• 2019

Ermäßigter Steuersatz für Bahntickets/Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht/§ 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. a UStG

 

Es stellt sich die Frage, ob die uneingeschränkte Ermäßigung des Steuersatzes für Bahntickets auf 7 % gegenüber anderen Verkehrsarten mit den unionsrechtlichen Regelungen vereinbar ist. Dies dürfte zu bejahen sein. Es liegt weder ein Verstoß gegen den unionsrechtlichen Neutralitätsgrundsatz noch ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Beihilfeverbot vor. Nach dem Neutralitätsgrundsatz dürfen gleichartige Gegenstände bzw. Dienstleistungen hinsichtlich der MwSt nicht unterschiedlich behandelt werden. Eine Gleichartigkeit von Schienenbahnverkehr und anderen Verkehrsarten besteht nicht. Der Schienenbahnverkehr dient aufgrund seiner andersartigen rechtlichen Rahmenbedingungen der Befriedigung besonderer Bedürfnisse des Durchschnittsverbrauchers. Auch stellt die Steuersatzermäßigung vor dem Hintergrund der insoweit bestehenden unionsrechtlichen Regelungen keine unzulässige Beihilfe dar.

(so Küffner/Zugmaier, Darf der deutsche Gesetzgeber den Umsatzsteuersatz für Bahntickets auf 7 % senken?, DStR 2019, 2609)

• 2020

Ermäßigter Steuersatz / Zweckbetriebe von gemeinnützigen Körperschaften / Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht / § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG

 

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen die Leistungen von Zweckbetrieben gemeinnütziger Körperschaften dem ermäßigten Steuersatz. Keine Geltung hat dies, wenn diese primär der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dienen, die im Wettbewerb mit nicht begünstigten Umsätzen anderer Unternehmer stehen. Die Regelung steht im Widerspruch zu Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Nr. 15 MwStSystRL. Danach sind - im Gegensatz zu § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG - nicht alle Leistungen von Zweckbetrieben begünstigt, sondern nur die jeweiligen Leistungen für gemeinnützige Zwecke. Eine richtlinienkonforme Auslegung von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG scheidet aufgrund des eindeutigen Wortlauts aus. Vor diesem Hintergrund kann in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG eine unionsrechtswidrige Beihilfe zu sehen sein. Folge kann auch eine negative Konkurrentenklage durch den jeweiligen betroffenen Marktteilnehmer sein. Auch der BFH hat § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG mit Urteil v. 23.7.2019, XI R 2/17 vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Regelungen einschränkend ausgelegt. Danach sind andere als gemeinnützige Leistungen vom Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes ausgeschlossen. Veröffentlicht wurde das BFH-Urteil bisher allerdings noch nicht. Gemeinnützige Einrichtungen sollten von daher prüfen, ob die entsprechenden Umsätze ihrer Zweckbetriebe tatsächlich noch unter den ermäßigten Steuersatz fallen.

(so Bihler, Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes bei gemeinnützigen Körperschaften - Aktuelle Rechtsprechung und praktische Handlungsempfehlungen, NWB 2020, 892)

Ermäßigter Steuersatz / Fährverkehr / Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks / § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG

 

Bis zum 31.12.2019 bezog sich die Steuerermäßigung für den Fährverkehr nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG sowohl auf die Beförderung von Personen als auch allein auf die Beförderung von Sachen. Dies war mit Art. 98 i.V.m. Anhang III Nr. 5 MwStSystRL nicht vereinbar. Erfasst hiervon wurde nur die Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks. Da dieser Verstoß nicht aufgegriffen wurde, galt für den Unternehmer das günstigere nationale Recht. § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG wurde mit Wirkung vom 1.1.2020 neu gefasst. Nunmehr fällt auch der Schienenbahnfernverkehr unter die Steuerermäßigung. Des Weiteren hat die Neufassung dazu geführt, dass nunmehr auch die Steuerermäßigung für den Fährverkehr auf die Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks beschränkt ist. Damit entspricht die Regelung zwar dem Unionsrecht. Da sich in der Gesetzesbegründung insoweit aber keine entsprechenden Ausführungen finden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Änderung insoweit ungewollt erfolgt ist.

(Frye, Nachteilige Nebenwirkungen für den Fährverkehr durch Steuersenkung für Bahnfahrten im Fernverkehr, UVR 2020, 169)

Ermäßigter Steuersatz für den Personen-Schienenverkehr / Verletzung des Gleichheitssatzes gegenüber anderen Beförderungsarten / § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG

 

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegt nunmehr nicht nur der Schienennahverkehr, sondern auch der Schienenfernverkehr dem ermäßigten Steuersatz. Bei anderen Beförderungsmitteln ist dagegen nur der Nahverkehr begünstigt. Fraglich ist, ob diese Differenzierung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Daran dürften Zweifel bestehen. Die differenzierte Anwendung des ermäßigten Steuersatzes muss den Kriterien der Verhältnismäßigkeit genügen. Hierfür sind Gesichtspunkte nicht erkennbar. Unionsrechtlich ist es auch nicht zulässig, gleichartige Gegenstände oder Dienstleistungen, die miteinander in Wettbewerb stehen, unterschiedlich zu behandeln. Zweifelhaft dürfte sein, ob die vorgenommene Gesetzesänderung diesen Grundsä...

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