Entscheidungsstichwort (Thema)

Zinsswap-Aufwendungen unterliegen bei fehlender Deckungsgleichheit von Darlehens- und Swap-Vereinbarung hinsichtlich der Valutahöhe und der Laufzeit nicht der Zinsschranke nach § 4h EStG sowie der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Zinsswap ist ein Geschäft, bei dem es – entweder als Sicherungsgeschäft oder als spekulatives Investment – nicht zu einem Austausch von Kapitalbeträgen kommt, sondern nur zu einem Ausgleich der Differenz zwischen einem festen und einem variablen Zinssatz. Wenn ein Darlehensnehmer mit einem variabel verzinslichen Darlehen mit einem Swap-Vertragspartner für einen bestimmten Sicherungsbetrag einen Tausch mit einem fixen Zinssatz vereinbart, bedeutet dies, dass der Darlehensnehmer in Höhe der Zinsdifferenz zwischen festem und variablem Zinssatz eine Zahlung an der Swap-Vertragspartner zu leisten hat, wenn der variable Zinssatz tatsächlich unter dem fixen Zinssatz bleibt. Ist der variable Zinssatz höher als der fest vereinbarte, muss der Vertragspartner an den Darlehensnehmer zahlen. Beide Zahlungen sind aber keine „Vergütungen für Fremdkapital” i. S. d. § 4h Abs. 3 S. 2 EStG, wenn Valuta und Laufzeit von Darlehen und Zinsswap nicht kongruent und voneinander unabhängig sind.

2. Swap-Aufwendungen müssen als Zinsen i. S. d. Zinsschranke behandelt werden, wenn sie eine wirtschaftliche Einheit mit einer zugrundeliegenden Darlehensvereinbarung bilden. Zinsswap-Vereinbarungen führen – unabhängig davon, ob sie mit dem Darlehensgeber oder einem Dritten geschlossen werden – im Regelfall dann zu einer Bewertungseinheit, wenn der Abschluss des Zinsswaps von vornherein geplant ist und die Darlehens- und die Swap-Vereinbarung hinsichtlich der Valutahöhe und der Laufzeit deckungsgleich sind. Insoweit ist unerheblich, ob das Darlehen und das Swap-Geschäft handelsbilanziell eine Bewertungseinheit bilden, weil dies anderen Bewertungsmaßstäben unterliegt und zudem auch die Maßgeblichkeit (§ 5 Abs. 1 EStG) sich nur auf die Steuerbilanz, aber nicht auf außerbilanzielle steuerliche Fragen bezieht.

3. Die Kriterien zur Zuordnung von Swap-Aufwendungen zu den „Zinsaufwendungen” i. S. v. § 4h EStG sind entsprechend auf den Begriff der „Entgelte für Schulden” i. S. d. § 8 Nr. 1 S. 1 Buchst. a GewStG zu übertragen.

 

Normenkette

EStG § 4h Abs. 3 S. 2, Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1; KStG § 8a; GewStG § 8 Nr. 1 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.11.2023; Aktenzeichen III R 27/21)

 

Tenor

Die Bescheide über Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag für 2010 und 2011 sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes und des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2010 und 31. Dezember 2011, zuletzt geändert am 17. Juli 2017 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. August 2017, werden dahingehend geändert, dass die Zinsaufwendungen gem. § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG und die der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 GewStG unterliegenden Entgelte um die Swap-Aufwendungen in Höhe von 2.086.254,– EUR im Jahr 2010 und um 1.625.500,– EUR im Jahr 2011 gemindert werden.

Die Berechnung der festzusetzenden Steuern und der festzustellenden Beträge wird dem Beklagten übertragen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Swap-Aufwendungen der Klägerin als Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke (§ 8a des KörperschaftsteuergesetzesKStG– in Verbindung mit § 4h des EinkommensteuergesetzesEStG–) anzusehen sind und ob sie der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 GewerbesteuergesetzGewStG– unterliegen.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Gewinnung und Vermarktung von Windenergie im Inland einschließlich des Betriebs von Windparkanlagen.

Zur Finanzierung mehrerer Windanlagen schlossen die B. GmbH und die C. GmbH – die Rechtsvorgängerinnen der Klägerin – mit Konsortialvertrag vom 21. Juli 2006 einen variabel verzinsten Investitionskredit (Mercantile Loan Agreement; im Folgenden: Darlehensvertrag) mit einem Bankenkonsortium über ein Gesamtvolumen von 181.500.000,– EUR und mit einer Laufzeit bis Ende 2022 ab. Der variable Zinssatz richtete sich nach dem EURIBOR zuzüglich einer Marge der Banken. Wegen der Einzelheiten verweist der Senat auf den Vertrag. Zum Bankenkonsortium gehörten zunächst die folgenden vier Banken:

Ebenfalls am 21. Juli 2006 schloss die Klägerin mit den genannten Banken nach Maßgabe der Standardrahmenverträge des spanischen Bankenverbandes (sog. CMOF-Modell [Contrato Marco de Operaciones Financieras]) einen Rahmenvertrag über Finanzierungsgeschäfte (im Folgende...

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