Revision eingelegt (BFH IX R 7/17)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Behandlung des Erwerbs eigener Anteile auf der Ebene des ausscheidenden Gesellschafters

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Erwerb eigener Anteile ist bei dem ausscheidenden Anteilseigner (weiterhin) ein Veräußerungsgeschäft gemäß § 17 Abs. 1 EStG, welches nach allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung unterliegt. Die Änderungen durch das BilMoG vom 25. Mai 2009 (BGBl I 2009, 1102) beinhalten keine Neuregelungen hinsichtlich der Gesellschafterebene. Die Besteuerung auf der Gesellschafterebene ist aufgrund des Trennungsprinzips von der steuerlichen Würdigung auf der Gesellschaftsebene unabhängig.

2. Nicht zu den Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB gehören thesaurierte Gewinne. Daher mindert eine von der GmbH zum Erwerb eigener Anteile gebildete Rücklage nicht den vom Anteilseigner bei der Veräußerung des Anteils an die GmbH erzielten Veräußerungsgewinn.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1, 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.12.2017; Aktenzeichen IX R 7/17)

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Behandlung des Erwerbs eigener Anteile auf der Ebene der ausscheidenden Gesellschafterin.

Die verheiratete Klägerin beantragte im Streitjahr 2011 die getrennte Veranlagung. Sie erzielte im Streitjahr neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen gewerbliche Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen an einer GmbH (§ 17 Einkommensteuergesetz - EStG -).

Durch notariellen Vertrag vom 13. Februar 1998 wurde die Gesellschaft H GmbH (nachfolgend: GmbH) gegründet. Am Stammkapital der GmbH (50.000 DM) waren die Klägerin und Frau I. M. zu jeweils 50 % beteiligt. Die Klägerin leistete die Stammeinlage voll. Am 22. März 1999 trat Frau M ihren Geschäftsanteil an die Klägerin zu einem Kaufpreis in Höhe von 12.500 DM ab. Am 7. April 1999 leistete die Klägerin auf die noch ausstehende Stammeinlage für den an sie abgetretenen Geschäftsanteil den noch ausstehenden Betrag von 12.500 DM. Im Zuge der EUR-Umstellung wurde die Höhe des Stammkapitals auf 25.000 EUR beziffert. Hieraus resultiert eine Kapitalrücklage in Höhe von 564,59 EUR.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 4. Oktober 2006 stellte die GmbH den Bilanzgewinn in die Gewinnrücklage ein. Zum 30. Juni 2008 wurde der Betrag auf 101.589,40 EUR berichtigt. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 30. Juni 2010 gliederte die GmbH den Betrag in voller Höhe aus der Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage zum Erwerb eigener Anteile um.

Zum 4. Februar 2011 schüttete die GmbH an die Klägerin als alleinige Gesellschafterin einen Betrag von brutto 100.000 EUR aus (Beschluss vom 15. Dezember 2010, Bl. 114 PA).

Am 21. Februar 2011 (bzw. 14. April 2011) verkaufte die Klägerin ihre beiden Geschäftsanteile von jeweils 25.000 DM bzw. 12.500 EUR mit allen Gewinnbezugsrechten für noch nicht ausgeschüttete Gewinne und allen sonstigen Nebenrechten an Frau T. D. und an die GmbH zu jeweils 96.000 EUR und trat die Geschäftsanteile mit allen Nebenrechten ab (Bl. 126 - 136 PA, Bl. 48 f. Sonderakte). In § 4 des notariellen Vertrages wird u.a. ausgeführt, dass das Stammkapital der Gesellschaft in voller Höhe ordnungsgemäß durch Bareinlage erbracht ist und offene oder verdeckte Rückzahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen nicht erfolgt sind. Als Übernahmestichtag wurde der 1. Januar 2011 vereinbart. Die Kaufpreise wurden entrichtet. Die Zwischenbilanz, zu der sich der Käufer in dem Vertrag vom 21. Februar 2011 verpflichtet hatte, weist unter "A. Eigenkapital" folgende Beträge aus:

I.

Gezeichnetes Kapital

25.000,00 EUR

II.

Kapitalrücklage

564,59 EUR

III.

Gewinnrücklagen

1. andere Gewinnrücklagen

101.589,40 EUR

IV.

Bilanzgewinn

151.548,57 EUR

- davon Gewinnvortrag

Euro 153.281,64

(Euro 149.001,67)

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2011 erklärte die Klägerin einen steuerpflichtigen Anteil des Gewinns aus der Veräußerung ihrer Geschäftsanteile in Höhe von 99.861 EUR. Die Veranlagung erfolgte erklärungsgemäß (Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 17. September 2013, Bl. 36 ff. ESt-Akte).

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, der Gewinn aus dem Erwerb eigener Anteile unterliege nicht der Besteuerung. Die Rücklage für eigene Anteile sei in Höhe von 96.000 EUR als Anschaffungskosten vom Veräußerungserlös abzuziehen, so dass der Veräußerungsgewinn insgesamt nur in Höhe von 42.261 EUR anzusetzen sei. Die veränderte Behandlung eigener Anteile durch das BilMoG (§ 272 Abs. 1a Handelsgesetzbuch - HGB -) wirke aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips auch auf die steuerliche Gewinnermittlung durch. Der neue Ausweis eigener Anteile und die Behandlung der mit eigenen Anteilen in Verbindung stehenden Transaktionen verdeutlichten, dass es sich um eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Transaktion handele, die den steuerlichen Gewinn nicht tangiere. Sie, die Klägerin, habe als alleinige Gesellschafterin der GmbH neben dem Stammkapita...

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