Rz. 35

Durch § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG wird die LSt-Abzugspflicht auf ausländische Verleiher ausgedehnt, die einem Entleiher Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung im Inland überlassen. Damit wird eine Lücke beim LSt-Abzug geschlossen, die sich daraus ergibt, dass der inländische Entleiher kein Arbeitgeber ist und der Verleiher als Arbeitgeber weder Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Geschäftsleitung, Sitz, Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter im Inland unterhält. Die Betriebsstätte des Entleihers, in der die Arbeitnehmer ihre Arbeit leisten, ist dem Verleiher nicht als eigene Betriebsstätte zuzurechnen. § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG begründet die LSt-Abzugspflicht des Verleihers daher dann, wenn er ausländischer Arbeitgeber ist.[1]

 

Rz. 36

§ 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG erweitert die LSt-Abzugspflicht nur im Hinblick auf das Merkmal des "inländischen" Arbeitgebers. Der ausländische Verleiher ist daher nur dann zum LSt-Abzug verpflichtet, wenn er Arbeitgeber ist. Ist die Arbeitgebereigenschaft auf den Entleiher übergegangen, so ist daher nur der Entleiher als inländischer Arbeitgeber nach § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zum LSt-Abzug verpflichtet. In diesem Fall besteht keine Notwendigkeit, die LSt-Abzugspflicht auf den ausländischen Verleiher auszudehnen.

 

Rz. 36a

Ob der Entleiher oder der Verleiher Arbeitgeber ist, kann im Einzelfall zweifelhaft sein. Wer Arbeitgeber ist, bestimmt sich auch bei grenzüberschreitenden Verhältnissen allein nach inländischem Recht, da durch die DBA keine LSt-Abzugspflicht begründet wird, sondern nur nach inländischem Recht bestehende Besteuerungsrechte begrenzt werden.[2]

 

Rz. 37

Für die Arbeitgebereigenschaft bei Leiharbeitsverhältnissen kommt es anders als im Normalfall des § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG (Rz. 25) nicht darauf an, wem der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung schuldet, wessen Weisungen er unterliegt oder mit wem er den Arbeitsvertrag abgeschlossen hat. Da diese Merkmale sowohl im Verhältnis zum Verleiher als auch zum Entleiher vorliegen können, lassen sie keine eindeutige Entscheidung zu. Bei Leiharbeitsverhältnissen ist vielmehr derjenige Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer den Lohn in eigenem Namen und für eigene Rechnung auszahlt.[3] Dies wird regelmäßig der Verleiher sein, der damit – ausländischer – Arbeitgeber i. S. d. § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ist; andernfalls ist der Entleiher als inländischer Arbeitgeber i. S. d. § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zum LSt-Abzug verpflichtet.

 

Rz. 38

Weitere Voraussetzung für die LSt-Abzugspflicht des Verleihers ist, dass er Arbeitnehmer gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung im Inland an Dritte überlässt.

 

Rz. 38a

Gewerbsmäßig ist die Arbeitnehmerüberlassung, wenn sie vom Verleiher nicht nur gelegentlich, sondern auf Dauer zur Erzielung wirtschaftlicher Vorteile betrieben wird. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob der Verleiher eine Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz besitzt.

 

Rz. 38b

Die Arbeitnehmer werden zur Arbeitsleistung überlassen, wenn dem Entleiher ein Weisungsrecht hinsichtlich Art, Umfang und Durchführung der Tätigkeit des Arbeitnehmers zusteht. Die Arbeitnehmer müssen damit in den betrieblichen Organismus des Entleihers eingegliedert sein.[4] Hierdurch unterscheidet sich die Arbeitnehmerüberlassung von einem Werk- oder Dienstvertrag, bei dem der Arbeitnehmer zwar im Betrieb des Auftraggebers tätig wird, aber weiterhin dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt. An einer Arbeitnehmerüberlassung i. S. eines Leiharbeitsverhältnisses fehlt es auch bei einer Arbeitnehmerentsendung. Hierzu enthält § 38 Abs. 1 S. 2 EStG eine Sonderregelung für den LSt-Abzug (Rz. 40).

 

Rz. 38c

Der Entleiher ist Dritter, wenn die Arbeitsleistung für eine andere Person als den Verleiher erfolgt. Hierzu reicht auch die Überlassung an ein verbundenes Unternehmen aus, nicht aber die Tätigkeit in einer inländischen Betriebsstätte des Verleihers; in diesem Fall liegt bereits eine LSt-Abzugspflicht nach § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG vor.

 

Rz. 38d

Der Arbeitnehmer wird zur Arbeitsleistung im Inland überlassen, wenn sich der Ort, an dem der Arbeitnehmer physisch tätig wird, im Inland befindet.

 

Rz. 39

Die LSt-Abzugspflicht des Verleihers besteht nur dann, wenn der Arbeitslohn des Arbeitnehmers im Inland steuerpflichtig ist. An der Steuerpflicht fehlt es insbesondere in den Fällen, in denen Deutschland nach dem jeweils einschlägigen DBA nicht das Besteuerungsrecht zusteht, da der Arbeitnehmer nicht länger als 183 Tage im Inland tätig ist und der ausländische Verleiher – wirtschaftlicher – Arbeitgeber i. S. d. DBA ist (Rz. 34). In diesem Fall können Arbeitnehmer und Arbeitgeber zukünftig nach § 39 Abs. 4 Nr. 5 EStG die Eintragung eines LSt-Abzugsmerkmals beantragen, aufgrund dessen der Verleiher den LSt-Abzug unterlassen kann. Dadurch wird verhindert, dass der sonst vom ausländischen Verleiher vorzunehmende LSt-Abzug gegen die Grundfreiheiten des Unionsrechts verstößt.[5] Bislang hat aber das BMF das elektronische Verfahren insoweit noch nicht durch eine Mitteilu...

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