Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Erfassung von Gewinnen bei Pokerturnieren sowie Cash-Games als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die gebotene Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt, dass der Stpfl. als Unternehmer wirtschaftlich tätig geworden ist, da er in einem Zeitraum von mindestens neun Jahren an Pokerturnieren sowie Cash-Games, ferner an Internet- und an Black-Jack-Veranstaltungen jeweils mit dem Ziel teilnahm, Entgelte zumindest in Form von "Preisgeldern" zu erzielen. Dass der Kläger in einigen Jahren dieses Zeitraums mit diesen Tätigkeiten per Saldo Verluste erzielt haben will, ist umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich, weil die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft dadurch gekennzeichnet ist, dass der Unternehmer Leistungen gegen Entgelt erbringt oder zu erbringen beabsichtigt.

2. Es ist unerheblich, aus welchem Grund der Stpfl. keine Aufzeichnungen vorlegen kann und damit dem FA die Möglichkeit einer schätzungsweisen Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen eröffnet. Ein Verschulden des Stpfl. hinsichtlich seines Verstoßes gegen die ihm nach § 22 UStG obliegenden Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten ist keine Voraussetzung für eine Schätzung nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 1, § 22; AO § 162 Abs. 2 S. 2; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.08.2017; Aktenzeichen XI R 37/14)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die vom Kläger (Kl.) in den Streitjahren 2006 und 2007 bei Pokerturnieren sowie bei Cash-Games und bei Internetveranstaltungen erzielten Gewinne umsatzsteuerpflichtige Entgelte darstellen.

Der verheiratete Kl. war im Streitjahr 2006 wie in den Vorjahren nichtselbständig tätig und erklärte bis einschließlich für den Veranlagungszeitraum (VZ) 2005 in seinen Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Einkünfte aus Gewerbebetrieb, § 15 EStG, oder aus selbständiger Arbeit, § 18 EStG, bzw. sonstige Einkünfte, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG, erklärte er nicht. Seine Ehefrau erklärte … wie für die Vor- so auch für die Streitjahre Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Weder für die Vorjahre noch für die Streitjahre reichte der Kl. Umsatzsteuer(USt)-Erklärungen ein.

Am 06.06.2005 traf der Kl. mit seinem damaligen Arbeitgeber, der N AG, eine Vereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 12.09.2001 über die Gewährung unbezahlten Urlaubs für den Zeitraum vom 01.08.2005 bis 31.01.2007. Laut Ziffer 5 der Vereinbarung, auf die Bezug genommen wird, hatte der Kl. während der Laufzeit der Vereinbarung für seine soziale Absicherung zu sorgen und eventuell erzielte Einkünfte zu versteuern. Nach Ablauf dieser Vereinbarung gab der Kl. seine Tätigkeit bei der N AG auf und war seitdem u.a. in den Streitjahren nicht mehr nichtselbständig tätig.

Am xx.xx.2008 gab der Kl. T I ein mit „…” betiteltes, unter www.….de ins Internet eingestelltes Interview, das wie folgt eingeleitet wurde: „…” Das Interview, auf das im Übrigen Bezug genommen wird, lautet auszugsweise: „T I: Erzähle uns doch mal, wie du zum Pokern gekommen bist. … K W: … Ich komme vom Bridge und habe jahrelang viele Kartenspiele gespielt. Zum Pokern bin ich vor ca. 5 Jahren gekommen durch einen Bekannten aus der Bridge Szene. Zu Beginn habe ich dann mit kleinen Limits im Seven Card Stud begonnen, wo ich mich allerdings auch die höheren Tische getraut habe. T I: Erzähl doch mal, wie du zu deinem … – Vertrag gekommen bist. Ruft dich da morgens einer an und sagt du bis jetzt … Pro? K W: Das war sogar noch unpersönlicher, ich bekam nur eine E Mail. Der Hintergrund war, dass sich … das Ziel gesetzt hatte, deutlich stärker am deutschen Markt auf zu treten. Deren Marketingkonzept ist ja so, dass sie bekannte Pokerspieler vorspannen und diese als … Pros auftreten. Sie wollten die Zahl von xx auf xx aufstocken. Da schaute man, wer ist auf … erfolgreich, schon bekannt und hat einen guten Ruf. Bei diesem Auswahlverfahren war halt auch ich dabei. … Ja und auf diesem Weg bin ich auf die Liste der xx Spieler gekommen. T I: …, hattest du in der Vergangenheit andere nennenswerte Erfolge? K W: Dadurch dass ich sehr viel Cash Game spiele, habe ich ja kaum an Turnieren teilgenommen. Ich habe xxxx das Main Event gespielt und bin auch gleich ins Geld gekommen. Einmal habe ich das Main Event in C gewonnen, was auch gut EUR 30.000 brachte. Aber ansonsten bin ich kaum bei Events angetreten und meine Erfolge kamen mehr im Cash Game zusammen. T I: Durch diesen großen Erfolg kommt ja nun zwangsläufig die Frage – Bist du Hobby Spieler oder Profi? K W: Ich habe zurzeit eine Pause vom Beruf genommen. Vor ungefähr vier Jahren hatte ich eine ziemlich heftige Krankheit, die fast mein Schicksal besiegelt hätte und dadurch hat sich meine Einstellung zum Leben völlig verändert. Ich hatte einfach entschieden, eine Pause zu machen und mich ganz meiner Freizeit zu widmen, was natürlich auch stark das Pokerspiel mit einbezieht. Das ist momentan der Stand der Dinge. T I: Dein Fr...

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