Entscheidungsstichwort (Thema)

90 %-Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) An der Rechtmäßigkeit eines Schenkungsteuerbescheides bestehen ernstliche Zweifel, wenn durch Anwendung der 90 %-Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG jegliche Verschonung des Betriebsvermögens ausgeschlossen ist, obwohl kein missbräuchlicher Sachverhalt gegeben ist. Dies ist der Fall, wenn die Anwendung der Norm rechnerisch zu einem Prozentsatz von 473% an Verwaltungsvermögen führt, obwohl in dem übertragenen Betriebsvermögen nach Schuldenverrechnung kein Verwaltungsvermögen mehr vorhanden ist.

2) Die Entscheidung darüber, ob § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG einschränkend auszulegen ist und ob verfassungsrechtliche Zweifel an der Norm bestehen, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

 

Normenkette

ErbStG § 13b Abs. 2 S. 2

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist.

Die Antragstellerin erwarb durch Schenkung ihres Vaters alle Anteile an der B-Pharma GmbH (im Folgenden: GmbH) in C-Stadt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 07.03.2017 (URNr. Xxx des Notars Dr. Q. N. in C-Stadt) Bezug genommen.

Auf Anforderung des Antragsgegners stellte das Finanzamt C-Stadt für Zwecke der Schenkungsteuer auf den 07.03.2017 den Wert des Anteils für die GmbH, die Summe der gemeinen Werte der Finanzmittel, der jungen Finanzmittel, des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 4 Nr. 14 ErbStG und des jungen Verwaltungsvermögens und der Schulden (§ 13b Abs. 10 ErbStG) gesondert und einheitlich fest.

Den Wert der übertragenen Anteile stellte das Finanzamt C-Stadt mit X Euro entsprechend der abgegebenen Steuererklärung fest. Bei dem Wert der Anteile handelt es sich um den Substanzwert, da eine Bewertung im Ertragswertverfahren unstreitig zu einem negativen Ergebnis führe.

Das Finanzamt C-Stadt traf weiter folgende Feststellungen:

– Summe der gemeinen Werte der Finanzmittel:

X Euro

– Summe der gemeinen Werte der jungen Finanzmittel:

X Euro

– Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens

0 Euro

nach § 13b Abs. 4 Nr. 14 ErbStG:

– Summe der gemeinen Werte des jungen Verwaltungsvermögens:

0 Euro

– Summe der gemeinen Werte der Schulden:

X Euro

– Ausgangslohnsumme:

X Euro

Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 19.04.2018 des Finanzamt C-Stadt Bezug genommen (Blatt 3 ff. der Gerichtsakte).

In der Anlage Steuerentlastung für Unternehmensvermögen (§ 13a, b ErbStG) zur Schenkungsteuererklärung ist in Zeile 15 angekreuzt, dass von der Optionsverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG Gebrauch gemacht werden soll. Eine Erklärung zur Optionsverschonung nach § 13a ErbStG war zwar beigefügt, aber nicht unterschrieben. Der Antragsgegner sandte deswegen der Antragstellerin den Antrag auf Optionsverschonung zurück und bat, diesen zu unterschreiben. Daraufhin teilte der steuerliche Berater der Antragstellerin mit, dass die Antragstellerin für die Schenkung der GmbH-Anteile die Regelverschonung in Anspruch nehmen möchte. Daher sei der Antrag auf Optionsverschonung nicht unterschrieben worden, allerdings sei in der Steuererklärung das entsprechende Kreuz falsch gesetzt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die E-Mail vom 24.07.2017 Bezug genommen (Steuerakte).

Der Antragsgegner setzte die Schenkungsteuer auf X Euro fest. Dabei legte er einen Wert des Erwerbs von X Euro sowie Vorschenkungen i. H. v. X Euro zu Grunde, so dass sich ein Erwerb von insgesamt X Euro ergab; abzüglich des Freibetrags nach § 16 ErbStG von 400.000 Euro betrug der steuerpflichtige Erwerb danach X Euro.

Unter Erläuterungen heißt es, dass mit Bescheid des Finanzamts C-Stadt vom 19.04.2018 Finanzmittel und junge Finanzmittel i. H. v. insgesamt X Euro ermittelt worden seien. Nach § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG (90 %-Prüfung) könne eine Begünstigung nach § 13a ErbStG nicht gewährt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Schenkungsteuerbescheid vom 25.10.2018 Bezug genommen.

Die Antragstellerin legte Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.

Die Antragstellerin habe die Gewährung eines Verschonungsabschlags i. H. v. 100 % gem. § 13a Abs. 10 ErbStG beantragt. Dieser Verschonungsabschlag sei mit dem Bescheid versagt worden. Der Feststellungsbescheid enthalte Finanzmittel und junge Finanzmittel i. H. v. insgesamt X Euro, so dass auf Grund der Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG (90 %-Prüfung) eine Begünstigung nicht gewährt werden könne.

§ 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG sei verfassungswidrig. Dies gelte jedenfalls insoweit, als das dort die Schuldenverrechnung nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG von der Berechnung der 90 %-Grenze ausgenommen werde. Nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG werde keine Begünstigung im Sinne der §§ 13a, c, 28 Abs. 1 und 28a ErbStG gewährt, wenn die (modifizierte) Verwaltungsvermögensquote bei mindestens 90 % liege. Nach Auffassung der Finanzverwaltung solle nicht nur das Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG vor Schuldenabzug nach § 13b Abs. 6 ErbStG anzusetzen se...

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