Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für ein Fehlen eines anderen Arbeitsplatzes beim häuslichen Arbeitszimmer

 

Leitsatz (redaktionell)

Dem Steuerpflichtigen steht auch dann kein anderer Arbeits-platz i.S. des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG zur Verfügung, wenn die im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübte Tätigkeit aus objektiv nachvollziehbaren und zwingenden, d.h. aus in der Tätigkeit liegenden Gründen nicht am grundsätzlich zur Verfügung stehenden Arbeitsplatz ausgeübt werden kann.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 5, § 4 Abs. 5, 5 Sätze 1, 1 Nr. 6b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.08.2003; Aktenzeichen VI R 162/00)

 

Tatbestand

Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer.

Die Kl. werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kl. erzielt als Leiter der … und … Abteilung bei der Stadtsparkasse … Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Sein Arbeitsplatz befindet sich in der Schalterhalle.

Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1996 machte der Kl. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer iHv 5.169,15 DM geltend.

Der Erklärung lag eine Bescheinigung seines Arbeitgebers bei, in der ihm insgesamt 550, davon 400 zu Hause geleistete Mehrarbeitsstunden bestätigt wurden. Das dafür gezahlte Überstundenentgelt von DM 18.724,– DM sei in dem steuerpflichtigen Bruttolohn enthalten. Desweiteren wurde bestätigt, daß der Kl. regelmäßig dienstliche Aufgaben von zu Hause aus wahrgenommen habe. Die entsprechenden Zeiten würden abteilungsintern über das persönliche Zeitkonto erfaßt und mit entsprechenden Fehlzeiten kompensiert bzw. im Rahmen des Freizeitausgleiches abgebaut… Außerdem habe sich der Kl. bereit erklärt, neben seiner hauptamtlichen Tätigkeit als Leiter der … und … abteilung als Dozent für den betriebsinternen Unterricht der Auszubildenden zur Verfügung zu stehen … Für diese freiwillig übernommenen Aufgaben, die nicht zu den dienstlichen Verpflichtungen gehörten, gewähre die Sparkasse eine zusätzliche, über den geschuldeten Arbeitslohn hinausgehende Vergütung, die ebenfalls in das steuerpflichtige Bruttoentgelt einfließe.

Mit seinem Einkommensteuerbescheid vom 12.12.1997 berücksichtigte der Bekl. die geltend gemachten Aufwendungen zunächst iHv 2.400,– DM. Der weitergehende Antrag wurde unter Hinweis auf die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG abgelehnt.

Der hiergegen eingelegte Einspruch ist, nach Hinweis auf eine mögliche Verböserung, mit Einspruchsentscheidung vom 15.07.1998 als unbegründet zurückgewiesen worden. Die geltendgemachten Aufwendungen könnten weder in vollem noch in dem bisher anerkannten Umfang von 2.400,– DM berücksichtigt werden. Im Streitfall komme allenfalls eine Anerkennung der begrenzten Aufwendungen in Betracht, wenn dem Kl. für seine berufliche Tätigkeit ein Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stehe. Eine entsprechende Bescheinigung habe der Kl. nicht vorgelegt, und dies sei auch nach seinem Vortrag nicht der Fall. Nach den Voraussetzungen des dazu ergangenen BMF-Schreibens vom 22.01.1998 (BStBl. I 1998, 129) komme es nicht darauf an, wie sich die Situation am zur Verfügung stehenden Arbeitsplatz konkret darstelle. Es sei insbesondere unerheblich, daß dem Kl. kein Einzelbüro zur Verfügung stehe.

Mit der hiergegen eingelegten Klage verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter. Sie sind der Auffassung, daß es nicht darauf ankomme, ob der Arbeitgeber überhaupt einen Arbeitsplatz zur Verfügung stelle, sondern darauf, ob dies im konkreten Fall, d. h. für die konkret geleistete Tätigkeit, erfolge. Der dem Kl. in der Schalterhalle der Stadtsparkasse zur Verfügung gestellte Arbeitsplatz sei aufgrund der zu beachtenden Sicherheitsvorkehrungen nur von 7.00 – 19.00 Uhr zugänglich. Eine darüberhinausgehende Nutzung sei mit erheblichem Kostenaufwand verbunden. Aber auch während der arbeitstäglichen Öffnungszeiten seien die Arbeitsmöglichkeiten durch andere Störfaktoren (Anlaufen der Klimaanlage. Reinigungsarbeiten, Kundenverkehr) eingeschränkt. Unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Einschränkungen sei der Arbeitsplatz allein zeitllich betrachtet nur 42,5 Stunden pro Woche nutzbar. Bei 550 geleisteten Überstunden müßten diese zwangsläufig zu einem beträchtlichen Teil im häuslichen Arbeitszimmer erbracht werden. Hiervon abgesehen sei ein konzentriertes Arbeiten (Projekt- und Dozentenarbeit) angesichts des zeitweise herrschenden Geräuschpegels in der Schalterhalle ebenfalls nicht möglich.

Dem Umstand des „fehlenden Arbeitsplatzes” habe der Arbeitgeber zwischenzeitlich dadurch Rechnung getragen, daß dem Kl. für seinen häuslichen Arbeitsplatz sowohl ein PC mit der betrieblich genutzten Software als auch der Zugang zu den benötigten Datennetzen (…) zur Verfügung gestellt worden sei. Zudem würden eingehende Telefonanrufe bei Abwesenheit des Kl. automatisch (auf Kosten des Arbeitgebers) zu dessen Mobiltelefon umgeleitet.

Die auf die Erlaßlage gestützte Auffassung des Bekl. sei durch die erstinstanzliche Rechtsprechung bereits relativiert worden. Danach sei für die Frag...

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