Rz. 44a

Die Erbringung von Nachweisen hat nach den allgemeinen Regelungen des Einkommensteuerrechts zu erfolgen, insbesondere ist die Zahlung durch den Stpfl. in Zweifelsfällen zu belegen. Sofern ergänzende Informationen einzuholen sind, kann dies ggf. im Gerichtsverfahren durch ein Gutachten erfolgen.

Der BFH hatte im Hinblick auf Krankheitskosten entschieden, dass ein amtsärztliches Attest nicht zwingend notwendig ist, um die Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten anzunehmen.[1] Vielmehr sei eine tatrichterliche Würdigung aller Umstände ggf. unter Einholung eines Gutachtens vorzunehmen.

Der Gesetzgeber hat mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011[2] deshalb § 33 Abs. 4 EStG eingefügt und eine Ermächtigungsgrundlage für eine Rechtsverordnung erlassen, die in § 64 EStDV erfolgt ist.[3]

Demnach wird für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel eine Verordnung des Arztes gefordert (§ 64 Abs. 1 EStDV). Ein amtsärztliches Gutachten oder ersatzweise die Bescheinigung eines Vertrauensarztes wird hingegen gefordert für

  • eine Bade- oder Heilkur; bei einer Vorsorgekur ist auch die Gefahr einer durch die Kur abzuwendenden Krankheit, bei einer Klimakur der medizinisch angezeigte Kurort und die voraussichtliche Kurdauer zu bescheinigen,
  • eine psychotherapeutische Behandlung; die Fortführung einer Behandlung nach Ablauf der Bezuschussung durch die Krankenversicherung steht einem Behandlungsbeginn gleich,
  • eine medizinisch erforderliche auswärtige Unterbringung eines an Legasthenie oder einer anderen Behinderung[4] (z. B. ADHS)[5] leidenden Kindes des Stpfl.,
  • die Notwendigkeit der Betreuung des Stpfl. durch eine Begleitperson, sofern sich diese nicht bereits aus dem Nachweis der Behinderung nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 ergibt,
  • medizinische Hilfsmittel, die als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens i. S. von § 33 Abs. 1 SGB V anzusehen sind,
  • wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden, wie z. B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie.[6] Ob eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode vorliegt, ist eine Tatsachenfrage, die in einem etwaigen Rechtsgang durch das FG zu würdigen ist.[7]

Das Gutachten bzw. die Bescheinigung sind vor der Vornahme der Aufwendungen einzuholen, nachträglich erbrachte Dokumente sind nicht anzuerkennen. Die in § 64 EStDV vorhandene Aufzählung ist allerdings abschließend, d. h. dass ein amtsärztliches Gutachten bzw. ein vertrauensärztliches Gutachten bei den in § 64 EStDV nicht genannten Fällen von der Finanzverwaltung auch nicht gefordert werden kann.[8]

In Bezug auf die in § 33 Abs. 1 SGB V genannten Hilfsmittel, die zugleich als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens zu qualifizieren sind, hat der BFH entschieden, dass diese nur solche technischen Hilfen darstellen, die getragen oder mit sich geführt werden können, um sich im jeweiligen Umfeld zu bewegen, zurechtzufinden und die elementaren Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen.[9]

Für Krankenbesuche zu einem für längere Zeit in einem Krankenhaus liegenden Ehegatten oder Kind wird schließlich eine Bescheinigung des behandelnden Krankenhausarztes gefordert, in dem bestätigt wird, dass der Besuch des Stpfl. zur Heilung oder Linderung einer Krankheit entscheidend beitragen kann.

Die Regelung wurde rückwirkend für alle noch offenen Fälle eingeführt und verstößt nach st. Rspr. des BFH nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot,[10], da die Rechtslage vor Änderung der Rspr. wieder hergestellt wurde.[11] Ebenfalls bestehen keine allgemeinen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Nachweisgebot.[12] Insoweit ist dem Stpfl. anzuraten, insbesondere teurere Eingriffe entsprechend vorher beweisrechtlich abzusichern. In eindeutigen Fällen sollte der Beweis m. E. aber obsolet sein und keine materiell-rechtliche Bedeutung erlangen können. Dies stünde bereits dem verfassungsrechtlich gesicherten Anspruch auf Entlastung des Stpfl. entgegen.

Bei Maßnahmen, die nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Erforderlichkeit daher schwer abzuschätzen ist, setzt die Abziehbarkeit der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen grundsätzlich ein vor der Behandlung ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches medizinisches Gutachten voraus, aus dem sich die Krankheit und die medizinische Notwendigkeit der Behandlung zweifelsfrei ergibt.[13]

Im Umkehrschluss gilt die Regelung nicht für Fälle, die in der Vorschrift nicht genannt sind. Insbesondere Kosten eines krankheitsbedingten Krankenhausaufenthalts bedürfen keiner besonderen Nachweise hinsichtlich der Notwendigkeit, von dieser kann regelmäßig ausgegangen werden. Dies darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aufwendungen selbst ebenfalls einzeln nachzuweisen sind, ein Abzug von Pauschalen kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.

Der Stpfl. muss den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall auch dann nach § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst....

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