rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG ist mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG in der im Streitjahr 2011 geltenden Fassung, wonach deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben, als Inländer gelten (sog. erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht), ist weder verfassungs- noch europarechtswidrig.

 

Normenkette

ErbStG § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b; GG Art. 3 Abs. 1; AEUV Art. 63 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.10.2022; Aktenzeichen II R 5/20)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Schenkungsteuer.

Der Kläger sowie dessen Mutter … (im Folgenden: Überlasserin) – jeweils deutsche Staatsangehörige – verlegten am 30. November 2011 ihren jeweiligen alleinigen Wohnsitz von München nach …/Schweiz (Kanton X). Der Kläger erhielt von der Überlasserin mit Vertrag vom 16. Dezember 2011 das im Grundbuch Y Nr. …. im Kanton X eingetragene Grundvermögen (ein mit einem Wohnhaus samt Garage bebautes 1.707 qm großen Grundstück) unter Einräumung eines lebenslangen Nießbrauchs im Wege einer Schenkung übertragen und wurde im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Diesen Vorgang teilte der Kläger mit Schreiben vom 11. November 2017 unter Vorlage des Schenkungsvertrags vom 16. Dezember 2011 dem beklagten Finanzamt (FA) aufgrund dessen Nachfrage im Schreiben vom 17. Oktober 2017 im Zusammenhang mit dem – hier nicht streitgegenständlichen – Erbschaftsteuerverfahren bzgl. der am 15. Februar 2013 verstorbenen Überlasserin mit. Mit weiterem Schreiben vom 29. November 2017 gab der Kläger gegenüber dem FA den Verkehrswert für das o.g. Grundstück zum 19. November 2012 mit 1.161.000 CHF an.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2017 setzte das FA Schenkungsteuer i.H.v. 155.399 EUR fest; hierbei legte das FA neben einem Erwerb i.H.v. 918.718,44 EUR (Grundstück in der Schweiz abzüglich Nießbrauch) Vermögen aus – zwischen den Beteiligten nicht streitigen – Vorerwerben i.H.v. 428.722,88 EUR zugrunde und brachte den Freibetrag nach § 16 des Erbschafts- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i.H.v. 400.000 EUR sowie einen Anrechnungsbetrag für die Vorerwerbe zum Abzug.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2017 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 8. Dezember 2017 Einspruch ein, den er damit begründete, dass die Vorschrift § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG rechtswidrig und daher nicht anzuwenden sei, so dass eine Besteuerung der Schenkung vom 16. Dezember 2011 ausscheide. Mit Bescheid vom 27. März 2018 setzte das FA die Schenkungsteuer auf 154.620 EUR (aus hier nicht streitigen Gründen) herab. Mit Einspruchsentscheidung vom 29. März 2018 wies das FA den Einspruch des Klägers gegen den Schenkungsteuerbescheid vom 8. Dezember 2017 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 27. März 2018 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich der Kläger mit seiner am 3. Mai 2018 bei Gericht eingegangenen Klage, zu deren Begründung er im Wesentlichen Folgendes vorträgt: § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG verstoße gegen den Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), gegen Europarecht sowie gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK).

Der Kläger beantragt,

den Schenkungsteuerbescheid vom 8. Dezember 2017 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 27. März 2018 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. März 2018 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung der Klageerwiderung verweist das FA im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung vom 29. März 2018.

Wegen der weiteren Einzelheiten (u.a. des Vortrags der Beteiligten) wird nach § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Schenkungsteuerakte des FA sowie die Gerichtsakte nebst Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2019 Bezug genommen.

Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 29. Mai 2019 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 FGO).

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die zulässige, da insbesondere fristgerecht erhobene Klage, ist unbegründet.

a) Gemäß §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird, als Schenkung unter Lebenden der Schenkungsteuer. Die Schenkungsteuer entsteht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Nach § 12 Abs. 7 ErbStG ist ausländischer Grundbesitz nach § 31 des Bewertungsgesetzes (BewG) mit dem gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Steuerentstehung (§ 11 ErbStG) zu bewerten. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG tritt die Steuerpflicht in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ErbStG für den gesamten Vermögensanfall ein, wenn der Erblasser zur Zeit ...

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