Entscheidungsstichwort (Thema)

Vom Arbeitgeber an die Arbeitnehmer ausgezahlte Zuschüsse zu deren privater Zusatzkrankenversicherung sind steuerfreie „Sachbezüge” nach § 8 Abs. 2 S. 11 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Abgrenzung von Bar- und Sachlohn ist der der Rechtsgrund des Zuflusses entscheidend. Auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen ist zu ermitteln, welche Leistung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Unerheblich ist dann, ob der Arbeitnehmer die Sache unmittelbar vom Arbeitgeber erhält oder ob der Arbeitnehmer die Sache von einem Dritten auf Kosten des Arbeitgebers bezieht. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer selbst Vertragspartner des Dritten geworden ist oder der Arbeitgeber die Sachleistung beim Dritten bezieht (Anschluss an BFH, Urteile v. 11.11.2010, VI R 27/09, BStBl 2011 II S. 386, und v. 14.4.2011, VI R 24/10, BStBl 2011 II S. 767).

2. Um Sachbezüge i. S. d. § 8 Abs. 2 S. 11 EStG handelt es sich auch dann, wenn der Arbeitgeber mit Zahlungen an seine Arbeitnehmer die von diesen zu zahlenden Beiträge zu einer Zusatzkrankenversicherung bezuschusst und die Arbeitnehmer diese Zahlungen nur dann beanspruchen können, wenn sie eine entsprechende Zusatzkrankenversicherung abgeschlossen haben (gegen BMF, Schreiben v. 10.10.2013, IV C 5-S 2334/13/10001, BStBl 2013 I S. 1301); Sachbezüge liegen aber nur insoweit vor, als die vom Arbeitgeber geleisteten Zuschüsse die von den Arbeitnehmern gezahlten Beiträge für die Zusatzkrankenversicherung nicht übersteigen.

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 2 S. 11, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.07.2018; Aktenzeichen VI R 16/17)

 

Tenor

Abweichend von den Bescheiden über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Monate … bis einschließlich … vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … werden die mit diesen Bescheiden festgesetzten Lohnsteuern jeweils um … EUR, die mit diesen Bescheiden festgesetzten Solidaritätszuschläge jeweils um … EUR und die mit diesen Bescheiden festgesetzten evangelischen Kirchensteuern jeweils um … EUR herabgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob von der Klägerin an ihre Arbeitnehmer ausgezahlte Zuschüsse zu einer privaten Zusatzkrankenversicherung als Sachlohn in den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Satz 11 des EinkommensteuergesetzesEStG – fallen.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Mit einem „Mitarbeiteraushang” vom … informierte sie ihre Mitarbeiter darüber, dass sie ihnen zukünftig eine Zusatzkrankenversicherung über eine private Krankenversicherungsgesellschaft anbieten könne. Hierzu werde in ihrem Haus ein Termin mit einem Berater der Versicherungsgesellschaft stattfinden. Außerdem wies sie ihre Mitarbeiter in dem Aushang darauf hin, dass ihnen kein Geldwertanspruch gegenüber der Klägerin entstehe, wenn sie sich gegen die Inanspruchnahme dieser Leistung entschieden. Nach einer Betriebsveranstaltung entschlossen sich einige ihrer Mitarbeiter, dieses Angebot anzunehmen und schlossen mit der Versicherungsgesellschaft private Zusatzkrankenversicherungsverträge ab. Die Versicherungsverträge wurden unmittelbar zwischen der Versicherungsgesellschaft und den Mitarbeitern abgeschlossen. Versicherungsnehmer der abgeschlossen Verträge waren die Mitarbeiter. Auch die Versicherungsbeiträge wurden von den Mitarbeitern direkt an die Versicherungsgesellschaft überwiesen. Hierfür erhielten sie – allerdings nur, wenn sie eine Zusatzkrankenversicherung abgeschlossen hatten – monatlich einen Zuschuss von der Klägerin über ihr Gehaltskonto ausgezahlt. Nach den von der Klägerin hierzu im Rechtsbehelfsverfahren vorgelegten – und vom Beklagten nicht angezweifelten Übersichten – beliefen sich die ausgezahlten Zuschüsse zwischen … EUR und … EUR monatlich. Damit blieben diese Zuschüsse – mit einer Ausnahme – hinter den von den Mitarbeitern zu zahlenden Versicherungsbeiträgen zurück. Lediglich im Falle eines Mitarbeiters überschritten sie die von diesem Mitarbeiter zu zahlenden Versicherungsbeiträge monatlich um … EUR.

Mit Schreiben vom … zeigte die Klägerin dem Beklagten an, dass bei ihr eine Prüfung durch … durchgeführt worden sei. Mit Bescheid vom … seien Sozialversicherungsbeiträge auf Zukunftssicherungsleistungen nacherhoben worden, weil diese aus den Gründen des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 10.10.2013 (VV DEU BMF 2013-10-10 IV C 5-S 2334/13/10001, BStBl I 2013, 1301) nicht unter die 44-Euro-Grenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG fielen. Aus der Anwendung des BMF-Schreibens ergäben sich monatlich gleichbleibende Abweichungen gegenüber ihren Lohnsteueranmeldun...

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