vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 37/14)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerpflicht der Verpachtung von Einrichtungsgegenständen eines Seniorenwohnheims

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Umsätze aus der Vermietung des beweglichen Inventars des Seniorenwohnparks X sind wie auch die Vermietung des Gebäudes nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei.
  2. Die nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreien Umsätze umfassen nicht nur die Grundstücksvermietung und die Vermietung des Gebäudes, sondern auch die Überlassung des Mobiliars. Hierbei handelt es sich um eine Nebenleistung zur steuerfreien Vermietung.
  3. Es gilt der Grds., dass jeder Umsatz in der Regel als eigenständige, selbständige Leistung zu betrachten ist. Indes darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden.
 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 12 Buchst. a

 

Streitjahr(e)

2006, 2007, 2008, 2009, 2010

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.11.2015; Aktenzeichen V R 37/14)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Umsatzsteuerpflicht der Verpachtung von Einrichtungsgegenständen eines Seniorenwohnheims.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Seniorenwohnparks X. Der Seniorenwohnpark enthält 50 Apartments und 10 Pflegezimmer auf einer Pflegestation mit insgesamt 63 Betten.

Mit Vertrag vom 01.08.2003 hat die Klägerin diesen Seniorenwohnpark an Frau A verpachtet. Ausweislich des Pachtvertrages beträgt der Pachtzins für das Grundstück und die Gebäude des Seniorenwohnparks 50.000 € monatlich. Gleichzeitig hat die Klägerin das bewegliche Inventar des Seniorenwohnparks für 6.000 € mitverpachtet. Lt. Ziff. 4.1 des Vertrages vom 01.08.2003 beinhaltet der Betrag von 6.000 € die „gesetzliche Mehrwertsteuer”. Hinsichtlich der verpachteten Einrichtungsgegenstände bestimmt der Vertrag in den Ziffern 5 und 8, dass die Pächterin für zerstörte, sonst unbrauchbare oder bei Pachtende fehlende Gegenstände Ersatz oder Vergütung schuldet.

Mit ihren Umsatzsteuererklärungen 2006 – 2010 meldete die Klägerin die aus der Verpachtung der Einrichtungsgegenstände erzielten Entgelte, die darauf entfallende Umsatzsteuer und die für ihr gesamtes Unternehmen festzusetzende Umsatzsteuer an:

Die Anmeldungen standen einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, §§ 168, 164 AO. Mit Vereinbarung vom 01.01.2011 kam die Klägerin mit der Pächterin überein, dass die Verpachtung der Einrichtungsgegenstände zum 31.12.2010 endete. Mit ihrer Umsatzsteuererklärung 2011 meldete sie demgemäß keine umsatzsteuerpflichtigen Entgelte mehr an.

Mit Schreiben vom 14.05.2010 beantragte die Klägerin unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 20.08.2009 – VR 21/08 – die Verpachtung der Einrichtungsgegenstände als Nebenleistung zur Verpachtung des Grundstücks als umsatzsteuerfrei zu behandeln und die Umsatzsteuerfestsetzungen entsprechend zu berichtigen. Der Beklagte (das Finanzamt – FA -) lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 02.06.2010 ab. Zur Begründung wies das FA darauf hin, dass es sich bei der Entscheidung des BFH vom 20.08.2009 – VR 21/08 – um eine Einzelfallentscheidung handele, die von der Finanzverwaltung nicht anzuwenden sei.

Hiergegen hat die Klägerin Einspruch eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, Gegenstand des Pachtvertrages sei die Gebrauchsüberlassung eines funktionsfähigen Seniorenwohnheims als einheitliche Leistung gewesen. Bei ca. 80 % des Inventars handele es sich um Pflegebetten – spezielle Nachtschränke etc. -, die zu den Vermietungsumsätzen des Heims näher im Zusammenhang stehen als Einrichtungsgegenstände im weiteren Sinne. Es sei im Übrigen üblich, dass das als Pflegeheim betriebene Gebäude komplett ausgestattet und eingerichtet verpachtet würde. Ein Wertverhältnis von 10 – 15 % der Einrichtungsgegenstände zum Gesamtwert des Grundstücks könne als üblich angesehen werden.

Mit Bescheiden vom 11.04.2012 hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung der Umsatzsteuerfestsetzungen 2007 – 2010 auf. Gegen den Bescheid für 2010 hat die Klägerin ebenfalls Einspruch eingelegt und zur Begründung auf ihren Einspruch gegen die ablehnende Entscheidung des FA für die Jahre 2006 – 2009 verwiesen.

Mit Einspruchsbescheid vom 05.10.2012 hat das FA den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Der Begriff des Grundstücks in § 4 Nr. 12 UStG stimme grundsätzlich mit dem Grundstücksbegriff des BGB überein. Demnach umfasse ein Grundstück den Grund und Boden und die damit fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude (§§ 93 ff BGB). Bewegliche Sachen, wie z. B. Einrichtungsgegenstände, seien keine Grundstücksteile. Vor diesem Hintergrund erstrecke sich die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG regelmäßig nicht auf verpachtete Einrichtungsgegenstände. Entscheidend sei, dass im Streitfall die beiden Leistungen (Vermietung vom Grundstück und Gebäude einerseits und Vermietung des Inventars andererseits) einen eigenen wirtschaftlichen Gehalt hätten. Die Einrichtung sei zum Betrieb ein...

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