vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedeutung der amtlichen AfA-Tabellen für die Bestimmung des AfA-Satzes

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die AfA-Tabellen berücksichtigen sowohl die technische als auch die wirtschaftliche Nutzungsdauer eines WG und haben die Vermutung der Richtigkeit für sich, ohne dass sie für die Gerichte bindend wären.
  2. Wenn ein FG von der in der amtlichen AfA-Tabelle zu Grunde gelegten Nutzungsdauer eines WG generell und nicht nur wegen der Besonderheiten des Einzelfalls abweichen, erfordert dies eine Auseinandersetzung mit den Erkenntnisgrundlagen der FinVerw, auf denen die AfA-Tabelle beruht. Entsprechendes gilt für die am Besteuerungsverfahren Beteiligten.
  3. Die AfA-Tabellen des BMF haben für das FA den Charakter einer Dienstanweisung.
  4. Solange die AfA-Tabelle die Nutzungsdauer eines WG im Einzelfall vertretbar abbildet, ist die FinVerw an die Erfahrungswerte der Tabelle i.R. einer tatsächlichen Verständigung gebunden.
 

Normenkette

EStG § 7 Abs. 4 S. 2

 

Streitjahr(e)

2008, 2009, 2010

 

Tatbestand

Streitig ist die Bestimmung des AfA – Satzes für eine Kartoffelhalle.

Kläger sind die Ehefrau und die Erben des mittlerweile verstorbenen A.. Der Verstorbene erzielte in den Streitjahren u.a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Im Oktober 2006 errichtete er die streitbefangene Kartoffelhalle.

In den Jahresabschlüssen zu den Steuererklärungen 2006 und 2007 (eingegangen beim Finanzamt in 2008 bzw. 2009) war der Verstorbene zunächst – nach eigenen Angaben irrtümlich - von einer Nutzungsdauer von 33 Jahren ausgegangen (AfA – Satz 3 % auf 95.188 €). Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007 wurden bestandskräftig.

In dem im April 2010 erstellten Abschluss für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 wurde ein erhöhter AfA – Satz von 6% entsprechend einer Nutzungsdauer von 17 Jahren geltend gemacht und mit der Leichtbauweise der Halle begründet. Eventuell zwischenzeitlich eingetretene Umstände, die eine Verkürzung der restlichen Nutzungsdauer rechtfertigen könnten, wurden nicht vorgetragen.

Im Rahmen einer durchgeführten Betriebsprüfung zog der Beklagte die zuständige Bausachverständige des Finanzamts Braunschweig - Wilhelmstraße hinzu. Die Bausachverständige beschreibt die Konstruktion der Halle in ihrer Stellungnahme vom 15. Mai 2013 wie folgt:

„Bei dieser Halle handelt es sich um eine Standard – Stahlhalle SHP 200 mit Kragdach. Als tragende Gebäudekonstruktion ist ein Stahlgelenkrahmen aus genormten Profilen vorhanden. Die Fundamente bestehen aus Stahlbeton in Verbindung mit einer Sohlplatte. Der Wandsockel (0,50 m) ist aus Klinkermauerwerk hergestellt und als Außenfassade, Dacheindeckung und Kragdach der Halle sind polyesterbeschichtete Trapezbleche vorhanden. In der Außenfassade befinden sich 2 Sektionaltore von jeweils 23 qm Fläche und eine Fluchttür.”

Aufgrund der Gebäudekonstruktion, der Stärke der Stahlprofile, der verarbeiteten Baumaterialien u.s.w. stellte die Bausachverständige anhand einer Bewertungsrichtlinie für die Lagerhalle eine Gesamtnutzungsdauer von 40 bis 60 Jahren fest (entsprechend Typ 30 oder 31 der NHK 2000 der Bewertungsrichtlinie 2006).

Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde daraufhin eine AfA in Höhe von 4 % berücksichtigt, da die Halle nicht eindeutig der Leichtbauweise bzw. der massiven Bauweise zugeordnet werden konnte. Gegen die entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheide 2008 – 2010 wurde fristgerecht Einspruch eingelegt. Zur Begründung wurde vorgetragen, die Halle sei in Leichtbauweise errichtet worden. Hierfür sähen die amtlichen AfA – Tabellen, die für die Finanzverwaltung bindend seien, eine AfA in Höhe von 6 % vor (BdF vom 19. November 1996, IV A 8 – S 1551-122/96, S 2230-42-St 215, S 2191-1-St 215, BStBl. I 1996, 1416, Tz 2.6.21.2 der landwirtschaftlichen Tabelle).

Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2013 wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass nach Tz 2 der Vorbemerkungen zu den vom BMF erstellten AfA – Tabelle die angegebene Nutzungsdauer lediglich als Anhaltspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit der steuerlichen AfA diene. Nach den Feststellungen der Bausachverständigen liege die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der hier strittigen Halle weit über dem doppelten einer üblichen Leichtbauhalle. Eine Übernahme der für Leichtbauhallen vorgegebenen AfA - Sätze sei demnach nicht geboten. Es sei den Klägern jedoch unbenommen, anhand von detaillierten Baubeschreibungen des Herstellers bzw. einem eigenen Sachverständigengutachten die behauptete kurze Lebensdauer der Halle zu begründen. Da das beklagte Finanzamt den AfA – Satz der Betriebsprüfung in Höhe von 4 % für zu hoch hielt, drohte es schließlich den verbösernden Ansatz des AfA – Satzes von 3 % an, sofern nicht anderweitige Nachweise vorgelegt würden.

Diesbezüglich legten die Kläger ein Schreiben des Verkaufsbüros der Lieferfirma vom 19. August 2013 vor. Dieses Schreiben hat folgenden Inhalt:

„Die Halle von Herrn A. wurde in sogenannter Leichtbauweise errichtet. Die Konstruktion ist ein ents...

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