung lehnte die Klägerin ab. Bei der äußeren Besichtigung des Hauses stellte der Beklagte fest, dass an dem Gebäude jeweils nur eine Hausnummer und ein Klingelknopf vorhanden war. Eine Rücksprache mit dem Landkreis ergab, dass die Abgeschlossenheitsbescheinigung lediglich aufgrund einer eingereichten Bauzeichnung erteilt worden war und eine Nachschau nicht stattgefunden hatte. Unterlagen und Fotos, mit denen die Klägerin die Abgeschlossenheit der Wohnung gegenüber dem Beklagten nachweisen sollte, legte sie nicht vor.

Mit Bescheid vom 25.10.1999 erließ der Beklagte einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid über Eigenheimzulage ab 1995 und setzte die Eigenheimzulage auf DM 0,00 fest. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin trägt vor, ihre Wohnung sei ebenso wie die von A-J von Beginn an durch eine Tür abgeschlossen gewesen. Dies ergebe sich auch aus den Bauzeichnungen und den gesonderten Abrechnungsbescheiden der Gemeinde. Die Abtrennungen seien aus pragmatischen Gründen so gestaltet gewesen, dass es möglich gewesen sei, die Kinder problemlos in beiden Haushalten zu betreuen. Eine zweite Klingel sei nicht erforderlich gewesen, da an der Haustür ein Türklopfer mit dem Namensschild „A-J” angebracht sei. Eine weitere Hausnummer habe erst nach Erteilung durch die Gemeinde angebracht werden können. Einer Nachschau in der Wohnung habe sie nicht zugestimmt, da einige Jahre zuvor ihre Mietwohnung gegen ihren Willen und für sie völlig überraschend von dem Vermieter abgerissen worden sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 25. Oktober 1999 und den Einspruchsbescheid vom 10. Juli 2001 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, der Klägerin stünde eine Eigenheimzulage nicht zu, da sie nicht nachgewiesen habe, dass ihre Wohnung tatsächlich abgeschlossen gewesen sei. Die Voraussetzungen für die Änderung des die Eigenheimzulage bewilligenden Bescheides lägen vor, da die Klägerin ihrer Mitwirkung zum Nachweis der Abgeschlossenheit durch Verweigerung einer Nachschau nicht nachgekommen sei und insofern Indizien vorlägen, die darauf schließen lassen, dass die Wohnung tatsächlich nicht abgeschlossen gewesen sei. Diese Indizien begründeten eine neue...

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