rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nur ein persönlicher Freibetrag nach § 16 ErbStG des Nacherben bei Zusammentreffen von mehreren Nacherbfolgen von demselben Vorerben

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erbt der Erbe das Eigenvermögen der Erblasserin und wird er durch den Tod der Erblasserin zudem Nacherbe hinsichtlich des Vermögens aus mehreren Vorerbschaften, für das jeweils die Erblasserin und damit dieselbe Person Vorerbin war, liegen ungeachtet desssen, dass zivilrechtlich mehrere Erbmassen vorhanden sind, hinsichtlich der Nacherbschaften erbschaftsteuerlich aufgrund der gesetzlichen Fiktion in § 6 Abs. 1 ErbStG nicht mehrere erbschaftsteuerliche Erwerbe sondern ein einheitlicher Erwerb von der Vorerbin vor, für den insgesamt nur ein persönlicher Freibetrag nach § 16 ErbStG in Anspruch genommen werden kann. Dem Nacherben steht nicht für jede von demselben Vorerben stammende Nacherbschaft jeweils ein eigener Freibetrag nach § 16 ErbStG zu; dass ein erbschaftssteuerrechtlich einheitlicher Erwerb mehrere persönliche Freibeträge nach § 16 ErbStG auslöst, ist weder dem Regelungszweck des § 6 ErbStG noch dem des § 16 ErbStG zu entnehmen.

2. Die einzelnen Erbmassen und die dazugehörigen Vorerwerbe sind lediglich Rechnungsposten für die Bestimmung des einheitlichen steuerlichen Erwerbs und lassen daher eine gegenseitige Verrechnung zu.

3. Die Nacherbfolge wird erbschaftsteuerlich wie zwei Erbfälle behandelt. Zunächst unterliegt der Vorerbe wie ein Vollerbe der Erbschaftsteuerpflicht, anschließend hat der Nacherbe seinen Vermögenserwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 ErbStG). Das ErbStG durchbricht damit den zivilrechtlichen Regelungsansatz, wonach der Nacherbe vom Erblasser und nicht vom Vorerben erbt.

 

Normenkette

ErbStG § 6 Abs. 1, 2 S. 1, § 6 Ab S. 2, § 6 Ab S. 3, § 6 Ab S. 4, § 6 Ab S. 5, § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 14 Abs. 1; BGB § 2139

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.12.2021; Aktenzeichen II R 1/20)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision zum Bundefinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der jeweils einzeln gegen die Kläger festgesetzten Erbschaftsteuer, wobei nur die Rechtsfrage streitbehaftet ist, ob bei der jeweiligen Steuerfestsetzung mehrere persönliche Freibeträge nach § 16 des Erbschaftssteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind lt. Erbschein des Amtsgerichts X vom XX. März 2016 (Az. X) testamentarische Miterben zu je 1/5 nach der am X. XX 2015 verstorbenen Frau X (im Folgenden Erblasserin). Die Erbmasse besteht aus Eigenvermögen der Erblasserin und dem Vermögen aus zwei Vorerbschaften. Die Erblasserin war von ihren Eltern – Y und Z – in dem Ehe- und Erbvertrag vom X. September 1957 jeweils als Vorerbin eingesetzt. Nach den Bestimmungen des Ehe- und Erbvertrages sollte die Nacherbfolge eintreten, wenn die Vorerbin ohne Hinterlassung von eigenen leiblichen Abkömmlingen verstirbt, was auch tatsächlich eintrat. Zu Nacherben wurden die gesetzlichen Erben berufen, sofern diese zugleich Abkömmlinge der Eheleute Y und Z sind, was auf die Kläger zutrifft. Lt. Teil-Erbscheinen des Amtsgerichts X vom X. Dezember 2015 (Az. X) sind die Kläger Miterben zu je 1/6 nach der am X. XX 1992 verstorbenen Y. Lt. Teil-Erbschein des Amtsgerichts X vom X. Juli 2016 (Az. X) sind die Kläger Miterben zu je 1/6 nach dem am X. XX 1966 verstorbenen Z.

Mit Einreichung der Erbschaftsteuererklärung durch den Testamentsvollstrecker über den Nachlass der Erblasserin – Herrn X –, stellte letzterer für die Kläger jeweils einen Antrag nach § 6 Abs. 2 Satz 2 ErbStG. Ausgehend von der eingereichten Erklärung setzte der Beklagte mit Erbschaftsteuerbescheiden jeweils vom X. Mai 2017 gegen die Klägerin zu 1 Erbschaftsteuer i.H.v. X EUR, gegen die Klägerin zu 2 Erbschaftsteuer i.H.v. X EUR und gegen den Kläger zu 3 Erbschaftsteuer i.H.v. X EUR fest. Dabei berücksichtigte der Beklagte jeweils einen persönlichen Freibetrag i.H.v. insgesamt 400.000 EUR. Dagegen erhob der Testamentsvollstrecker mit Schreiben vom X. Juni 2017 die Einwendung der Nichtigkeit der Erbschaftsteuerbescheide und legte zugleich Einspruch gegen die Bescheide beim Beklagten ein. Mit Erbschaftsteuerbescheiden jeweils vom X. September 2017 wurden die Bescheide vom X. Mai 2017 infolge der teilweisen Abhilfe des Beklagten geändert und die Erbschaftsteuer gegen die Klägerin zu 1 auf X EUR, gegen die Klägerin zu 2 auf X EUR und gegen den Kläger zu 3 auf X EUR herabgesetzt. Soweit die Kläger im Rahmen des Einspruchsverfahrens gefordert hatten, dass jedem Kläger parallel mehrere persönliche Freibeträge nach § 16 ErbStG zu gewähren sind, half der Beklagte den Einsprüchen nicht ab. Mit Schreiben vom X. Dezember 2017 kündigten die Kläger an, nach Ablauf des X. Februar 2018 eine Untätigkeitsklage einzureichen, wenn der Beklagte bis dahin nicht über die Einsprüche entscheiden sollte.

Mit Schriftsatz vom X. Februar 2018, der a...

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