• 2022

Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Aussetzungszinsen / § 237 AO

 

Das BVerfG hat entschieden, dass die Verzinsung nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2014 der Höhe nach verfassungswidrig ist und dem Gesetzgeber aufgegeben, für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume bis zum 31.7.2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu schaffen. Begründet hat das BVerfG dies damit, dass vor dem Hintergrund der Verfestigung des Niedrigzinsniveaus ab dem Jahr 2014 eine realitätsgerechte Abschöpfung des Zinsvorteils nicht mehr vorliegt. Fraglich ist, ob dies nicht auch für Aussetzungszinsen gelten muss. Dies dürfte zu bejahen sein. Zum einen hat das BVerfG über die Aussetzungszinsen eigentlich nicht entschieden. Es hatte Zweifel, ob es zur Prüfung der Aussetzungszinsen überhaupt berechtigt war. Aus der mittelbaren Äußerung des BVerfG in den Urteilsgründen dahingehend, dass der Stpfl. bei Aussetzungszinsen die Wahl habe, den Zinssatz hinzunehmen oder nicht, dürfte nicht zwingend zu folgern sein, dass der Zinssatz von 6 % insoweit akzeptabel ist. Zum anderen dürfte die Annahme des BVerfG hinsichtlich eines insoweit bestehenden Wahlrechts der Realität widersprechen. Im Übrigen dürfte auch kein sachgerechter Grund bestehen, für die Zinsen nach § 237 AO einen anderen Maßstab anzulegen als für die Zinsen nach § 233a AO, zumal es auch insoweit um die Abschöpfung eventueller Liquiditätsvorteile geht. Von daher dürfte das BVerfG im Rahmen einer dezidierten Prüfung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Höhe der Aussetzungszinsen kaum zum Ergebnis von deren Verfassungsmäßigkeit kommen. Entsprechendes dürfte auch gelten hinsichtlich der Stundungszinsen und der Prozesszinsen. Besonderheiten könnten allenfalls bei den Hinterziehungszinsen gelten.

(so von Streit/Streit, Ist die Höhe der Aussetzungszinsen tatsächlich verfassungskonform?, DStR 2022, 121)

• 2023

Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Aussetzungszinsen / Zinsverzicht / § 237 AO

 

Das BVerfG hat entschieden, dass die Verzinsung nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2014 der Höhe nach verfassungswidrig ist (BVerfG v. 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17). Eine entsprechende Korrektur hat der Gesetzgeber nur im Rahmen der Vollverzinsung vorgenommen. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des BVerfG stellt sich die Frage, ob nicht auch die Aussetzungszinsen ab dem 1.1.2014 der Höhe nach verfassungswidrig sind. Dies dürfte zu bejahen sein. Es dürfte kein sachgerechter Grund bestehen, für Zinsen nach § 237 AO einen anderen Maßstab anzulegen als für Zinsen nach § 233a AO, zumal es auch insoweit um die Abschöpfung eventueller Liquiditätsvorteile geht. Die Erhebung von Zinsen, die der Höhe nach verfassungswidrig sind, dürfte sachlich unbillig sein mit der Folge, dass ein Anspruch auf Verzicht (Erlass) nach § 237 Abs. 4 AO i.V.m. § 234 Abs. 2 AO besteht. Gelten dürfte dies insbesondere in den Fällen einer überlagen Verfahrensdauer, wenn diese von der FinVerw zu vertreten ist.

(so Roser, Die Erhebung von verfassungswidrig hohen Aussetzungszinsen im Rechtsstaat, GmbHR 2023, 388)

Umsetzung von Verständigungsergebnissen im Rahmen internationaler Streitbeilegungsverfahren bei gewährter AdV / § 237 AO

 

Wird z.B. bei Verrechnungspreis-Streitigkeiten neben einem internationalen Streitbeilegungsverfahren auch ein nationales Rechtsbehelfsverfahren mit gewährter AdV geführt, ist bei der Umsetzung erzielter Verständigungsergebnisse das Merkblatt des BMF v. 27.8.2021, BStBl I 2021, 1495 im Hinblick auf etwaige Aussetzungszinsen zu beachten. Nach dem im Merkblatt des BMF vorgesehenen Regel-Verfahren zur Umsetzung von Verständigungsergebnissen hat sich der Stpfl. vor Umsetzung mit der Verständigungslösung schriftlich einverstanden zu erklären, offene Rechtsbehelfe zurückzunehmen und den Rechtsbehelfsverzicht hinsichtlich der die Einigung umsetzenden Steuerbescheide zu erklären. Hinsichtlich der Aussetzung der Vollziehung führt dies dazu, dass der ausgesetzte Betrag in voller Höhe zu verzinsen ist. Zur Vermeidung dieses unbilligen Ergebnisses sollte der Stpfl. einen Antrag auf Umkehrung des Regel-Verfahrens - also erst Umsetzung des Verständigungsergebnisses und dann Rücknahme des Rechtsbehelfs - stellen. Lehnt die FinVerw dies ab, sollte ein Antrag auf abweichende Zinsfestsetzung aus Billigkeitsgründen gestellt werden. Es dürfte unbillig sein, den Stpfl. von vornherein auf letzteren Weg zu verweisen, da die Durchsetzbarkeit von Billigkeitsanträgen nicht gesichert ist.

(so Uterhark/Bickert, Die Umsetzung von Verständigungsergebnissen in Fällen der Aussetzung der Vollziehung, DStR 2023, 1341)

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