• 2023

Zuflussfiktionen ohne tatsächlichen Geldfluss / § 11 EStG

 

Werden zivilrechtlich entstandene Zinsansprüche nicht ausgezahlt, sondern nur in den Büchern des Schuldners buchmäßig als Schuldverpflichtung erfasst, stellt sich die Frage, ob es auch in diesen Fällen zu einem Zufluss i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG kommen kann. Dies ist vor dem Hintergrund des Urteils des BFH v. 12.7.2022, VIII R 18/19 zu bejahen. Ein Zufluss durch Gutschrift in den Büchern des Schuldners ist anzunehmen, wenn dieser die Gutschrift derart separiert, dass der Gläubiger den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun herbeiführen kann, indem er z.B. die entsprechenden Beträge abruft oder verrechnet. Der Gläubiger muss den Leistungserfolg aus eigenem Willen herbeiführen können. Ist die buchhalterische Erfassung nicht vereinbart, bedarf es einer entsprechenden Mitteilung. Außerdem muss der Schuldner leistungswillig und leistungsfähig sein. Vorliegen kann auch ein Zufluss durch Novation, sofern diese im überwiegenden Interesse des Gläubigers erfolgt. Die Novation verlangt eine vertragliche Vereinbarung, wonach die stehengelassenen Darlehenszinsen in ein Darlehen umgewandelt werden. Auch hier ist Voraussetzung für den Zufluss die Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Kein Zufluss liegt vor, wenn die Novation im überwiegenden Interesse des Schuldners erfolgt. Besonderheiten gelten bei beherrschenden Gesellschaftern. Zufluss ist hier bereits gegeben im Fälligkeitszeitpunkt, sofern die Gesellschaft zahlungsfähig ist. Von Zahlungsunfähigkeit ist in diesen Fällen nur auszugehen, wenn über die Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und keine liquiden Mittel mehr vorhanden sind. Vor dem Hintergrund des obigen BFH-Urteils ist erkennbar, dass die FinVerw versucht, den Zuflussbegriff möglichst weit auszulegen. Von daher sind entsprechende Sachverhaltsermittlungen erforderlich.

(so Lohr/Casper, Zufluss nicht ausgezahlter Zinsansprüche i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG – BFH zur Anerkennung von Zuflussfiktionen ohne tatsächlichen Geldfluss, NWB 2023, 537)

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