Entscheidungsstichwort (Thema)

Erweiterte Kürzung. einvernehmliche Beendigung eines Gewerbemietvertrags. Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erträge aus und im Zusammenhang mit der Wahrnehmung mietvertraglicher Leistungsstörungsrechte (im Streitfall eine sogenannte Schlusszahlung des Mieters zur Regulierung sämtlicher Ansprüche und Forderungen im Zusammenhang mit der Beendigung des Mietvertrags über eine Gewerbeimmobilie) stehen der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht entgegen.

2. Betriebsvorrichtungen setzen begrifflich voraus, dass die betreffenden Anlagen in einer besonderen Beziehung zum gegenwärtig im Gebäude ausgeübten Betrieb stehen. Eine kürzungsschädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen kann daher nicht vorliegen, so lange in dem vermieteten Gebäude noch kein Betrieb unterhalten wird, der eine Anlage tatsächlich zur Betriebsvorrichtung qualifizieren könnte.

 

Normenkette

GewStG § 9 Nr. 1 S. 2; BewG § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.05.2023; Aktenzeichen IV R 33/19)

 

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid für 2015 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 25. Juli 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2018 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag mit EUR 0,– festgesetzt wird.

Der Beklagte wird verpflichtet, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2015 vom 25. Juli 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2018 dahingehend zu ändern, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust mit EUR 4.283.252,– festgestellt wird.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung für ein Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz –GewStG– im Erhebungszeitraum 2015 nach einvernehmlicher Beendigung eines Gewerbemietvertrages.

Unternehmensgegenstand der Klägerin ist der Erwerb, die Entwicklung und die Verwaltung eigenen Grundbesitzes, insbesondere der hier streitgegenständlichen denkmalgeschützten Immobilie B…-straße, C…-straße, D…-straße in E… (nachfolgend: Gebiet F…). Laut Bescheid über den Einheitswert (Wert- und Artfortschreibung) auf den 01. Januar 2016 wurde der Einheitswert des Gebiet F… auf den 1. Januar 2016 auf EUR 2.336.757,– festgestellt und war zuvor auf EUR 449.476,– festgestellt.

Komplementäre der Klägerin waren im Erhebungszeitraum 2015 ausschließlich die G… GmbH sowie die H… GmbH (unterjähriger Wechsel). Nur diese waren im Erhebungszeitraum – jeweils einzeln – für die Klägerin vertretungsbefugt.

Am 3. November 2010 schloss die Klägerin mit der I… GmbH (nachfolgend: die Mieterin), einem mit der J… AG verbundenen Konzernunternehmen, einen Gewerberaummietvertrag über Gebäude und Freiflächen auf dem Gebiet F… (nachfolgend: der Mietvertrag) ab. In dem Mietvertrag verpflichtete sich die Klägerin, das Gebiet F… für die Nutzung als „K…” umzubauen und an die Mieterin zur Nutzung zu überlassen. Als Mietbeginn legten die Parteien des Mietvertrages den 01. August 2012 fest (§ 5 Abs. 1 des Mietvertrages). Die Dauer des Mietvertrages sollte 15 Jahre betragen (§ 5 Abs. 7 des Mietvertrages). Ein ordentliches Kündigungsrecht vereinbarten die Parteien des Mietvertrages nicht. Die monatliche Nettomiete sollte EUR 200.900,– betragen (§ 6 Abs. 13 des Mietvertrages). Die Planungs- und Umbau- sowie Sanierungsausführungsprozesse waren zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses noch nicht abgeschlossen (vgl. Präambel des Mietvertrages), so dass die Parteien des Mietvertrages außerdem die Einbeziehung der Mieterin und deren Sonderwünsche im Planungs- und Bauprozess (§ 2 und § 3 des Mietvertrages) sowie die Rechte und Pflichten der Parteien im Falle von Bau- und Planungsverzögerungen (§ 5 Abs. 3, 5 und 6 des Mietvertrages) regelten.

Nach im Oktober 2011 aufgekommenen Streitigkeiten über die Wirksamkeit einer Rücktrittserklärung der Mieterin einigten sich die Klägerin und die Mieterin im Vertrag „Vorsorglicher Neuabschluss des Mietvertrages K… vom 03. November 2010” (nachfolgend: Neuabschlussvereinbarung) im Februar 2012 darauf, „mietvertraglich wieder oder weiter gebunden” zu sein und schlossen „rein vorsorglich” den Mietvertrag unter dessen Beifügung als Anlage erneut ab. Neues Übergabedatum sollte der 31. Januar 2013 sein, Mietvertragsbeginn sollte der 01. Februar 2013 sein (Ziff. 2.2.1 der Neuabschlussvereinbarung). Die monatliche Nettokaltmiete wurde unter Einbeziehung einer zusätzlich vermieten Fläche auf dem Gelände auf EUR 210.136,50 angepasst.

In einer als „3. Nachtrag” bezeichneten Anpassungsvereinba...

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