Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung der Kosten eines Vaterschaftsprozesses als agB

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei den Kosten eines Zivilprozesses spricht eine Vermutung gegen die erforderliche Zwangsläufigkeit i.S.d. § 33 Abs. 2 EStG, da der Steuerpflichtige das Prozessrisiko nach Abwägung bewusst in Kauf nimmt.

2. Die Kosten eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens sind nicht als zwangsläufig entstandene Aufwendungen anzusehen, da diese nicht auf einem unabwendbaren Ereignis beruhen.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 2-3, § 33

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.03.2004; Aktenzeichen III R 24/03)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten, ob die Kosten eines Vaterschaftsprozesses gem. § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.

Durch Urteil des AG E. vom 22.09.1994 wurde festgestellt, dass der Kl. Vater seiner am 31.01.1993 geborenen Tochter ist. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass der Kl. im Vaterschaftsprozess behauptet hatte, seine Beziehung zur Kindesmutter habe nur von Dezember 1991 bis Februar 1992 gedauert, und es sei deshalb in der gesetzlichen Empfängniszeit vom 04.04.1992 bis zum 03.07.1992 zu keinerlei persönlichem Kontakt mit der Kindesmutter gekommen. Die Vaterschaft wurde auf Grund eines Sachverständigengutachtens festgestellt, wonach für den Kl. eine biostatistische Vaterschaftswahrscheinlichkeit von 99,966 % bestand (vgl. Urteilskopie in den Steuerakten).

Die Prozeßkosten beliefen sich auf 5.295,20 DM, wobei 4.683,20 DM auf die Sachverständigenentschädigung entfielen. Auf diese Prozesskosten zahlte der Kl. im Streitjahr 1999 4.950,95 DM und machte die Aufwendungen in seiner ESt-Erklärung als außergewöhnliche Belastungen geltend.

Durch Bescheid vom 14.09.2000 setzte der Beklagte (Bekl.) die ESt für das Streitjahr 1999 fest, ohne die Prozesskosten Steuer mindernd zu berücksichtigen.

Hiergegen wandte sich der Kl. mit seinem Einspruch vom 10.10.2000. Er verwies auf die Urteile des FG Köln vom 17.12.1985 (5 K 445/83) und des Hessischen FG vom 21.01.1986 (1 K 560/83, EFG 1986, 401). Er führte dazu aus, er habe den Vaterschaftsprozess nicht leichtfertig geführt, weil er begründete Zweifel an seiner Vaterschaft gehabt habe. Tatsächlich habe lediglich ein einmaliger Kontakt zu der Kindesmutter stattgefunden. Es sei daher unzumutbar gewesen, die Vaterschaft anzuerkennen.

Der Bekl. wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 05.02.2001 als unbegründet zurück. Er bezog sich auf das Urteil des BFH vom 09.05.1996 (III R 224/94, BStBl II 1996, 596). Eine ausnahmsweise Anerkennung der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen komme nicht in Betracht, da der Kl. nicht dargelegt habe, ohne den Rechtsstreit seine Existenzgrundlage zu verlieren bzw. seine lebensnotwendigen Bedürfnisse im Üblichen nicht mehr befriedigen zu können.

Mit seiner am 02.03.2001 erhobenen Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter.

Er meint, die Zwangsläufigkeit der ihm entstandenen Aufwendungen könne nicht deshalb abgelehnt werden, da er seine Vaterschaft auch habe anerkennen können. Insoweit werde den Besonderheiten des Vaterschaftsfeststellungsprozesses nicht ausreichend Rechnung getragen. Es handele sich insoweit um einen Statusprozess mit weit reichenden familienrechtlichen, erbrechtlichen und finanziellen Konsequenzen. Dem Prozessrisiko könne der in Anspruch genommene potentielle Vater nicht ausweichen. Im Übrigen sei ein Anerkenntnis der Vaterschaft bei begründeten Zweifeln nicht zumutbar. Begründete Zweifel an seiner Vaterschaft habe der Kl. hier deshalb gehabt, da er die Mutter des Kindes kaum gekannt habe. Es sei lediglich zu einem Kontakt gekommen. Er habe daher annehmen müssen, dass die Mutter einen „freizügigen” Lebenswandel geführt habe. Diese Zweifel habe auch das AG E. geteilt, das seine Vaterschaft durch einen Gutachten habe klären lassen.

Der Kl. beantragt,

Prozesskosten i.H.v. 4.950,95 DM als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen und die Einkommensteuer 1999 entsprechend herabzusetzen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf seine EE. Er meint, der Kl. habe auch ohne einen entsprechenden Prozess seine Vaterschaft gutachterlich klären lassen können.

Die Parteien haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Nach § 33 Abs. 3 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichten gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes erwachsen (außergewöhnliche Belastung).

Bei den Kosten eines Zivilprozesses spricht nach der ständigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (vgl. BFH-Urteile vom 09.05.1996 a. a. O. und vom 04.12.2001 III R 31/00, BStBl. II 2002, 382 m. w. N.).

Zwangsläufigkeit i. S. d. § 33 Abs. 2 EStG ist nur gegeben, wenn auf die Entschließung des Steuerpflichtigen in der Weise Gründe von außen einwirken...

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