Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitgenossenschaft bei zweifacher grunderwerbsteuerlicher Anteilsvereinigung / Besteuerung einer Anteilsvereinigung durch Erwerb ausländischer Gesellschaften im Ausland - kein Verstoß gegen EGV / keine Anrechnung der vorherigen GrESt bei erneuter Anteilsvereinigung „downstream“

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gleichartige Verpflichtungen im Sinne von § 60 ZPO bilden den Gegenstand eines Rechtsstreits, wenn sich zwei Gesellschaften gegen Grunderwerbsteuerbescheide nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG wenden, nachdem sie nacheinander jeweils alle Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft erworben haben.

2. Der mittelbare Erwerb einer inländischen grundbesitzenden Gesellschaft unterliegt auch dann der deutschen Grunderwerbsteuer, wenn von einer ausländischen Gesellschaft mehrere ausschließlich ausländische Gesellschaften erworben werden.

3. Die Rechtsprechung zur Grunderwerbsteuerbefreiung bei erneuter Anteilsvereinigung in einem Konzern und anschließender Vereinigung der Anteile an der Konzernspitze („upstream“) kann nicht auf die Vereinigung aller Anteile „downstream“ oder auf die Übertragung von Anteilen zwischen zwei Konzern(tochter)gesellschaften übertragen werden.

 

Normenkette

EWGVtr Art. 7; EWGV Art. 52; EWGVtr Art. 58; FGO § 59; GG Art. 3; GrEStG § 1 Abs. 3, 6; ZPO § 60

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.11.2002; Aktenzeichen II R 23/00)

BFH (Urteil vom 05.11.2002; Aktenzeichen II R 41/02)

 

Tatbestand

Die Klägerin zu 1 wendet sich gegen einen Grunderwerbsteuerbescheid, nachdem sie als niederländische Muttergesellschaft eines mehrstufigen Konzerns erstmals sämtliche Anteile an einer niederländischen Tochtergesellschaft erworben und damit über weitere Beteiligungen auch sämtliche Anteile an der grundbesitzenden inländischen Urenkelgesellschaft übernommen hat.

Die Klägerin zu 2 wendet sich ebenfalls gegen einen Grunderwerbsteuerbescheid, nachdem sie als Tochtergesellschaft desselben mehrstufigen Konzerns von zwei anderen Konzerngesellschaften erstmals sämtliche Anteile der grundbesitzenden Konzerngesellschaft übernommen hat.

Mit Verträgen vom 28. Februar 1992 (Finanzgerichts-Akte - FG-A - Bl. 97 ff) erwarb die Klägerin zu 1 sämtliche Anteile an der ... B.V. (EBBV), teils mittelbar durch den Erwerb der S... Holding B.V.und teils unmittelbar. Die EBBV hielt 100 v.H. der Anteile an der E... Holdings B.V. (EHoldBV). Diese wiederum hielt 100 v.H. an der E... Holl B.V. (EHollBV) und 60 v.H. der Anteile an der N... A... R...gesellschaft GmbH (NAR), zu deren Vermögen ein Grundstück in H gehörte. Den 40 v.H. Restanteil an der NAR hielt die EHollBV (siehe Skizze A).

Die den Text ergänzende Skizze ist hier nicht darstellbar und zum Verständnis auch nicht erforderlich.

Mit notariellem Vertrag vom 22. Dezember 1992 veräußerten die EHoldBV und die EHollBV ihre gesamten Anteile an der NAR an die Klägerin zu 2, welche zu diesem Zeitpunkt noch unter der Bezeichnung M... GmbH firmierte (UR .../1992 Notar A, Grunderwerbsteuerakte - GrESt-A - zu 2 Bl. 13). Die Klägerin zu 2 erhielt somit 100 % der Anteile an der grundbesitzenden NAR (siehe Skizze B).

Die den Text ergänzende Skizze ist hier nicht darstellbar und zum Verständnis auch nicht erforderlich.

Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) führte bei der NAR mit Beginn des 12. Dezember 1994 eine grunderwerbsteuerliche Betriebsprüfung (Bp) durch. Der BP-Bericht vom 30. November 1995 befasste sich u. a. mit den beiden zuvor geschilderten Vorgängen (Anlage K 1, FG - A Bl. 16, GrESt-A zu 1 Bl. 1; GrESt-A zu 2 Bl. 24,).

Mit Bescheid vom 1. März 1996 setzte das FA gegen die Klägerin zu 1 Grunderwerbsteuer fest: Durch die Verträge vom 28. Februar 1992 seien erstmals - mittelbar - alle Anteile der NAR in den Händen der Klägerin zu 1 vereinigt. Da zu diesem Zeitpunkt zum Vermögen der NAR Grundbesitz gehörte, sei hinsichtlich dieses Grundstückes ein grunderwerbsteuerlicher Tatbestand gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz 1983 (GrEStG 1983) verwirklicht. Als Wert der Gegenleistung (Bemessungsgrundlage) seien gem. § 121a Bewertungsgesetz 1991 (BewG 1991) 140 v.H. des Einheitswertes von 3.387.700 DM anzusetzen, insgesamt also (3.387.700 DM x 1,4 =) 4.742.780 DM. Die Grunderwerbsteuer (2 v.H. der Bemessungsgrundlage) betrage daher 94.855 DM (Anlage K 2, FG-A Bl. 24, GrESt-A zu 1 Bl. 13).

In entsprechender Weise setzte das FA mit Bescheid vom 1. März 1996 gegen die Klägerin zu 2 Grunderwerbsteuer fest: Durch die Verträge vom 22. Dezember 1992 seien i.S.v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG 1983 erstmals alle Anteile der grundbesitzenden NAR in den Händen der Klägerin zu 2 vereinigt worden (Anlage K 3, FG-A Bl. 26, GrESt-A zu 2 Bl. 34).

Die Klägerin zu 1 legte mit Schreiben vom 2. April 1996 Einspruch gegen den Grunderwerbsteuerbescheid ein (Anlage K 4, FG-A Bl. 28, GrESt-A zu 1 Bl. 18): Der Grunderwerbsteuerbescheid verstoße gegen niederländisches Verfassungsrecht und nach dem Urteil "Halliburton Services" des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auch gegen den EG-Vertrag (EGV), da sowohl vor ...

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