Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch - Ausnahme von der zugrundeliegenden Typisierung bei der Ermittlung des Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um so nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Aufzeichnungen mit Bleistift genügen diesen Anforderungen nicht.

2. Eine Ausnahme von der zugrunde liegenden Typisierung bei der Ermittlung des Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG anhand einer Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten mit 0,002% des Listenpreises im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG je Entfernungskilometer erfordert nicht zwingend die Angabe der genauen Tage (Datumsangabe), an denen der Steuerpflichtige die Arbeitsstätte aufgesucht hat. Der erkennende Richter muss den Verwaltungsvorgaben (BMF IV C 5 - S-2334 / 08 / 10010 vom 01.04.2011) nicht folgen, wenn er keinen Anlass sieht die Angaben im Fahrtenbuch in Zweifel zu ziehen.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 2 S. 3

 

Tatbestand

Streitig sind der Ansatz eines geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzungsüberlassung eines betrieblichen PKWs nach der sog. 1 %-Regelung sowie die Bewertung des geldwerten Vorteils für die Nutzung des Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte / erster Tätigkeitsstätte nach § 8 Abs. 2 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Kläger wurden für die Streitjahre 2012 bis 2016 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte als Bauingenieur und die Klägerin als Lehrerin jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses stellte der Arbeitgeber dem Kläger einen Firmenwagen sowohl für berufliche als auch für Privatfahrten sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung. In den Streitjahren war der Kläger im Außendienst einer Baufirma tätig.

Zur Versteuerung der privaten PKW-Nutzung wurde vom Arbeitgeber die 1%-Regelung angewendet und der geldwerte Vorteil dem Arbeitslohn hinzugerechnet. In den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre beantragten die Kläger, die private PKW-Nutzung nach den tatsächlichen Kosten zu berechnen. Anhand eines Taschenkalenders, in denen die täglichen Einsatzorte, die Gesamtkilometer, die gefahrenen Kilometer und die Zeiten aufgezeichnet wurden, ermittelten die Kläger die privat gefahrenen Kilometer. Zusätzlich ermittelten sie aus den Gesamtkosten des Fahrzeugs einen tatsächlichen Kilometersatz pro gefahrenen Kilometer. Weiterhin gab der Kläger in den Erklärungen an, die Arbeitsstätte im Jahr 2012 63-mal, im Jahr 2013 62-mal, im Jahr 2014 79-mal, im Jahr 2015 85-mal und im Jahr 2016 71-mal aufgesucht zu haben.

Das Finanzamt lehnte den Ansatz der tatsächlichen Kosten für den überlassenen Firmenwagen des Klägers ab, da weder die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstandenen Aufwendungen durch Belege noch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt werden konnten. Für die erklärten Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte / erster Tätigkeitsstätte erkannte das Finanzamt Werbungskosten in Höhe der Entfernungspauschale ohne Abweichungen an.

Gegen die Einkommensteuerbescheide für 2012 vom 14.11.2014, für 2013 vom 04.01.2016, für 2014 vom 19.04.2016, für 2015 vom 26.06.2017 und für 2016 vom 07.08.2018 legten die Kläger jeweils erfolglos Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 27.11.2018 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Der Kläger habe auch in den Vorjahren den Ansatz der privaten PKW-Nutzung nach der sog. 1%-Regelung durch eigene Korrekturberechnungen verringert, was bis zum Jahr 2011 vom Finanzamt auch anerkannt worden sei. Die Aufzeichnungen über die geführten Fahrten würden jährlich in einem Kalender geführt und dem Finanzamt auch vorgelegt. Da der Kläger eine genaue Beschreibung der geschäftlich durchgeführten Fahrten vornehmen könne, sei der Nachweis über einen Kalender ausreichend. Die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit seien daher um die vom Kläger berechneten Werbungskosten für seine betrieblichen Fahrten zu mindern. Hilfsweise seien in den Streitjahren vom fiktiven Sachbezug für die Fahrten Wohnung Arbeitsstätte die fiktiven Werbungskosten für diese Fahrten abzuziehen. Vorliegend sei eine Beurteilung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vorzunehmen, wofür keine buchhalterisch hochpräzise Dokumentation erforderlich sei.

Der Prozessbevollmächtigte der Kläger beantragt, die Einkommensteuerbescheide für 2012 vom 14.11.2014, für 2013 vom 04.01.2016, für 2014 vom 19.04.2016, für 2015 vom 26.06.2017 und für 2016 vom 07.08.2018 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.11.2018 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um die vom Kläger errechneten Werbungskosten u...

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