Rz. 43

Art. 26 Abs. 1 OECD-MA 2005 verpflichtet die vertragschließenden Staaten, alle Informationen auszutauschen, die voraussichtlich zur Durchführung des jeweiligen DBA, darüber hinaus aber auch zur Durchführung jeglicher Besteuerung in dem ersuchenden Staat, seinen Unterorganisationen oder örtlichen Behörden erforderlich sind. Der Informationsaustausch ist damit nicht auf diejenigen Steuern beschränkt, auf die sich das DBA bezieht. Art. 26 Abs. 2 OECD-MA 2005 enthält eine Vorschrift zum Schutz des Steuergeheimnisses.

 

Rz. 44

Die Verpflichtung zum Informationsaustausch ist in Art. 26 Abs. 3 OECD-MA 2005 nur in wenigen Fällen ausgeschlossen, und zwar dann, wenn die Informationen nur durch Maßnahmen zu erlangen sind, die dem Recht oder der Verwaltungspraxis des ersuchten Staats widersprechen, die in dem ersuchten Staat nach dessen Gesetzen oder der Verwaltungspraxis nicht erhältlich sind, oder wenn dadurch Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart würden oder gegen den Ordre Public verstoßen würde.

 

Rz. 45

Eine erhebliche Ausdehnung erhält die Pflicht zum Informationsaustausch nach Art. 26 Abs. 4 und 5 OECD-MA 2005. Nach Abs. 4 darf der ersuchte Staat den Informationsaustausch nicht allein deshalb ablehnen, weil er selbst kein Interesse an den zu ermittelnden Informationen hat. Der ersuchte Staat muss also seine Verwaltungsmittel und -verfahren einsetzen, um Informationen zu erhalten, die nur für die Besteuerung in dem ersuchenden Staat, nicht aber in dem ersuchten Staat steuerlich von Bedeutung sind.

 

Rz. 46

Nach Art. 26 Abs. 5 OECD-MA 2005 darf der ersuchte Staat den Austausch von Informationen nicht allein deshalb verweigern, weil dies gegen das Bankgeheimnis verstoßen würde. Dies geht sogar dem in Abs. 3 normierten Vorbehalt der staatlichen Gesetze, der Verwaltungsverfahren und des Ordre Public vor.

 

Rz. 47

Der Umfang des Informationsaustauschs nach Art. 26 OECD-MA 2005 geht sehr weit. Dies betrifft insbesondere die Geltung für alle Steuern des ersuchenden Staats, einschließlich indirekter Steuern und Verkehrsteuern sowie Steuern der Gliedkörperschaften und Gemeinden, die Verpflichtung zur Beschaffung von Informationen, die der ersuchte Staat für eigene Steuerzwecke nicht benötigt, sowie die Auskunftserteilung trotz Bestehens von Vorschriften zum Schutz eines Bankgeheimnisses. Danach genügt die Vereinbarung einer "kleinen Auskunftsklausel", die Auskünfte nur zur Durchführung des jeweiligen DBA ermöglicht, offensichtlich nicht. Aber auch die "große Auskunftsklausel" genügt diesen Anforderungen i. d. R. nicht, da sie Auskünfte nur hinsichtlich der Steuern enthält, die unter das DBA fallen (etwa Art. 26 Abs. 1 DBA-USA); außerdem dürfte es regelmäßig an einer Klausel fehlen, die das Bankgeheimnis aushebelt. Lediglich einige neue DBA dürften den Anforderungen des Art. 26 OECD-MA 2005 genügen (so etwa Art. 26 DBA-Algerien).

 

Rz. 48

Selbst die in letzter Zeit abgeschlossenen Auskunftsabkommen mit sog. Steueroasen genügen den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f S. 2 EStG nicht, da sie sich nur auf bestimmte, im Abkommen aufgezählte Steuern erstrecken und nicht auf alle von der Bundesrepublik, den Ländern und den Gemeinden erhobenen Steuern.

 

Rz. 49

Auch das EG-Amtshilfeabkommen genügt diesen Anforderungen nicht; bestehende Lücken sollen erst durch eine Ergänzung der Richtlinie, für die ein Vorschlag vorliegt, geschlossen werden (COM/2009/29).

 

Rz. 50

Die Bezugnahme auf Art. 26 OECD-MA 2005 ist offensichtlich "überdimensioniert" und entspricht nicht dem Zweck der Vorschrift, Steuerumgehungen durch Geschäftsbeziehungen mit nicht kooperierenden Staaten zu verhindern. Vielmehr werden durch die Vorschrift die meisten Staaten, einschließlich der OECD- und EU-Staaten, zu "nicht kooperierenden Staaten" erklärt, obwohl mit diesen Staaten seit langem ein funktionierender Auskunftsaustausch besteht. Für den Steuerpflichtigen bedeutet dies andererseits, dass seine Geschäftsbeziehungen zu praktisch allen Staaten der Welt unter der Drohung der Nichtabziehbarkeit von Betriebsausgaben und Werbungskosten stehen. Für die Zwecke des Gesetzes hätte eine Bezugnahme auf die "große Auskunftsklausel" genügt (zu den verfassungsrechtlichen Folgen vgl. Einleitung Rz. 15ff.).

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