5.1 Grundsatz

Nach § 336 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz HGB finden auf den Jahresabschluss einer Genossenschaft die §§ 264 Abs. 1 Satz 4 1. Halbsatz, 264 Abs. 2 sowie 265 – 289 HGB entsprechende Anwendung. Damit gelten grundsätzlich alle Bilanzierungs-, Bewertungs- und Gliederungsbestimmungen des HGB für Kapitalgesellschaften auch für Genossenschaften.[1]

Insbesondere gilt auch für den Jahresabschluss der Genossenschaft die Pflicht, dass dieser ein tatsächliches Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (VFE-Lage) der Genossenschaft darstellen muss. Unter Umständen kann deshalb im Einzelfall eine Angabe im Anhang erforderlich sein.[2]

[1] Spanier, in Münchener Kommentar zum HGB, 4. Aufl. 2020, § 336 HGB Rz. 12.
[2] Störk/Rimmelspacher, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. München 2022, § 264 HGB Tz. 48ff.; Reiner, in Münchener Kommentar zum HGB, 4. Aufl. 2020, § 264 HGB Rz. 87 ff.

5.2 Ausnahmen von der Anwendung der Bestimmungen für Kapitalgesellschaften

Von diesem Grundsatz der grundsätzlichen Anwendung der Bestimmungen für Kapitalgesellschaften auf Genossenschaften[1] normiert § 336 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz HGB einige Ausnahmen, die nachfolgend dargestellt werden.[2] Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz eine Anwendung durchaus ermöglicht, da nur davon die Rede ist, dass diese nicht angewendet zu werden brauchen, eine freiwillige Anwendung ist indes fraglos zulässig.[3]

[1] Justhoven/Schäfer, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl., München 2022, § 336 HGB Tz. 15 ff.
[2] Dargestellt wird die aktuelle Gesetzesfassung; die früheren Ausnahmen zur Nichtanwendung der §§ 279 bis 281 HGB haben sich durch die Gesetzesänderung durch das BilMoG erledigt.
[3] Justhoven/Schäfer, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl., München 2022, § 336 HGB Tz. 1.

5.2.1 § 277 Abs. 3 Satz 1 HGB

Keine zwingende Anwendung findet § 277 Abs. 3 Satz 1 HGB.[1] Dies hat zur Folge, dass kein besonderer Ausweis außerplanmäßiger Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB sowie von Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 Satz 4 HGB bei Finanzanlagen erforderlich ist.

[1] Justhoven/Schäfer, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl., München 2022, § 336 HGB Tz. 8.

5.2.2 § 285 Nr. 17 HGB

Aufgrund der Nichtgeltung des § 285 Nr. 17 HGB ist es nicht erforderlich,[1] dass im Anhang der Genossenschaft folgende Angaben gemacht werden:

  • § 285 Nr. 17 HGB: Angabe der Honorare des Abschlussprüfers, aufgegliedert nach Tätigkeitsbereichen, gilt nach dem BilMoG nicht mehr nur für Unternehmen, die einen organisierten Markt in Anspruch nehmen, sondern grundsätzlich für mittelgroße und große Gesellschaften.[2]
  • Die früher bestehende Ausnahme zu § 285 Nr. 6 HGB, der die Zuordnung der Ertragsteuern zum Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und zum außerordentlichen Ergebnis der Gesellschaft erforderlich machte, hat sich durch das BilRUG erledigt, da es das außerordentliche Ergebnis als Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung so nicht mehr gibt.
[1] Justhoven/Schäfer, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. München 2022, § 336 HGB Tz. 8.
[2] Zu Einzelheiten s. Gottel, in Beck’scher Bilanzkommentar, 13. Aufl., München 2022, § 285 HGB Tz. 500 ff.; vgl. auch IDW PH 9.200.2.

5.2.3 Aufstellung eines Konzernabschlusses

Wie bereits dargestellt, ergibt sich die Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses bei einer Genossenschaft grundsätzlich nicht aus den §§ 290 ff. HGB, sondern aus den Regelungen des Gesetzes über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen (Publizitätsgesetz – PublG).[1] Für die Prüfung der Frage, ob von einer Genossenschaft ein Konzernabschluss aufzustellen ist, müssen deshalb die Grenzen des PublG geprüft werden. Dies sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 PublG:

  • Bilanzsumme über 65.000.000 EUR,
  • Umsatzerlöse von über 130.000.000 EUR,
  • im Jahresdurchschnitt über 5.000 Arbeitnehmer.

Mindestens 2 Merkmale müssen an 3 Bilanzstichtagen hintereinander erfüllt sein, damit eine Verpflichtung zur Konzernrechnungslegung nach dieser Bestimmung besteht. Diese Grenzen wurden durch das BilMoG und das BilRUG im Gegensatz zu den Werten nach HGB[2] nicht geändert.

Für Kreditgenossenschaften gilt § 11 PublG nicht. Diese sind bereits nach § 340i HGB, der den Bestimmungen des PublG als lex specialis vorgeht, zur Konzernrechnungslegung verpflichtet.[3]

[1] Justhoven/Schäfer, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. 2020, § 336 HGB Rz. 30.
[3] Justhoven/Schäfer, in Beck’scher Bilanzkommentar, 13. Aufl., München 2022, § 336 HGB Tz. 31.

5.3 Besondere Bestimmungen der Rechnungslegung bei Genossenschaften

5.3.1 Besonderheiten in der Bilanz

Die Bilanz einer Genossenschaft gleicht in ihrer Form im Wesentlichen der einer jeden Kapitalgesellschaft. § 337 HGB beinhaltet jedoch Normen, die die Besonderheiten im Ausweis des Geschäftsguthabens und der Rücklagen einer Genossenschaft betreffen.

Geschäftsguthaben

Genossenschaften haben an der Stelle des gezeichneten Kapitals den Betrag der Geschäftsguthaben der Mitglieder auszuweisen.[1] Hierbei ist der Betrag der Geschäftsguthaben der mit dem Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres ausgeschiedenen Mitglieder gesondert anzugeben.[2] Bei Kreditgenossenschaften ist nach § 34 Abs. 2 Nr. 3c RechKredV zudem der Betrag an gekündigten Geschäftsguthaben gesondert auszuweisen. Dieser gesonderte ...

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