rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrtkosten zu einer neben der Arbeitsstätte länger als 3 Monate besuchten Fortbildungsstätte nach Dienstreisepauschsätzen abziehbar

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Fahrtkosten zu einer berufsbegleitenden, fortbildenden Fachschule neben einer weiteren regelmäßigen Arbeitsstätte sind, wenn der Fachschulbesuch befristet ist, auch über 3 Monate hinaus als Dienstreisekosten nach der üblichen Pauschale abziehbar.

2) Die Fachschule wird nach der Verkehrsanschauung nicht zu einer neuen regelmäßigen Arbeitsstätte, die an die Stelle der zuvor schon aufgesuchten Arbeitsstätte träte.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Sätze 3, 3 Nr. 4, Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Pkw-Fahrten zu einer auswärtigen Fortbildungsstätte auch über die ersten drei Monate hinaus mit den tatsächlichen Aufwendungen als Werbungskosten (WK) abgezogen werden dürfen.

Der in B. wohnhafte Kläger (Kl.) ist als Industriemechaniker in U. nichtselbständig tätig. Zusätzlich besuchte er seit August 1999 die Fachschule Maschinentechnik in B., …. Wenn er Spätschicht hatte (Arbeitsbeginn 14.00 Uhr), fand der Schulbesuch vormittags (9.15 – 12.30 Uhr) statt, ansonsten abends (Schichtende 14.00 Uhr, Schulbeginn 17.50 Uhr).

In seiner Einkommensteuer-(ESt-)Erklärung für das Streitjahr 2000 machte der Kl. – neben anderen WK, u.a. für Fahrten zu Lerngemeinschaften – für den Schulbesuch Fahrtkosten für 117 Fahrten zu je 55 km einfache Entfernung mit dem Kilometerpauschbetrag von 0,52 DM/km als WK geltend (6.692,40 DM).

Der Beklagte (Bekl.) berücksichtigte im Bescheid vom 8.6.2001 hingegen nur die für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geltende Entfernungspauschale von 0,70 DM je Entfernungs-km (4.504,50 DM) und setzte die ESt für das Jahr 2000 auf 8.180 DM fest. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos. In seiner Einspruchsentscheidung vom 26.9.2001 führte der Bekl. aus, nach der Rspr. des BFH sei bei einer längerfristigen vorübergehenden Auswärtstätigkeit die auswärtige Tätigkeitsstätte nach drei Monaten als neue regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen.

Mit der am 25.10.2001 eingegangenen Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung, bei einer Fortbildung außerhalb des Arbeitsverhältnisses fehle es an einer regelmäßigen Arbeitsstätte, so dass die entsprechenden Fahrten keine Dienstreisen im herkömmlichen Sinne sein könnten, sondern mit den tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden könnten.

Während des Klageverfahrens haben die Beteiligten eine tatsächliche Verständigung des Inhalts erzielt, dass für den Fall eines Klageerfolgs anderweitige, überhöht abgezogene Werbungskosten i.H.v. 436,96 DM gegenzurechnen sind.

Der Kl. beantragt sinngemäß,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2000 vom 8.6.2001 und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 26.9.2001 weitere Werbungskosten i.H.v. 2.187,90 DM abzüglich gegenzurechnender 436,96 DM zu berücksichtigen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, Fahrtkosten für Fortbildungsmaßnahmen seien auch bei fehlender Weisung des Arbeitgebers nur im Rahmen der für Dienstreisen geltenden Grenzen berücksichtigungsfähig. Nur dies stelle die Gleichbehandlung von Steuerpflichtigen, deren Fahrten als Dienstreisen behandelt werden, mit Steuerpflichtigen, deren Fahrten als solche zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gelten, sicher.

Der Berichterstatter hat die Streitsache am 3.7.2002 mit den Beteiligten erörtert; auf das Protokoll wird Bezug genommen. Die Beteiligten sind vom Berichterstatter auf § 94a der Finanzgerichtsordnung (FGO) hingewiesen worden und haben übereinstimmend erklärt, dass sie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet gemäß § 94 a FGO ohne mündliche Verhandlung. Der Streitwert übersteigt nicht 500 Euro; die Beteiligten halten eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kl. in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 FGO), als der Bekl. für die Fahrten zur Fachschule nur die Pauschbeträge des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) angesetzt hat.

1. Mit dem Kl. ist der Senat der Auffassung, dass dann, wenn – wie im Streitfall – Fahrten zu einer Fortbildungsstätte neben Fahrten zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte treten, die entsprechenden Kosten auch über die ersten drei Monate hinaus mit den tatsächlichen Kosten bzw. den für Dienstreisen geltenden Pauschalen zu berücksichtigen sind (ebenso für einen vergleichbaren Sachverhalt, allerdings ohne inhaltliche Stellungnahme FG Düsseldorf, Urteil vom 12.4.1994 8 K 6790/93, EFG 1994, 648, rkr.; für Fahrten zu einer Lerngemeinschaft neben der regelmäßigen Arbeitsstätte auch FG Köln, Urteil vom 28.10.1993 2 K ...

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