vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Organschaft zwischen einer KG und ihrer Komplementärin

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft.
  2. Ist die umsatzsteuerliche Organschaft gegeben, sind die von der Organgesellschaft bewirkten Umsätze an Dritte dem Organträger zuzurechnen und die Leistungen untereinander unterliegen als nicht steuerbare Innenumsätze nicht der USt.
  3. Für die Annahme einer Organschaft ist es nicht erforderlich, dass alle drei in § 2 Nr. 2 UStG genannten Merkmale einer Eingliederung sich gleichermaßen deutlich feststellen lassen.
  4. Nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse kann die Selbstständigkeit auch dann fehlen, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ist.
  5. Eine finanzielle Eingliederung ist gegeben, wenn der Organträger eine Mehrheit von mehr als 50 % der Stimmen an der Organgesellschaft hat.
  6. Die organisatorische Eingliederung setzt voraus, dass der Organträger eine von seinem Willen abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft verhindern kann.
  7. Bei Personal- und Organidentität zwischen Organträger und Organgesellschaft ist der Wille des Organträgers i.d.R. auch der Wille der Organgesellschaft.
  8. Zu der Frage, ob eine GmbH, die an einer KG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, als Organgesellschaft in das Unternehmen dieser KG eingegliedert sein kann.
 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2 S. 1, Abs. 2 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2001

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.04.2010; Aktenzeichen V R 9/09)

 

Tatbestand

Die Klägerin wurde 1992 gegründet. Sie betrieb bis 1997 ein Pflegeheim. Zum 31.12.1997 wurden in die Klägerin die GbR 1 - 3 der S-Gruppe mit allen Aktiven und Passiven zu Buchwerten eingebracht. Danach betrieb die Klägerin bis 2000 verschiedene Alten- und Pflegeheime. Kommanditisten der Klägerin waren im Streitjahr Olaf, Paul und Charlotte S mit einer Einlage von je 300.000 DM. Am 11.12.1996 wurde die Erhöhung der Kommanditeinlage auf je 600.000 DM eingetragen. Komplementärin der Klägerin war die H-GmbH - GmbH ohne Einlage und ohne Beteiligung am Gewinn und Verlust. Gesellschafter der GmbH waren mit gleichen Anteilen die Kommanditisten der Klägerin. Geschäftsführer war Olaf S. Die GmbH erhielt neben den Kosten der Geschäftsführung eine Haftungsvergütung von 10 % des Stammkapitals von 50.000 DM.

Ende des Jahres 2000 wurde das operative Geschäft von der Klägerin auf die GmbH verlagert. Seitdem betrieb die GmbH die verschiedenen Altenheime und Pflegeheime und erbrachte als wesentlichen Teil ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit umsatzsteuerfreie Pflegeleistungen gegenüber psychisch kranken Menschen im eigenen Namen und für eigene Rechnung. Für diesen Teil ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit verwandte sie einen von ihrer Tätigkeit als Komplementärin der KG abweichenden Briefkopf. Gegenüber dieser wirtschaftlichen Tätigkeit trat ihre Tätigkeit als Komplementärin der Klägerin in den Hintergrund. Ab 2004 schied sie als Komplementärin aus der Klägerin aus.

Die Klägerin vermietete an die GmbH im Streitjahr ein auf fremden Grund und Boden befindliches Grundstück zum Betrieb der Alten- und Pflegeheime und stellte entgeltlich das technische Personal, das Verwaltungspersonal und das Inventar für alle Häuser zur Verfügung. Ferner erledigte sie Verwaltungsaufgaben und Hausmeisterserviceleistungen für die GmbH.

Die Klägerin ging davon aus, dass zwischen ihr und ihrer Komplementärin, der GmbH, eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft bestand und gab keine Umsatzsteuererklärung ab. Nach einer Außenprüfung erkannte der Beklagte die Organschaft nicht an. Er ging davon aus, dass die Klägerin gegenüber der GmbH steuerpflichtige Leistungen erbracht hatte und setzte die Umsatzsteuer entsprechend fest. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Voraussetzungen für eine Organschaft lägen vor. Die GmbH sei an ihrem Vermögen nicht beteiligt. Sie sei zur Leistung einer Einlage nicht verpflichtet gewesen, verfüge gemäß § 12 Abs. 1 der Satzung über kein Stimmrecht und sei in ihrer Geschäftsführung gemäß § 8 der Satzung bei allen Geschäften, die über den üblichen Rahmen des Geschäftsbetriebes hinausgingen, beschränkt und von der Einwilligung der Gesellschafterversammlung abhängig. Eine finanzielle und organisatorische Eingliederung sei gegeben, da beide Gesellschaften, sie und die GmbH, von denselben Personen im selben Verhältnis beherrscht würden. Damit liege eine mittelbare Beteiligung im Sinne der Rechtsprechung des BFH mit Urteil vom 19. Mai 2005 (V R 31/03) vor.

Die GmbH könne ihr gegenüber wie gegenüber fremden Dritten auftreten, da sie von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sei. Die GmbH sei neben ihrer Tätigkeit als Komplementärin hauptsächlich als Betriebsgesellschaft für die einzelnen Sanatorien tätig gewesen. Hierzu habe sie von ihr Grundstücke gepachtet und das bei ihr angestellte Personal der einzelnen Häuser ge...

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