Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten eines Ehescheidungsverfahrens als außergewöhnliche Belastungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einer Ehescheidung sind die mit dem Gerichtsverfahren zusammenhängenden Kosten (Gerichts- und Anwaltskosten für Scheidung und Versorgungsausgleich – sog. Zwangsverbund, § 623 Abs. 1 ZPO) unabhängig von der Schuldfrage als zwangsläufig anzusehen und daher als außergewöhnliche Belastungen in Abzug zu bringen.

2. Alle weiteren mit der Scheidung zusammenhängenden Kosten – z. B. die Kosten für Scheidungsfolgesachen (vermögensrechtliche Regelungen, Ehegatten- /Kindesunterhalt, Umgangs- und Sorgerecht) – sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.

 

Normenkette

EStG § 33

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.03.2016; Aktenzeichen VI R 69/12)

BFH (Urteil vom 10.03.2016; Aktenzeichen VI R 69/12)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2007 vom 30.03.2012 wird die Einkommensteuer 2007 auf 21.711 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig sind Darlehenszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sowie die Anerkennung von Aufwendungen anlässlich eines Ehescheidungsverfahrens als außergewöhnliche Belastungen.

I.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2006 und 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung.

In seiner Einkommensteuererklärung 2006 machte er Kosten i.H.v. insgesamt 9.572 EUR anlässlich eines Ehescheidungsverfahrens als außergewöhnliche Belastungen geltend. Beigefügt waren eine Rechnung der Rechtsanwälte XYZ (RA XYZ) vom … mit dem Betreff „Ehescheidung” über 2.771,56 EUR sowie der entsprechende Banküberweisungsbeleg, eine Rechnung der RA XYZ vom … mit dem Betreff „Einstweilige Anordnung Kindes- und Trennungsunterhalt” vom … über 756,09 EUR und eine Rechnung der RA XYZ vom … mit dem Betreff „Einstweilige Anordnung Prozesskostenvorschuss” über 532,90 EUR. Des Weiteren wurden eine Banküberweisung vom … über 259,50 EUR an den Rechtsanwalt Dr. T. mit dem Betreff „Gerichtskostenvorschuss F.”, eine Banküberweisung vom … an die RA XYZ über 2.568,47 EUR, ein Überweisungsauftrag vom … an die RA XYZ über 1.383,42 EUR und ein Überweisungsauftrag vom … an die RA XYZ über 1.278,78 EUR eingereicht. Außerdem machte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung 2006 Werbungskosten aus Kapitalvermögen i.H.v. 2.782,09 EUR geltend. Darin waren so benannte „Schuldzinsen Umschuldung Konto” i.H.v. 2.504,14 EUR enthalten.

Mit seiner Einkommensteuererklärung 2007 machte der Kläger Kosten anlässlich des Scheidungsverfahrens i.H.v. 4.874 EUR geltend. Beigefügt wurde eine Rechnung der RA XYZ vom … über 3.113,11 EUR. Diese setzten sich zusammen aus Kosten für „Gerichtsverfahren” i.H.v. 1.499,05 EUR, der Gebühr für „Zugewinn” i.H.v. 892,56 EUR und der Geschäftsgebühr für „Kindes- und Trennungsunterhalt” i.H.v. 721,50 EUR. Außerdem war ein Überweisungsauftrag an die RA XYZ vom … über 1.761,08 EUR angefügt. Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen machte er Werbungskosten i.H.v. 2.543,61 EUR geltend. Darin enthalten waren „Schuldzinsen Umschuldung Kto.” i.H.v. 232,08 EUR und Kosten für „Umschuldung auf ABC” i.Hv. 2.034,08 EUR.

Mit Einkommensteuerbescheid 2006 vom … und Einkommensteuerbescheid 2007 vom …, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 der Abgabenordnung (AO) ergingen, veranlagte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) zunächst erklärungsgemäß.

Mit Schreiben vom … wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass bezüglich der Kosten anlässlich der Ehescheidung nur die unmittelbaren und unvermeidbaren Kosten des Scheidungsprozesses – Prozesskosten für Scheidung und Versorgungsausgleich – als zwangsläufig erwachsen anzusehen seien. Außerdem wurde der Kläger aufgefordert, in Hinblick auf die geltend gemachten Darlehenszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen darzulegen, ob die Kapitalanlagen, zu deren Anschaffung die Darlehen verwendet worden seien, noch vorhanden seien. Entsprechende Nachweise erbrachte der Kläger nicht.

Mit Änderungsbescheid 2006 vom … wurden unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung die geltend gemachten Kosten anlässlich der Scheidung mit 3.500 EUR geschätzt; die Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen wurden nach § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur noch zur Hälfte i.H.v. 1.391 EUR berücksichtigt. Mit Änderungsbescheid 2007 wurden unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung die Scheidungskosten mit 1.500 EUR festgesetzt. Die geltend gemachten Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen wurden nur noch in Höhe der Hälfte von 1.424 EUR angesetzt.

Hiergegen erhob der Kläger Einsprüche. Das FA wies den Kläger mit Schreiben vom … daraufhin, dass im Einspruchsverfahren die Schuldzinsen aus der Umschuldung des Kredits mangels Nachweises des konkreten Bezugs zu den noch vorhandenen Kapitalanlagen gar nicht – auch nicht, wie bisher angesetzt – zur Hälfte berücksichtigt werden könnten und de...

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