Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzugsberechtigung einer Grundstücksgemeinschaft aus von einem Miteigentümer in Auftrag gegebenen Bauleistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Aus dem EuGH-Urteil „HE” vom 21.4.2005, Az. C-25/03 ergibt sich im Umkehrschluss, dass eine Grundstücksgemeinschaft zum Vorsteuerabzug aus Bauleistungen berechtigt ist, wenn zwar nur ein Gemeinschafter nach außen hin als Bauherr aufgetreten und daher auch alleiniger Rechnungsempfänger ist, sich jedoch aus den Gesamtumständen zweifelsfrei ergibt, dass Leistungsempfänger tatsächlich die Grundstücksgemeinschaft sein sollte und die Grundstückseigentümer nicht einzeln unternehmerisch tätig geworden und daher in eigener Person nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind.

 

Normenkette

UStG 1993 § 15 Abs. 1 Nr. 1, §§ 15a, 14; UStG 1999 § 15 Abs. 1 Nr. 1, §§ 15a, 14; EWGRL 388/77 Art. 22 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.09.2009; Aktenzeichen XI R 14/08)

 

Tenor

Die Umsatzsteuer 1997 bis 2003 wird jeweils abweichend von den Bescheiden vom 09.02.2005 und vom 13.10.2005 sowie der Einspruchsentscheidung vom 13.10.2005 dahingehend geändert festgesetzt, dass Vorsteuerbeträge und Vorsteuerkorrekturbeträge nach § 15a UStG wie folgt berücksichtigt werden:

1997: 5 520,81 DM und 28,66 DM

1998: 5 520,81 DM und 64,53 DM

1999: 5 520,81 DM und 47,38 DM

2000: 5 520,81 DM und 59,38 DM

2001: 5 520,81 DM und 41,93 DM

2002: 3 646,18 EUR und 320,72 EUR

2003: 3 810,88 EUR und 47,00 EUR

Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 Finanzgerichtsordnung – FGO – dem Beklagten übertragen.

Die Revision an den Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 1/10 der Klägerin und zu 9/10 dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft, bestehend aus den Eheleuten A und B. Die Gemeinschaft ist Eigentümerin eines unter Denkmalschutz stehenden, barocken Wohn- und Geschäftshauses aus dem 18. Jahrhundert, belegen in der M-Straße in L. Das Gebäude besteht aus drei Gewerbeeinheiten und fünf Wohneinheiten, die – bis auf eine selbstgenutzte Wohnung und eine im Rahmen eines Wohnrechts überlassene Wohnung von 1997 bis 2003 mit Ausnahme kurzer Leerstandszeiten vermietet waren. Als Vermieter ist jeweils die Grundstücksgemeinschaft aufgetreten.

Eigentümerin des Grundstücks, auf dem sich das Gebäude befindet, war zunächst die Erbengemeinschaft nach C und D, zu der auch die Geschwister A und E gehörten. E erteilte A am 01.07.1990 eine schriftliche Vollmacht, sie in Sachen des gemeinsamen Grundstücks zu vertreten. Mit Notarvertrag vom 23.06.1993 erfolgte die Erbauseinandersetzung, indem das Grundstück zum 01.07.1993 in der Weise räumlich aufgeteilt wurde, dass A und E jeweils zur Hälfte Eigentümer des 772 m² großen Grundstücks in der M-Straße in L mit dem Wohn- und Geschäftsgebäude wurden und F den Teil des ursprünglichen Grundstücks in der N-Straße übereignet bekam. Mit Schenkungsvertrag vom 16.09.1995 übertrug E ihren Anteil an dem Grundstück auf Frau B. B und A sind seit dem 07.02.1996 als Grundstückseigentümer im Grundbuch von L Blatt … eingetragen.

Am 21.12.1993 wurde zwischen der Stadt L sowie A und E ein Modernisierungs- und Instandsetzungsvertrag geschlossen, in dessen Rahmen die Stadt Fördermittel zur Stadterneuerung in Höhe von 1 224 136,00 DM zusagte. Im Gegenzug verpflichtete sich die Grundstücksgemeinschaft u.a. zur Modernisierung und Instandsetzung des Gebäudes sowie der Herstellung der dazugehörigen Außenanlagen. In den Jahren 1994 bis 1996 sind an dem Grundstück umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen, Umbauten und Instandsetzungen durchgeführt worden. Im Einzelnen handelte es sich um Bauleistungen an Dach, Fassade, Fenstern, Außen- und Innentüren, Innenwänden, Decken, Fußböden, Treppenhaus, Elektroinstallation, Heizung und Sanitärbereich. Die Herstellungskosten betrugen insgesamt netto 1,681 Mio. DM.

Am 14.09.2004 gingen beim Finanzamt erstmals Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 1997 bis 2003 ein. Darin verzichtete die Klägerin rückwirkend nach § 9 i.V.m. § 4 Nr. 12 a UmsatzsteuergesetzUStG – auf die Steuerfreiheit von Umsätzen aus der Vermietung von Grundstücken (sog. Option). Die Option war für den Laden im Erdgeschoss – EGrechts, das Büro im EG links zur Hofseite und seit 2003 für den Laden im EG links möglich. Die Klägerin erklärte für die Streitjahre folgende Besteuerungsgrundlagen:

Umsätze 15 %

Umsätze 16 %

Vorsteuern

Vorsteuerkorrektur § 15a UStG

1997

23 019 DM

28,97 DM

./. 6 095,58 DM

1998

5 754 DM

17 264 DM

66,55 DM

./. 5 772,02 DM

1999

23 379 DM

48,40 DM

./. 5 772,02 DM

2000

23 379 DM

61,65 DM

./. 5 806,03 DM

2001

23 380 DM

43,53 DM

./. 5 806,03 DM

2002

11 954 EUR

325,59 EUR

./. ...

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