Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinzurechnung von Verlusten aus Aktiengeschäften gemäß § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG, Rückwirkung für das Jahr 2003. Finanz- und Abgaberecht

 

Leitsatz (redaktionell)

Die durch das Korb-II-Gesetz vom 22.12.2003 (BGBl. I 2003, 2840) rückwirkend für den gesamten Veranlagungszeitraum 2003 angeordnete außerbilanzielle Hinzurechnung negativer Aktiengewinne gemäß § 8b Abs. 3 KStG in Verbindung mit § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG ist eine verfassungsrechtlich zulässige unechte Rückwirkung.

 

Normenkette

KAGG § 40a Abs. 1 S. 2, § 43 Abs. 18; KStG § 8b Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 23.10.2019; Aktenzeichen XI R 43/18)

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendung von § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in Verbindung mit § 40a Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) in der Fassung des Artikels 6 des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz (im Folgenden: Korb-II-Gesetz) vom 22.12.2003 (BGBl I 2003, 2840) auf negative Aktiengewinne aus der Veräußerung von Sonder-Wertpapiervermögen.

Die Klägerin bildet einen Gleichordnungskonzern im Sinne des § 18 Abs. 2 des Aktiengesetzes (AktG).

Im Jahr 2003 veräußerte die Klägerin die folgenden Anteilsscheine an drei Spezialfonds und erzielte hieraus die folgenden Buchgewinne:

Fonds

Anzahl der Anteile

Veräußerung am

Buchgewinn

Fonds

X

00.00.2003

Fonds

X

00.00.2003

Fonds

X

00.00.2003

X €

Fonds

X

00.00.2003

Fonds

X

00.00.2003

X €

Fonds

x

00.00.2003

X €

Gesamt

X €

Aus der Veräußerung der Anteilsscheine an dem Fonds B erzielte die Klägerin einen buchtechnischen Verlust in Höhe von X €.

Im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2003 erklärte die Klägerin diese Buchgewinne in Höhe von X € als nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG 2002 steuerfrei „Steuerfreie Erträge aus dem Abgang von Investmentfondsanteilen”). Einen Anleger-Aktiengewinn oder -verlust ermittelte die Klägerin nicht.

Mit Körperschaftsteuerbescheid 2003 vom 06.07.2005, der gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, und mit Bescheid vom 06.01.2009, der den Ausgangsbescheid aus nicht das Klageverfahren betreffenden Gründen änderte, veranlagte der Beklagte die Klägerin hinsichtlich der Buchgewinne aus der Veräußerung der Anteilsscheine an den drei Spezialfonds erklärungsgemäß. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb im Änderungsbescheid vom 06.01.2009, mit dem die Körperschaftsteuer 2003 auf X € festgesetzt wurde, bestehen.

Für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2007 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung eine Außenprüfung bei der Klägerin durch, die mit Prüfungsbericht vom 09.03.2011, auf den verwiesen wird, abgeschlossen wurde.

Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung ermittelte – ausweislich der Tz. 2.11.8 des Prüfungsberichts vom 09.03.2011 – hinsichtlich der Veräußerung der Anteilsscheine an den Fonds C, D und E die folgenden Anleger-Aktienverluste, die der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitig sind:

Fonds

Anleger-Aktienverlust

C

X €

D

X €

E

X €

Gesamt

X €

Die negativen Aktiengewinne in Höhe von X € seien dem zu versteuernden Einkommen der Klägerin hinzuzurechnen. Die im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung 2003 erfolgte Steuerfreistellung der Buchgewinne nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG sei rückgängig zu machen. Der Verlust aus dem Verkauf des Fonds B sei nicht gemäß § 8b Abs. 3 KStG hinzuzurechnen.

Der Betrag der Einkommenskorrektur sei daher wie folgt zu ändern:

bisher

X €

abzgl. bisher steuerfrei belassene Buchgewinne

./. X €

errechneter Anleger-Aktienverlust

./. X €

Korrektur Verkauf Rentenfonds

X €

./. X €

Die Einkommenserhöhung betrage folglich X € und der Betrag der nicht abziehbaren Kosten mindere sich um X €. Insoweit wird auf den Betriebsprüfungsbericht Bezug genommen.

Der Beklagte schloss sich den Prüfungsfeststellung an und erließ am 12.04.2011 einen nach § 164 Abs. 2 AO korrigierten Körperschaftsteuerbescheid, mit dem er die Körperschaftsteuer 2003 auf X € festsetzte. Hierbei rechnete er unter anderem die Anleger-Aktienverluste in Höhe von insgesamt X € dem Einkommen hinzu.

Mit ihrem hiergegen erhobenen Einspruch wandte sich die Klägerin gegen die Hinzurechnung der negativen Aktiengewinne aus der Veräußerung von Investmentfonds. § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG dürfe als Verweisungsnorm auf § 8b Abs. 3 KStG nicht herangezogen werden, da diese Regelung erst mit dem Korb-II-Gesetz vom 22.12.2003 eingeführt worden sei. Vor Einführung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG habe es keine, dem § 8b Abs. 3 KStG entsprechende Regelung für Wertpapier-Sondervermögen gegeben. Die rückwirkende Einführung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG durch § 43 Abs. 18 KAGG sei unzulässig. Insoweit sei unter dem Aktenzeichen 1 BvL 5/08 bereits ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig.

Im Hinblick auf das beim Bundesverfassungsgericht unter dem Aktenzeichen 1 BvL 5/08 anhängige Verfahren zu der Frage der Verfassungsmäßigke...

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