Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsverbot für Geldbußen bei Kartellrechtsverstößen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine nach § 81 Abs. 2 GWB i.V.m. § 17 Abs. 1 bis 3 OWiG festgesetzte Geldbuße, mit der der wirtschaftliche Vorteil des Steuerpflichtigen nicht abgeschöpft wird, unterfällt dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG.

2) Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug einer solchen Geldbuße ist, dass sie tatsächlich in der Weise "mehrerlösbezogen" festgesetzt wird, dass zwischen der Höhe der Geldbuße und dem Mehrerlös (und damit auch dem wirtschaftlichen Vorteil) eine betragsmäßige Korrespondenz besteht.

 

Normenkette

GWB § 81 Abs. 2; OWiG § 17 Abs. 1-3; EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 11.01.2012; Aktenzeichen IV B 142/10)

BFH (Beschluss vom 11.01.2012; Aktenzeichen IV B 142/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang im Streitjahr 2002 eine gegen die Klägerin wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen festgesetzte Geldbuße gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Betriebsausgabe abzugsfähig ist.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG mit Sitz in E.. Sie betreibt ein … unternehmen. Gesellschafter der Klägerin waren im Streitjahr 2002 die … GmbH U. als Komplementärin (ohne Kapitalbeteiligung) und als Kommanditisten die Y. GmbH & Co. KG mit einer Beteiligung von 60 %, die X. AG mit einer Beteiligung von 30 % und Frau F. G. mit einer Beteiligung von 10 %. Einzelprokurist der Komplementärin der Klägerin, der … GmbH U., war Herr H. I..

Gegen I. ist vom Bundeskartellamt 2001 ein Kartellordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden. I. wurde vorgeworfen, sich in leitender Stellung als Prokurist der die Klägerin vertretenden … GmbH U. und als Prokurist bzw. Geschäftsführer anderer Gesellschaften an der Durchführung wettbewerbsbeschränkender Absprachen beteiligt zu haben. Gegen I. als Betroffenen und die Klägerin und andere Gesellschaften als Nebenbetroffene hat die 1. Beschlussabteilung des Bundeskartellamts unter dem … 2002 einen Bußgeldbescheid erlassen, nach dem gegen den I. als Betroffenen Geldbußen in Höhe von insgesamt …,– Euro festgesetzt wurden. Gegen die Klägerin als Nebenbetroffene wurde als Nebenfolge der von dem Betroffenen begangenen Ordnungswidrigkeiten eine Geldbuße in Höhe von …,– Euro wegen Preis- und Quotenabsprache mit dem … hersteller V. J. GmbH & Co. Kg durch gemeinsamen Vertrieb über die Firma Z. K./J. GmbH als Vertriebsstelle sowie eine Geldbuße in Höhe von …,– Euro wegen Quotenabsprachen mit weiteren Herstellern im … Raum festgesetzt. In der Begründung des Bußgeldbescheids wird bezüglich der Quotenabsprache mit weiteren Herstellern im … Raum (auszugsweise) ausgeführt:

„… A.

… Im Großraum L./E./M. tätige … hersteller praktizierten seit Jahren – zumindest von 1990 bis in das Jahr 2001 – eine verbotene Quotenabsprache. Dabei sind für die einzelnen Hersteller Anteile am Gesamtabsatz des festgelegten Kartellgebietes vereinbart worden. Im Einzelnen waren dies im Jahre 1990: …

N./U.

… cbm

… Die Klägerin gehörte diesem Kartell … von Anfang an ununterbrochen an.

Als Ergebnis dieser Vereinbarung konnten die … preise auf ein Niveau angehoben werden, welches bei unbeschränktem Wettbewerb nicht erreichbar gewesen wäre. Preiszugeständnisse erübrigten sich weitgehend, da sowohl der Zwang zur Verteidigung als auch der Anreiz zur Ausweitung des eigenen Marktanteils entfiel. …

Für die „U.” ergibt sich bei einem jährlichen Quotenanteil von … cbm für den gleichen Zeitraum ein Absprachevolumen von … cbm. …

C.

4. Durch die von dem Betroffenen in leitender Stellung bei … der die Klägerin vertretenden … GmbH U. begangenen Ordnungswidrigkeiten sind betriebsbezogene Pflichten der Nebenbetroffenen verletzt und sind diese bereichert worden. Gegen sie waren daher gemäß § 30 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) ebenfalls Geldbußen festzusetzen. …

5. Die Geldbußen sind aufgrund des Bußgeldrahmens des § 38 Abs. 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) alte Fassung (a.F.) i.V.m. § 81 Abs. 2 GWB neue Fassung (n.F.) unter Beachtung von § 17 Abs. 1 bis 3 OWiG festgesetzt worden.

Bei der Bemessung der Geldbuße gegen den Betroffenen waren zu seinen Lasten die Dauer und Intensität der Verstöße in leitender Stellung bei zwei Nebenbetroffenen zu berücksichtigen. Auch waren seine günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse in Betracht zu ziehen.

Bei der Bemessung der Geldbuße gegen die Nebenbetroffenen war über die oben genannten Gesichtspunkte hinaus zu berücksichtigen, dass den Nebenbetroffenen durch ihre Teilnahme an wettbewerbswidrigen Absprachen erhebliche Mehrerlöse zugeflossen sind. Durch die Beschränkung des Wettbewerbs haben die … preise auf ein Niveau angehoben werden können, das bei unbeschränktem Wettbewerb nicht erreichbar gewesen wäre. Dies ist darauf zurückzuführen, dass durch die Preis- und Mengenabsprachen sowie Gebietsaufteilung der Zwang und Anreiz zur Vert...

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