Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung im mehrstufigen Steuerabzugsverfahren nach § 50 a Abs. 4 EStG. Aussetzung der Vollziehung in Sachen Haftungsbescheid vom 12.02.2003 wegen Abzugsteuer nach § 50 a Abs. 4 EStG für III, IV/2000 und I-III/2001

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das zweistufige Verfahren zur Berücksichtigung einer Steuerfreistellung nach dem DBA-Österreich wurde durch das Änderungsabkommen vom 8.7.1992 nicht aufgehoben.

2. Die Notwendigkeit eines zweistufigen Verfahrens (nach § 50 d EStG) zur Berücksichtigung einer sich aus dem DBA-Österreich ergebenden Steuerbefreiung begründet bei summarischer Prüfung keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken an einer dem Grunde nach bestehenden Haftung des Vergütungsschuldners. Maßstab der Haftung ist die vom Vergütungsschuldner einzubehaltende Steuer, die sich ihrerseits nach den dem Vergütungsgläubiger zufließenden Einnahmen bemisst.

3. Ein im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht im Ansässigkeitsstaat erstellter Jahresabschluss ermöglicht keine Bestimmung des wirtschaftlichen Ergebnisses von im Quellenstaat durchgeführten Konzertveranstaltungen. Bei einem Verlust im Ansässigkeitsstaat kann sich durchaus ein Gewinn im Quellenstaat ergeben.

4. Die Beachtung der im BMF-Schreiben vom 23.1.1996 (BStBl I 1996, 89) für Fälle eines mehrstufigen Steuerabzugsverfahrens vorgesehenen Billigkeitsmaßnahmen ist bei summarischer Betrachtung bereits beim Erlass eines Haftungsbescheides mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen erforderlich, da zum einen die Grundkonzeption des Steuerabzugsverfahrens und der Haftung nach § 50 a EStG eine Weiterleitungssituation nicht berücksichtigt und zum anderen ein Schätzungsergebnis jedenfalls schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein muss.

5. Aus dem EuGH-Urteil „Gerritse” (BFH/NV Beilage 2003, 201, BStBl II 2003, 859) folgert der BFH, dass sich die Abzugspflicht im Steuerabzugsverfahren nach § 50 a Abs. 4 EStG auf die Netto-, nicht aber auf die Bruttovergütung zu beziehen hat. Auch aus diesem Grund sind bei einer Schätzung bei summarischer Betrachtung jedenfalls solche mit der Inlandstätigkeit zusammenhängende Aufwendungen, die durch die Begrenzung des Steuersatzes auf 25 % nicht bereits in pauschalierter Form berücksichtigt sind, bereits beim Erlass eines Haftungsbescheides zu berücksichtigen.

 

Normenkette

EStG 1997 § 50a Abs. 5 S. 5, Abs. 4, § 50d; DBA AUT Art. 4, 8; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2; AO 1977 § 162

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 17.05.2005; Aktenzeichen I B 109/04)

BFH (Beschluss vom 17.05.2005; Aktenzeichen I B 109/04)

 

Tenor

1. Die Vollziehung des Haftungsbescheides vom 12. Februar 2003 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens in Hohe von 1.222.204,88 EUR ausgesetzt

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt

2 Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellern zu 1/4, der Antragsgegner zu 3/4.

3. Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellern wurde mit notarieller Urkunde vom 25. September 2000 unter dem Namen … (GmbH) mit dem Sitz in B. gegründet Gegenstand des Unternehmens ist der internationale Kulturaustausch, insbesondere das Veranstalten von Konzerten, literarischen und Theaterabenden und dergleichen sowie die Organisation von Tourneen jeder Art, usw (vgl § 2 der Satzung) (Bl 8 Akte – Dauerunterlagen)

Gründungsgesellschafter der GmbH waren Herr … J. und Frau … S., zum ersten Geschäftsführer wurde Herr … S. bestellt Alle Beteiligten wohnen in S./Österreich und sind auch Gesellschafter bzw Geschäftsführer (M. und J.) der dort ansässigen … (Kd).

Die Kd veranstaltet seit Jahren Gastspielreisen ausländischer Künstler-, -Ensembles in den Bereichen Konzert, Oper und Operette, Theater, Ballett usw in Deutschland. Mit einem Rundschreiben vom September 2000 verständigte die Kd ihre inländischen Kunden (kommunale Kulturämter, Kulturvereinigungen usw) von der Gründung der GmbH und wies darauf hin, dass diese Gründung erfolgt sei, um die für ein ausländisches Unternehmen unzumutbaren Verwaltungsanforderungen und die entstandene Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit der Besteuerung von Inlandsauftritten ausländischer Künstler in Zukunft zu vermeiden. Die GmbH werde als deutscher Vertragspartner alle Veranstaltungen abwickeln und auch die steuerlichen Belange in der BRD regeln. Für die Kunden bedeutet dies „Keine Meldungen mehr an ihr Finanzamt, keine Diskussionen etc …. Die K. d. wird nach wie vor für die Produktionen verantwortlich sein und ihr Ansprechpartner in allen Fragen zu den Produktionen bleiben (Termindisposition, Werbung, Informationen, etc)”.

Zwischen der Antragstellern (als GmbH in Gründung) und der Kd wurde am 15. September 2000 ein Rahmenvertrag geschlossen, in dem sich die GmbH verpflichtete, die Tourneeveranstaltungen der Kd in Deutschland durchzuführen und hierüber mit „…” jeweils Absprachen zu treffen (Heftung 4 – Leitzordner – LO –).

Beispielhaft für eine derartige Absprache befindet sich in den vorgelegten Unterlagen eine undatierte Vereinbarung zwischen der Antragstellern und ...

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