• 2019

Verfahrensdokumentation / Rechtsgrundlage / § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO

 

Nach dem BMF-Schreiben v. 14.11.2014, BStBl I 2014, 1450 ist für jedes Datenverarbeitungssystem eine Verfahrensdokumentation zu erstellen. Fraglich ist, ob es hierfür eine gesetzliche Grundlage gibt. Dies dürfte zu verneinen sein. Es besteht keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage hinsichtlich der Erstellung einer Verfahrensdokumentation. Daran ändert auch § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO nichts. Nach dieser Vorschrift hat der Stpfl. keine Verfahrensdokumentation zu erstellen, sondern nur die zum Verständnis des Datenverarbeitungssystems erforderlichen Arbeitsanweisungen und Organisationsunterlagen, wie z. B. Programmierprotokolle, aufzubewahren. Auch das obige BMF-Schreiben kann als Verwaltungsvorschrift insoweit keine Rechtsgrundlage sein. Von daher kann vom Stpfl. weder die Erstellung noch die Vorlage einer Verfahrensdokumentation verlangt werden mit der Folge, dass deren Fehlen keinen formellen Mangel darstellt, der zu einer Schätzungsbefugnis der FinVerw führt. Demgegenüber stellt nach Auffassung der FinVerw § 145 Abs. 1 Satz 1 AO die Rechtsgrundlage für die Erstellung der Verfahrensdokumentation dar. Fehlt diese oder ist sie ungenügend, ist grundsätzlich zu schätzen. Eine Ausnahme gilt dann, wenn hierdurch die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der Buchführung nicht beeinträchtigt wird.

(so Brete, Das Märchen von der Verfahrensdokumentation, DStR 2019, 258)

Datenzugriff / Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte / § 147 Abs. 6 AO

 

Das FG Münster hat mit Urteil v. 28.6.2018, 6 K 1929/15 AO – die Revision wurde nicht zugelassen - entschieden, dass eine Apothekerin, die ein modernes PC-Kassensystem nutzt und in diesem Zusammenhang sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet und langfristig speichert, auch zur Einzelaufzeichnung ihres Warenverkaufs verpflichtet ist. Sie kann sich nicht auf die Unzumutbarkeit der Verpflichtung zur Einzelaufzeichnung berufen. Auch § 144 AO beinhaltet keinen gesetzlichen Einzelaufzeichnungsverzicht für den Einzelhandel. Die FinVerw darf im Rahmen einer Außenprüfung die entsprechenden Daten auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Prüfung anfordern. Geltung hat dies auch dann, wenn sich der Stpfl. – wie z.B. ein Apotheker - auf Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte nach §§ 102, 104 AO berufen kann. In diesen Fällen ist der Stpfl. verpflichtet, seine elektronisch gespeicherten Datenbestände vorab so zu organisieren, dass die dem Berufsgeheimnis unterliegenden Daten vor dem Zugriff der FinVerw geschützt bleiben. Unterlässt der Stpfl. dies, steht dies dem Zugriff der FinVerw auf die gespeicherten Daten nicht entgegen. Der Stpfl. hat allerdings die Möglichkeit, die zu schützenden Daten für Zwecke der Durchführung der Außenprüfung noch nachträglich zu trennen. Ist dem Stpfl. dies nicht oder nicht mehr möglich, kann er dem Betriebsprüfer den Zugriff auf die entsprechenden Daten nicht verweigern. Werden versehentlich dem Berufsgeheimnis unterfallende Daten überlassen, begründet dies kein Verwertungsverbot. Ergangen ist das Urteil des FG Münster zu § 147 Abs. 6 AO a. F. Es dürfte auch für § 147 Abs. 6 AO n. F. gelten.

(so Pieske-Kontny, Vorlageverlangen zu elektronisch erstellten Kasseneinzeldaten eines Apothekers – FG Münster, Urteil v. 28.6.2018 – 6 K 1929/15 AO, NWB 2019, 1281)

Verfahrensdokumentation/Rechtsgrundlage/Schätzung/§ 147 AO

 

Mit BMF-Schreiben v. 28.11.2019, BStBl I 2019, 1269 wurden die neuen GoBD verkündet. Diese äußern sich u.a. auch zu den Anforderungen an eine Verfahrensdokumentation. Vorzuhalten ist diese für jedes im Einsatz befindliche DV-System. Aus dieser müssen der Inhalt, der Aufbau, der Ablauf und die Ergebnisse des DV-Verfahrens vollständig und schlüssig ersichtlich sein. Weitergehende Angaben zum Umfang der Verfahrensdokumentation werden nicht gemacht. Von daher dürfte eine vorhandene Verfahrensdokumentation, welche die genannten Grundsätze abbildet, nicht allein schon wegen ihres Umfangs falsch sein, zumal etwaige Unklarheiten auch später geklärt werden können. Aus steuerstrafrechtlicher Sicht sollte in der Verfahrensdokumentation im Hinblick auf die Zuständigkeiten für einzelne Prozessschritte eine namentliche Benennung von Mitarbeitern nicht erfolgen. Ist eine Verfahrensdokumentation nicht vorhanden, kann dies nach Auffassung der FinVerw zur Fehlerhaftigkeit bis hin zur Verwerfung der Buchführung führen. Folge ist dann eine entsprechende Schätzung. Diese Auffassung der FinVerw dürfte zweifelhaft sein, da keine gesetzliche Pflicht zur Erstellung einer Verfahrensdokumentation besteht. Von daher dürfte eine Schätzungsbefugnis nur bestehen, wenn die FinVerw formelle Mängel hinsichtlich der Buchführung nachweisen kann, die zu Zweifeln an der sachlichen Richtigkeit der Buchführung führen. Aus praktischer Sicht sollte aber eine Verfahrensdokumentation erstellt werden. Es ist davon auszugehen, dass die FinVerw insbesondere im Rahmen von Betriebsprüfungen immer häufiger...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Basic. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge