Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidung über die Zulässigkeit der Übertragung einer in einem landwirtschaftlichen Einzelunternehmen gebildeten Rücklage nach § 6b EStG auf das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, an der der Steuerpflichtige beteiligt ist, nicht im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Personengesellschaft, sondern zwingend im Rahmen der Bilanz des landwirtschaftlichen Einzelunternehmens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Will der Steuerpflichtige eine in seinem landwirtschaftlichen Einzelunternehmen gebildete Rücklage nach § 6b EStG auf das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft übertragen, an der er beteiligt ist, so ist über die Zulässigkeit dieser Rücklagenübertragung (hier: Streit über den Beginn und damit auch den Ablauf der Reinvestitionsfrist) nicht im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Personengesellschaft zu entscheiden; insoweit steht dem Steuerpflichtigen keine Klagebefugnis zur Anfechtung des für die Personengesellschaft ergangenen Feststellungsbescheids zu (im Streitfall: Entscheidung über die – gewinnwirksame oder gewinnneutrale – Auflösung der § 6b-Rücklage zwingend im Rahmen der Bilanz des landwirtschaftlichen Einzelunternehmens und damit im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung des Steuerpflichtigen).

2. Das Bilanzierungswahlrecht für die Bildung und – gewinnneutrale oder gewinnwirksame – Auflösung einer § 6b-Rücklage ist immer durch entsprechenden Bilanzansatz im „veräußernden” Betrieb auszuüben, auch wenn die Rücklage auf Wirtschaftsgüter eines anderen Betriebs des Steuerpflichtigen übertragen werden soll. In der Bilanz der „reinvestierenden” Gesellschaft wirkt sich die Übertragung der Rücklage erst in Form der Minderung der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten aus (vgl. BFH, Urteil v. 19.12.2012, IV R 41/09, BStBl 2013 II S. 313). Das gilt auch und gerade dann, wenn der veräußernde und der aufnehmende Betrieb ihre Gewinnermittlung nicht auf denselben Bilanzstichtag erstellen oder unterschiedliche Finanzämter für die jeweilige Veranlagung zuständig sind.

3. Das Gericht folgt nicht der Auffassung, dass über das „Ob” und den Umfang der Rücklagenübertragung immer erst bei Aufstellung des Jahresabschlusses des Reinvestitionsbetriebs entschieden werden könne und deshalb das Bilanzierungswahlrecht erst bei der Bilanzaufstellung des Reinvestitionsbetriebs ausgeübt werden müsse.

 

Normenkette

EStG § 6b Abs. 1 S. 2 Nr. 3, Abs. 3, § 4 Abs. 1; FGO § 40 Abs. 2, § 41; AO § 179 Abs. 2 S. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.12.2021; Aktenzeichen IV R 7/19)

BFH (Beschluss vom 02.07.2020; Aktenzeichen IV R 7/19)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger eine in seinem landwirtschaftlichen Betrieb nach der Veräußerung einer betrieblichen Grundstücksfläche im Wirtschaftsjahr 2001/2002 gebildete Rücklage nach § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum 30. Juni 2006 wirksam auf eine Beteiligung des Klägers an der Firma (KG) übertragen konnte.

Der Kläger betreibt unter anderem ein land- und forstwirtschaftliches Einzelunternehmen. Das Wirtschaftsjahr dieses Unternehmens erstreckt sich vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahres.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 18. Oktober 2001 (NotarV) veräußerte der Kläger Grundvermögen seines landwirtschaftlichen Einzelunternehmens. Dabei handelte es sich um die Grundstücke Gemarkung

Die Flächen Gemarkung befanden sich aufgrund eines Erbbaurechtsvertrages und die Fläche aufgrund eines Mietvertrages im unmittelbaren Besitz der. Die Teilfläche befand sich aufgrund eines Pachtvertrages im unmittelbaren Besitz der. Die Besitzübergabe sollte mit Bezahlung des Kaufpreises erfolgen. Am Tage der Besitzübergabe sollten Gefahr, Nutzen, öffentliche Lasten, Steuern und Abgaben sowie die Verkehrssicherungspflichten auf den Käufer übergehen (Ziffer VI NotarV). Der Käufer sollte gemäß Ziffer VII NotarV mit Besitzübergabe in die Rechte und Pflichten des Klägers aus dem Mietvertrag mit der und dem Pachtvertrag mit der eintreten.

Der Kaufpreis wurde am 14. November 2001 bezahlt. Der Kläger bezahlte in den Jahren 2001 und 2002 die Grundsteuer für die veräußerten Flächen. Diese Beträge wurden dem Erwerber nicht in Rechnung gestellt. Bis April 2002 erfolgten durch die Miet- und Erbpachtzinszahlungen an den Kläger. Im Kalenderjahr 2002 zog der Kläger mit der Ernte noch Früchte aus Teilen der veräußerten Flächen. Diese Nutzungen leitete der Kläger nicht an die Erwerberin weiter. Im November 2002 begann die Erwerberin mit Baumaßnahmen aufgrund einer Teilbaugenehmigung vom 17. Oktober 2002 sowie einer Baugenehmigung vom 3. Februar 2003. Der Bauantrag wurde am 11. Juli 2002 gestellt. Die Auflassung wurde notariell in einer Urkunde vom 25. März 2003 erklärt. Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte am 16. Juli 2003. Ein Vertrag über die Aufhebung des Erbba...

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