Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Berücksichtigung von Steuerermäßigungen im Sinne des § 35a EStG bei Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 32d EStG

 

Leitsatz (amtlich)

Der Abgeltungssteuer unterliegende Kapitalerträge im Sinne des § 32d Abs. 1 EStG sind nicht in die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens einzubeziehen und fließen nicht in die Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer ein. Sofern sich im Übrigen ein positives zu versteuerndes Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 5 EStG nicht ergibt, können Steuerermäßigungen nach § 35a EStG eine tarifliche Einkommensteuer nicht mindern.

 

Normenkette

EStG §§ 2, 20, 32a, 32d, 35a, 43

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Steuerermäßigungen im Sinne des § 35a des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 32d EStG zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte. Die Summe der Einkünfte beträgt erklärungsgemäß -21.518 €. Nach Berücksichtigung weiterer Sonderausgaben ermittelt sich das Einkommen sowie das zu versteuernde Einkommen erklärungsgemäß i.H.v. -39.968 €. Die Klägerin erzielte darüber hinaus Kapitalerträge i.H.v. 435.409 € nebst Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien i.H.v. 72.989 €. Nach Abzug eines Sparer-Pauschbetrages i.H.v. 801 € ermitteln sich die Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 32d Abs. 1 EStG i.H.v. 507.597 €. In ihrer Steuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin zudem Aufwendungen für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen im Privathaushalt i.H.v. 25.379 €, für haushaltsnahe Dienstleistungen in Gestalt von Winterdienst und Straßenreinigung i.H.v. 424 € und für Handwerkerleistungen i.H.v. 6.482 € geltend. Zudem beantragte die Klägerin die Günstigerprüfung für sämtliche Kapitalerträge sowie eine Überprüfung des Steuereinbehalts für bestimmte Kapitalerträge.

Der Beklagte veranlagte die Klägerin erklärungsgemäß mit Ausnahme der Berücksichtigung von Steuerermäßigungen gemäß § 35a EStG und setzte die Einkommensteuer für 2014 mit Bescheid vom 29.04.2016 auf 115.165 € fest. In den Erläuterungen des Bescheids teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Anträge auf Günstigerprüfung geprüft worden seien; die Prüfung habe ergeben, dass die Besteuerung nach dem allgemeinen Tarif nicht günstiger sei.

Am 12.05.2016 legte die Klägerin Einspruch gegen den Bescheid für 2014 über Einkommensteuer ein mit dem Begehren, den sich ergebenden Ermäßigungsbetrag nach § 35a EStG i.H.v. 5.200 € bei der Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer im Wege der Kürzung zu berücksichtigen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 30.06.2016 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 13.07.2016 Klage erhoben.

Die Klägerin trägt vor:

Sie, die Klägerin, sei der Auffassung, dass die Abgeltungsteuer Teil der tariflichen Einkommensteuer sei. Demgemäß müsse diese einer Ermäßigung nach § 35a EStG zugänglich sein.

§ 35a EStG bestimme: "Aufgrund haushaltsnaher Dienstleistungen ... ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen ... (§ 35a EStG)". Die tarifliche Einkommensteuer definiere § 32a Abs. 1 EStG wie folgt: "Die tarifliche Einkommensteuer bemisst sich ... sie beträgt vorbehaltlich der § ... 32d ...". Damit sei die Abgeltungsteuer Teil der tariflichen Einkommensteuer und der Kürzung durch § 35a EStG zugänglich. Die Interpretation im BMF-Schreiben vom 18.01.2016, BStBl. I 2016, 85, dort Rz. 132, entspreche somit nicht dem Gesetzeswortlaut.

Auch der Sinn und Zweck der Regelung gebiete nicht die abweichende Beurteilung durch den Beklagten. Dass die Abgeltungsteuer die Kapitaleinkünfte grundsätzlich bereits endgültig besteuere und deshalb nicht mehr in die Einkommensteuerveranlagung einzubeziehen sei, betreffe nur die Ermittlung des Einkommens bzw. des zu versteuernden Einkommens. Die Frage, ob die danach festgesetzte Einkommensteuer in Form der Abgeltungsteuer weiteren Ermäßigungen zugänglich sei, sei damit nicht beantwortet.

Die Besteuerung mit der Abgeltungsteuer gebiete es auch nicht, die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen hierauf nicht zu gewähren. Diese beabsichtige die Förderung privater Dienst- und Arbeitsverhältnisse, sofern diese rechtmäßig versteuert worden seien. Dieser Gesetzeszweck sei unabhängig von der Frage zu verwirklichen, welche Quelle mit der Steuer, die ermäßigt werden solle, belastet worden sei. Die Steuerermäßigung der tariflichen Einkommensteuer sei bewusst von der persönlichen Steuerbelastung der Einkünfte unabhängig gestaltet worden. Die Steuerentlastung trete in gleicher nomineller Höhe ein, unabhängig davon, ob bei einem Steuerpflichtigen der persönliche Steuersatz den Eingangssteuersatz von 19 % oder den Spitzensteuersatz von 45 % betrage.

Der Hinweis des Beklagten auf § 32d ...

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