rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nacherklärte Kapitalerträge. neue Tatsache. grobes Verschulden. kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Kapitalerträgen mit und ohne abgeltenden Steuerabzug

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nacherklärte Kapitalerträge sowie die vom Gläubiger der Kapitalerträge darauf einbehaltenen Steuerabzugsbeträge erfüllen das Tatbestandsmerkmal der „Tatsache” bzw. die entsprechenden Steuerbescheinigungen (Urkunden) das Merkmal des „Beweismittels” im Sinne von § 173 Abs. 1 AO.

2. Grobes Verschulden liegt vor, wenn der Steuerpflichtige es versäumt, die Summe der von ihm erzielten Kapitalerträge seinem mit der Erstellung der Steuererklärung beauftragten Steuerbüro mitzuteilen bzw. die diesbezüglichen Angaben rechtzeitig innerhalb der Einspruchsfrist gegen den Einkommensteuerbescheid anzugeben und die entsprechenden Steuerbescheinigungen vorzulegen.

3. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts, Urteil v. 17.5.2017, 3 K 268/15, dass die Einbeziehung von Kapitalerträgen mit abgeltender und ohne abgeltende Kapitalertragsteuer den von § 173 Abs. 1 Satz 2 AO normierten unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang begründen könne.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nrn. 1, 2 S. 2; EStG §§ 20, 32d Abs. 1, 6

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist verheiratet und wurde im Veranlagungszeitraum (VZ) 2014 (Streitjahr) mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit, aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen.

Nach Vorlage der gemeinsamen Einkommensteuererklärung in elektronischer Form am 14.06.2016 (Bl. 46 ff. Einkommensteuer-[ESt]Akte) setzte der Beklagte die Einkommensteuer des Streitjahres mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) stehendem Einkommensteuerbescheid (Ursprungsbescheid) vom 26.07.2016 – auf den wegen des weiteren Inhalts Bezug genommen wird (Bl. 187 ff. ESt-Akte) – auf 124 EUR fest. Hierbei besteuerte der Beklagte die durch eine Steuerbescheinigung ausgewiesenen Kapitalerträge (Bl. 47 ESt-Akte) i. H. v. 135,27 EUR unter Abzug eines Sparer-Pauschbetrags in nämlicher Höhe nach § 32d Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) mit 0 EUR und rechnete (u. a.) die bescheinigten Steuerabzugsbeträge i. H. v. 20 EUR auf die festgesetzte Steuer an.

Gegen den Bescheid legte der seinerzeit durch eine Steuerberatungsgesellschaft (fortan StBG) sachkundig vertretene Kläger (rechtzeitig) Einspruch wegen hier nicht interessierender Punkte ein (Bl. 51 ff. ESt-Akte), dem der Beklagte mit an die StBG bekannt gegebenem Einkommensteuerbescheid vom 30.11.2016 (erster Änderungsbescheid) folgte und mit dem die Einkommensteuer unter Beibehaltung der Kapitalerträge und Steuerabzugsbeträge auf 2.639 EUR festgesetzt wurde (Bl. 189 ff. ESt-Akte). Zugleich hob er den VdN auf.

Gegen die geänderte Festsetzung vom 30.11.2016 legte die steuerliche Beraterin des Klägers wiederum Einspruch ein, mit dem nunmehr die gewerblichen und selbständigen Einkünfte durch Vorlage von Einnahmen-Überschussrechnungen (Bl. 86 ff. ESt-Akte) moniert wurden.

Mit ebenfalls an die StBG bekannt gegebenem Einkommensteuerbescheid vom 12.01.2017 – Donnerstag – (zweiter Änderungsbescheid, Bl. 191 ff. ESt-Akte) half der Beklagte auch diesem Einspruch ab und setzte die Einkommensteuer auf von 2.639 EUR auf 2.519 EUR herab. Der Gesamtbetrag der Einkünfte (GdE) betrug 31.599 EUR, von dem ein Verlustvortrag i. H. v. (unverändert) 472 EUR in Abzug gebracht wurde. Die inländischen Kapitalerträge mit Kapitalertragsteuerabzug und Steuerabzugsbeträge blieben weiterhin in unveränderter Höhe bestehen. Der Bescheid blieb unangefochten und erwuchs mit Ablauf des 16.02.2017 (Donnerstag) in formelle Bestandskraft.

Mit der (hier) nicht im Streit stehenden Einkommensteuererklärung für 2015 vom 15.03.2017 beantragte der Kläger mit Schreiben vom 10.03.3017 (Bl. 93 ff. ESt-Akte), den sich für 2015 ergebenden Verlustabzugsbetrag im Streitjahr in Abzug zu bringen. Außerdem beantragte er, weitere bislang nicht erklärte Kapitalerträge i. S. des § 20 EStG i. H. v. 1.112,69 EUR (187,24 EUR + 925,45 EUR) anzusetzen und die hierauf durch Vorlage entsprechender Steuerbescheinigungen ausgewiesenen Steuerabzugsbeträge i. H. v. 268,22 EUR (46,82 EUR + 221,40 EUR) zuzüglich Solidaritätszuschläge i. H. v. 14,64 EUR (2,47 EUR + 12,17 EUR) anzurechnen (Bl. 106, 107 ESt-Akte). Mit Ausnahme der von der B… Bank GmbH ausgestellten Steuerbescheinigung – bei der es sich um eine „Ersatzbescheinigung” handelt (Bl. 106 ESt-Akte) – tragen die übrigen Steuerbescheinigungen der C… Bank eG als Erstellungsdatum jeweils den 20.02.2015 (Bl. 107, 108, 130, 131 ESt-Akte).

Mit einem nach § 10d Abs. 1 Satz 3 EStG geänderten Einkommensteuerbescheid für 2014, dem Kläger zuletzt bekannt gegeben am 21.12.2017 (die vorherigen inhaltsgleichen Bescheide vom 27.04....

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