BMF, 24.12.1999, IV B 4 - S 1300 - 111/99

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Frage, nach welchen Grundsätzen das Betriebsvermögen und die Einkünfte eines Unternehmens zwischen dem Stammhaus in einem Staat und seiner/seinen Betriebsstätte/n in dem anderen Staat oder anderen Staaten nach innerstaatlichem Recht und den Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) aufzuteilen sind, Folgendes:

 

1. Rechtsgrundlagen zur Besteuerung von gewerblichen Betriebsstätten

 

1.1 Nationales Steuerrecht

Bei der Prüfung und Anwendung von nationalen Vorschriften zur Besteuerung von Betriebsstätten gewerblich tätiger Unternehmen, ist zunächst zu untersuchen, ob die DBA das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland einschränken, denn die DBA werden durch das jeweilige Zustimmungsgesetz gem.Art. 59 GG für in der Bundesrepublik Deutschland gesetzlich verbindlich erklärt und gehen gem. § 2 AO als speziellere Vorschrift dem nationalen Steuerrecht vor. Folglich sind Geltungsbereich, Begriffsbestimmungen und die zwischenstaatlichen Besteuerungsrechtszuordnungen des betreffenden DBA zu beachten. Dies gilt nicht bei Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger, die dem Steuerabzug vom Kapitalertrag oder dem Steuerabzug nach § 50 a Abs. 4 EStG unterliegen (vgl. § 50 d Abs. 1 Satz 1 EStG).

Aus nationaler Sicht sind vor allem folgende Rechtsgrundlagen zur Besteuerung von Betriebsstätten gewerblicher Unternehmen von Bedeutung:

Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb liegen vor, wenn im Inland eine Betriebsstätte § 12 AO) unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter § 13 AO) für den Gewerbebetrieb bestellt ist § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG). Zum Begriff „Inland„ wird auf Tz. 4.6.1 verwiesen. Im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht liegen ausländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb u.a. vor, wenn sie durch eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebsstätte § 12 AO) oder durch einen in einem ausländischen Staat tätigen ständigen Vertreter § 13 AO) erzielt werden § 34 d Nr. 2 EStG). Für die Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen ist der Begriff der Betriebsstätte und des ständigen Vertreters jedoch – wie oben bereits erwähnt – dem jeweiligen DBA zu entnehmen § 2 AO), s.a. Tz. 1.2.1.

 

1.1.1 Betriebsstätte

 

1.1.1.1 Feste Geschäftseinrichtung

Eine Betriebsstätte i.S.d. § 12 Satz 1 AO ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Sie muss örtlich fixiert sein und der Unternehmer muss darin seine eigene gewerbliche Tätigkeit ausüben (BFH vom 10.2.1988, BStBl 1988 II S. 653). Eine feste Verbindung mit der Erdoberfläche oder ihre Sichtbarkeit ist jedoch nicht erforderlich (BFH vom 30.10.1996, BStBl 1997 II S. 12). Der Unternehmer muss eine gewisse, nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über diese Einrichtung haben (BFH vom 11.10.1989, BStBl 1990 II S.166 und BFH vom 3.2.1993, BStBl 1993 II S. 462). Eine feste Geschäftseinrichtung ist auf gewisse Dauer angelegt. Sie ist immer dann auf Dauer angelegt, wenn sie länger als sechs Monate besteht (BFH vom 19.5.1993, BStBl 1993 II S. 655). Die Katalogaufzählung in § 12 Satz 2 AO ist nicht abschließend. Während § 12 Satz 1 AO als Grundtatbestand eine feste Einrichtung oder Anlage verlangt, setzen die Tatbestände des § 12 Satz 2 Nrn. 1 – 8 AO dies nicht notwendigerweise voraus (BFH vom 28.7.1993, BStBl 1994 II S. 148). Der Begriff der Zweigniederlassung i.S.d. § 12 Satz 2 Nr. 2 AO bestimmt sich nach Handelsrecht § 13 d HGB).

 

1.1.1.2 Bauausführungen und Montagen

Durch Bauausführungen und Montagen wird eine Betriebsstätte nur dann begründet, wenn ihre Dauer 6 Monate übersteigt § 12 Satz 2 Nr. 8 AO). Besteht zwischen dem Staat, in dem die Bauausführungen und Montagen erbracht werden und dem Staat des Sitzes des ausführenden Unternehmens ein DBA, ist zu beachten, dass für dessen Anwendung der Betriebsstättenbegriff abweichend von § 12 Satz 2 Nr. 8 AO bestimmt sein kann; für den Regelfall wird eine Dauer von mehr als sechs Monaten vorausgesetzt. Wegen weiterer Einzelheiten siehe Tz. 4.3, Anlage II.

 

1.1.2 Ständiger Vertreter

Der ständige Vertreter i.S.d. § 13 AO hat die Geschäfte des Unternehmers nachhaltig zu besorgen und unterliegt dessen Sachanweisungen; er muss nicht Arbeitnehmer des Unternehmens sein, sondern nur an Stelle des Unternehmers tätig werden.

Ist der ständige Vertreter ein Kommissionär oder Makler, der Geschäftsbeziehungen für das ausländische Unternehmen im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit unterhält, und die Besteuerung des ausländischen Unternehmens nicht durch ein DBA geregelt, so sind die Einkünfte des ausländischen Unternehmens insoweit nicht der Besteuerung zu unterwerfen. Das gilt auch, wenn der ständige Vertreter ein Handelsvertreter § 84 HGB) ist, der weder eine allgemeine Vollmacht zu Vertragsverhandlungen und Vertragsabschlüssen für das ausländische Unternehmen besitzt noch über ein Warenlager dieses Unternehmens verfügt, von dem...

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