Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Veranlassung und Abzinsung von Angehörigendarlehen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein betrieblich veranlasstes Darlehensverhältnis wird mangels Fremdüblichkeit nicht begründet, wenn Ansprüche von Angehörigen des Betriebsinhabers über Jahre hinweg ohne vertragliche Grundlage stehen gelassen werden.

2) Ein solches nicht betrieblich veranlasstes Angehörigendarlehen unterliegt nicht dem Abzinsungsgebot des §6 Abs.1 Nr.3 EStG.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger von seiner Mutter und seiner Ehefrau zur Verfügung gestellte Geldbeträge als Darlehen zu passivieren und abzuzinsen sind.

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger (geb. 1946) betrieb im Streitjahr im Rahmen eines Einzelunternehmens das Hotel-Restaurant K in X. Das Hotel verfügte über insgesamt 40 Zimmer (zwei Appartements, 30 Doppel- und 8 Einzelzimmer). Der Kläger hatte das Hotel sowie zwei Mietshäuser in F durch notariellen Vertrag vom 07.10.1991 mit Wirkung zum 01.01.1992 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von seinen Eltern unter Vorbehalt eines lebenslangen Wohnrechts und gegen Zahlung einer dauernden Last erworben. Die lebenslange dauernde Last setzte sich aus einem monatlich zu zahlenden Geldbetrag in Höhe von 4.500 DM sowie der Verpflichtung zu einer lebenslangen Beköstigung und der Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge der Eltern zusammen. Der Vater des Klägers verstarb bereits am xx.01.1992, die Mutter des Klägers lebt noch heute. Nach einem zwischen den Eltern geschlossenen Erbvertrag vom xx.11.1947 ist die Mutter des Klägers Vorerbin geworden und der Kläger ist als einziges Kind der Eltern alleiniger Nacherbe. Inzwischen hat der Kläger das Hotel-Restaurant K am xx.05.2016 verkauft.

In den Jahren 2007-2010 setzte der Beklagte die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb zunächst wie folgt (weitgehend erklärungsgemäß) fest:

Jahr

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

2007

-69.148 €

2008

-61.200 €

2009

-24.434 €

2010

-66.428 €

Neben den gewerblichen Einkünften erzielte der Kläger auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus den geerbten Häusern in F sowie einem weiteren Objekt in X. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus ihrer Mitarbeit im Hotel. In den Jahren 2007-2009 erklärte die Klägerin jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 32.360 €, im Jahr 2010 27.581 €.

Der Kläger erklärte in den Einkommensteuererklärungen 2007-2010, dass er Beträge von 51.483 €, 51.488 €, 44.854 € und 24.064 € an seine Mutter aufgrund der vereinbarten dauernden Last gezahlt habe.

Für die Jahre 2008 bis 2010 führte der Beklagte ab dem 02.08.2012 eine Betriebsprüfung beim Kläger durch.

Im Rahmen der Betriebsprüfung stellte der Beklagte fest, dass in der Bilanz unter der Bilanzposition „Kurzfristige Darlehen” seit der Betriebsübernahme durch den Kläger Verbindlichkeiten gegenüber der Ehefrau des Klägers, der Klägerin, sowie gegenüber der Mutter des Klägers, Frau F P, bilanziert wurden. In den Jahren 2007 bis 2010 wiesen die Verbindlichkeiten folgende Höhe auf:

Jahr

D P

F P

2007

193.937,23 €

419.126,70 €

2008

293.545,94 €

478.390,55 €

2009

360.653,43 €

510.104,40 €

2010

397.153,43 €

521.118,25 €

Schriftliche Darlehensverträge hierzu existieren nicht, eine Verzinsung war nicht vereinbart. Der Kläger erläuterte hierzu im Rahmen der Betriebsprüfung, dass bereits seit dem Tod des Vaters im Jahr 1992 der ausgezahlte Bruttoarbeitslohn der Ehefrau sowie die Zahlungen der dauernden Last an die Mutter in den Betrieb „zurückflössen”. Ein Zins sei nicht vereinbart worden, da er diesen nicht hätte bezahlen können. Auch Teile der Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung eines Objektes in F würden seit Jahren in den Betrieb fließen (Gesprächsnotiz des Prüfers vom 03.08.2012, Bl. 155 f. der Betriebsprüfungsakte).

Der Beklagte gelangte zu dem Ergebnis, dass die Darlehen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG unter sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit einem Zinssatz von 5,5% pro Jahr abzuzinsen seien. Dabei ging er davon aus, dass die Restlaufzeiten der Darlehen nicht geschätzt werden könnten und die Bewertung der Darlehensverbindlichkeiten somit nach § 13 Abs. 2 BewG unter Anwendung des Vervielfältigers von 0,503 zu erfolgen habe.

Aus „Vereinfachungsgründen” (BP-Bericht vom 09.10.2012, Bl. 182 der BP Akte) führte der Beklagte die Abzinsung zunächst erstmalig im Jahr 2010 durch und gelangte zu folgenden Gewinnauswirkungen:

Darlehensgeber

Berechnung

Bilanzansatz

Gewinn 2010

F P

521.118,25 € × 0,503

262.122,48 €

+ 258.955,77 €

D P

397.153,43 € × 0,503

199.768,18 €

+ 197.385,25 €

Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 vom 22.11.2012 setzte er die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von 389.953 € fest.

Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, dass eine Abzinsung nicht vorzunehmen sei. Bezüglich des Darleh...

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